Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Regeln? Nicht für Trump!

USA Der künftige US-Präsident kündigt an, während seiner Amtszeit sein Netz aus Unternehme­n vollständi­g seinen Söhnen zu übergeben. Allerdings nimmt ihm das fast keiner ab

- VON THOMAS SEIBERT

Berge von Akten ließ Donald Trump bei seiner Pressekonf­erenz am Mittwoch in New York vor den Fernsehkam­eras auftürmen. All diese Dokumente müssten unterzeich­net werden, um sein Amt als Präsident, das er in einer Woche antritt, von seinen Geschäftsi­nteressen zu trennen, verkündete er. Doch der ansehnlich­e Stoß Papier ist wertlos, sagen Experten. Sie halten Trumps Modell für vollkommen unzureiche­nd und für einen potenziell­en Verfassung­sbruch. Dem neuen Präsidente­n ist das schnuppe.

Die einfachste und sauberste Lösung, den Präsidente­n Trump von dem Chef der Trump Organizati­on mit ihren globalen Geschäftsi­nteressen zu trennen, wäre ein Verkauf aller seiner Anteile und die Verschiebu­ng der Gewinne in einen unabhängig­en Treuhand-Fonds, auf den er keinen Einfluss hätte. Aber das könne man dem Unternehme­r wohl kaum zumuten, sagte Trump-Anwältin Sheri Dillon.

Also sollen seine Söhne Donald Jr. und Eric die Geschäfte führen; die Anteile ihres Vaters werden einem Fonds unter ihrer Leitung unterstell­t. Präsident Trump wird dann, so die Theorie – wie alle anderen Amerikaner –, auch nur aus der Zeitung erfahren, wenn seine Söhne einen neuen Geschäftsa­bschluss getätigt haben. Auf Auslandsge­schäfte will die Trump Organizati­on für die Dauer seiner Präsidents­chaft ganz verzichten. Deals in den USA selbst sollen von einem externen Gutachter auf die Einhaltung von EthikRegel­n geprüft werden. So entstehe eine „Mauer“zwischen dem Weißen Haus und dem Trump Tower, sagte Anwältin Dillon.

Laut Trump ist mit dieser Lösung sichergest­ellt, dass er selbst raus ist aus dem Geschäftsl­eben. Gewinne aus den Zahlungen ausländisc­her Kunden an seine Hotelkette will er der amerikanis­chen Staatskass­e spenden, damit jeder Verdacht der Abhängigke­it ausgeräumt sei. Schon jetzt verzichte er auf Milliarden­Deals – nicht etwa, weil er das vom Gesetz her müsse, sondern weil er das so wolle, sagte Trump. Erst vor ein paar Tagen habe er eine Vereinbaru­ng mit einem Unternehme­r in Dubai mit einem Volumen von zwei Milliarden Dollar abgelehnt.

Ganz so uneigennüt­zig, wie er tut, ist Trump aber nicht, sagen Ethik-Fachleute. Walter Shaub, Chef der Ethik-Kommission in der Regierung des scheidende­n Präsidente­n Barack Obama, verwarf Trumps Vorstellun­gen in deutli- chen Worten. Hohe Amtsträger dürften nicht den Eindruck vermitteln, aus ihren Posten Profit zu ziehen. Doch Trump vermeide den klaren Bruch mit seiner Unternehme­rrolle. Bei seiner Pressekonf­erenz sagte Trump, nach seiner Amtszeit werde er seine Söhne feuern, wenn sie bei der Führung der Trump Organizati­on versagen sollten – allein dieser Satz deutete an, dass er nicht daran denkt, sich dauerhaft aus dem Geschäft zurückzuzi­ehen.

Andere Experten urteilten ähnlich vernichten­d wie Shaub. Norman Eisen, einer der führenden Fachmänner auf diesem Gebiet, kritisiert­e in Interviews mit amerikanis­chen Medien, Trumps Plan sei eine „Einladung für Skandale und Korruption“. Eisens Kollege Richard Painter sprach von einem potenziell­en Verfassung­sbruch. Das amerikanis­che Grundgeset­z verbietet Staatsdien­ern die Annahme von Zahlungen aus dem Ausland. Daran änderten auch die geplanten Spenden der Hotelgewin­ne an die Staatskass­e nichts, sagte der Rechtsprof­essor Erwin Chemerinsk­y der New York Times. Verschlimm­ert werde das Problem dadurch, dass Trump nach wie vor nichts Genaues über die Verflechtu­ngen der Trump Organizati­on sagen wolle, schrieb der Journalist Greg Sargent in der Washington Post: Der Präsident in spe weigert sich beharrlich, seine Steuererkl­ärung offenzuleg­en, die viele Verbindung­en deutlich machen könnte. Die Öffentlich­keit wisse im Zweifelsfa­ll also nicht einmal, bei welcher Gelegenhei­t ihr Präsident in einen Interessen­skonflikt gerate, merkte Sargent an.

Die Kritik der Medien und der Fachleute an seinem Vorgehen lässt Trump bisher kalt. Er fühlt sich sicher. Die Leute hätten ihn schließlic­h auch ohne Offenlegun­g der Steuererkl­ärung zum Präsidente­n gewählt, sagte er bei seiner Pressekonf­erenz. Nur die Medien interessie­rten sich dafür, sonst niemand.

Doch Trump bewegt sich mit seiner Selbstsich­erheit möglicherw­eise auf dünnem Eis. Laut einer Umfrage tritt er das Präsidente­namt mit der außergewöh­nlich niedrigen Zustimmung­srate von nur 37 Prozent an: Auch viele Trump-Wähler sind offenkundi­g wenig begeistert von dem, was sie derzeit erleben. Mehr als die Hälfte der Amerikaner rechnen mit einem schweren Skandal während Trumps Präsidents­chaft.

Das Skandal Potenzial könnte äußerst hoch sein

 ?? Foto: imago ?? Wohl noch nie hat eine Pressekonf­erenz eines gewählten, aber noch nicht vereidigte­n Präsidente­n ein solches politische­s Erdbeben verursacht. Sicher ist: Die Frage, wie Do nald Trump zwischen Politik und Business entscheide­n wird, dürfte in Washington...
Foto: imago Wohl noch nie hat eine Pressekonf­erenz eines gewählten, aber noch nicht vereidigte­n Präsidente­n ein solches politische­s Erdbeben verursacht. Sicher ist: Die Frage, wie Do nald Trump zwischen Politik und Business entscheide­n wird, dürfte in Washington...

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