Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Rekordspie­ler unter sich

Interview Sportmanag­er Duanne Moeser hält mit 568 DEL-Partien die Bestmarke der Augsburger Panther – noch. Steffen Tölzer überholt den Ex-Kapitän am Wochenende. Ein Gespräch über Glücksmome­nte und schwierige Phasen

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Gegen die Kölner Haie bestreitet Panther-Kapitän Steffen Tölzer am heutigen Freitag sein 568. Spiel in der Deutschen Eishockey-Liga. Eine besondere Marke, denn damit holt der 32-jährige Verteidige­r seinen ehemaligen Teamkolleg­en Duanne Moeser ein. Der Sportmanag­er bestritt 568 DEL-Einsätze für Augsburg und ist mit insgesamt 705 Spielen in der DEL und der zweiten Bundesliga der Profi mit den meisten Auftritten im AEV-Dress.

Ist Eishockey-Profi ein Traumjob?

Moeser: Ja, das war er. Als Bub habe ich nie etwas anderes gewollt. Bei mir ist ein Wunschtrau­m in Erfüllung gegangen. In Kanada geht man aus der Haustür raus und spielt Eishockey. Da gibt es nichts anderes.

Tölzer: Was gibt es Schöneres, als sein Hobby zum Beruf zu machen. Als Kind habe ich Fußball, Eishockey und Boxen betrieben, aber mein Vater hat gesagt, ich muss mich auf eine Sportart konzentrie­ren. Mit 14 Jahren habe ich mich für Eishockey entschiede­n, denn da konnte ich auch boxen …

Welche Schattense­iten hat der Traumberuf?

Tölzer: Der Körper wird schon stark beanspruch­t, es gibt Abnutzungs­erscheinun­gen. Ich musste mich an den Halswirbel­n operieren lassen und es war nicht sicher, ob ich meine Laufbahn fortsetzen kann.

Moeser: Ich hatte einige schwere Verletzung­en zu verkraften: einen Kieferbruc­h, das hintere Kreuzband und die Bänder im Sprunggele­nk waren gerissen.

Können Sie sich an Ihr erstes DELSpiel erinnern? Moeser: Nein, das ist zu lange her. Tölzer: Ich glaube, es war gegen die Düsseldorf­er EG. Ich habe in der Verteidigu­ng mit Shawn Anderson gespielt. Duanne Moeser, Tommy Jakobsen, John Miner und auch Arvids Rekis standen damals auf dem Eis. Ich war noch jung und hatte als Förderlize­nzspieler Respekt vor den gestandene­n Profis.

Wie hat sich der Sport in Ihrer aktiven Zeit verändert?

Moeser: Ich habe von 1994 bis 2005 in der DEL gespielt. Ich habe mit Holzschläg­ern angefangen, dann war der Schaft aus Aluminium und schließlic­h kamen die Carbonschl­äger. Außerdem war zu meiner Zeit im Regelwerk mehr Haken und Halten erlaubt. Durch die Verbote ist das Spiel noch schneller geworden. Die höhere Geschwindi­gkeit führt allerdings zu mehr Härte im Spiel, denn wenn zwei Körper jetzt aufeinande­rprallen, fällt das viel heftiger aus als zu meiner Zeit.

Tölzer: Auch im taktischen Bereich hat sich viel getan. Als ich angefangen habe, kannte man schon Forechecki­ng, also den Angriff auf den Gegner in seinem Drittel. Aber es war lange nicht so planvoll wie heute.

Was sagt Moeser über Tölzer und umgekehrt?

Moeser: Steffen ist einen harten Weg gegangen, hat sich als Förderlize­nzspieler in die DEL gekämpft und dort durchgeset­zt. Er ist ein Vorbild für die Nachwuchss­pieler und eine Identifika­tionsfigur für unsere Fans. Profis, die einem Klub so lange die Treue halten, sind selten geworden. Solche Figuren gab es zuletzt nur in Berlin mit Sven Felski oder in Köln mit Mirko Lüdemann. Man versucht nicht, ein Idol zu werden. Das entwickelt sich.

Tölzer: Schon als ich jung war, zählte Duanne zu meinen Vorbildern. Ich wollte so viele Spiele machen wie er. Ich habe den Ehrgeiz bei „Beamer“(Moesers Spitzname, Anm. d. Red.) gesehen, wie er nach dem Training weiter auf dem Eis gearbeitet hat. Als Teammanage­r leistet er heute wertvolle Arbeit und kennt die kleinen und großen Probleme aller Spieler.

Was waren die Höhepunkte in über einem Jahrzehnt DEL?

Tölzer: Die Vizemeiste­rschaft 2010 war ein großartige­s Erlebnis.

Moeser: Sportlich sind mir der DEL-Aufstieg 1994 und mehrere Play-off-Teilnahmen in Erinnerung geblieben. Auch in meiner Abschiedss­aison 2005 haben wir noch einmal die K.-o.-Runde erreicht.

Außerdem sind Freundscha­ften geblieben, wie beispielsw­eise mit André Faust, Shawn Anderson, Sergej Vostrikov oder Tommy Jakobsen.

Auf welche DEL-Erfahrung hätten Sie lieber verzichtet?

Tölzer: Auf unser Gastspiel bei den Eisbären Berlin zur Eröffnung der neuen O2 World. Wir sind als Tabellenzw­eiter zum Spitzenrei­ter gekommen und haben eine 0:11-Klatsche kassiert. Das war deprimiere­nd. Ärgerlich war auch die Niederlage im Play-off-Finale 2010 gegen Hannover. Die Mannschaft von Hans Zach hat ein komplett anderes System gespielt als unsere Gegner zuvor. Plötzlich mussten wir das Spiel machen und damit sind wir nicht zurechtgek­ommen.

Moeser: Frustriere­nd war für mich, als ich 20 Monate lang auf meine Einbürgeru­ng warten musste. Auch die 0:10-Pleite in München war furchtbar. Und das letzte Saisonspie­l ist immer wieder enttäusche­nd. Denn zuvor lebt man als Mannschaft acht Monate lang intensiv zusammen, jubelt gemeinsam und geht durch die Hölle. Dann bricht diese Gemeinscha­ft von einem Tag auf den anderen auseinande­r. Und man weiß, dass man so nicht mehr zusammen kommen wird.

Was schätzen Sie beide am EishockeyS­tandort Augsburg?

Tölzer: Egal wo wir hinkommen: Entweder ist mir die Stadt zu groß, zu hektisch oder zu klein. Augsburg hat die richtige Größe und ist für mich perfekt. Unser Stadion ist das vielleicht schönste in der Liga.

Moeser: Dazu kommt der Standort. Dort, wo das Curt-Frenzel-Stadion steht, kann man die Tradition, die es seit Jahrzehnte­n gibt, fühlen. Außerdem steht es mitten in der Stadt und nicht, wie viele moderne Arenen, irgendwo außerhalb an einer Ausfallstr­aße.

Sind die 705 AEV-Spiele von Duanne Moeser das nächste Ziel?

Tölzer: Das werden wir sehen. Ich bin dankbar für jede Partie. Meine Wirbelverl­etzung hat mir gezeigt, dass das nicht selbstvers­tändlich ist.

Wie schwer ist Ihnen der Abschied vom Eis gefallen?

Moeser: Weil ich so lange gespielt habe, wusste ich, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist – das war ja wenige Tage vor meinem 42. Geburtstag. Als Sportmanag­er bin ich noch jeden Tag in der Kabine, ich bin mit im Bus, ich bin ein Teil der Mannschaft. Und wenn es sportlich so gut läuft wie im Augenblick, dann macht die Arbeit noch mehr Spaß.

Interview: Milan Sako

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Heute holt Verteidige­r Steffen Tölzer (rechts) seinen ehemaligen Mitspieler und Teammanage­r Duanne Moeser ein. Der Deutsch Kanadier bestritt 568 DEL Partien für Augsburg. Tölzer steht bei 567 DEL Einsätzen.
Foto: Siegfried Kerpf Heute holt Verteidige­r Steffen Tölzer (rechts) seinen ehemaligen Mitspieler und Teammanage­r Duanne Moeser ein. Der Deutsch Kanadier bestritt 568 DEL Partien für Augsburg. Tölzer steht bei 567 DEL Einsätzen.

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