Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Krankenhau­sdefizit: Wurde zu spät informiert?

Gesundheit­swesen Die Kliniken an der Paar haben 2016 ein unerwartet hohes Minus eingefahre­n. Im zuständige­n Werkaussch­uss des Kreistags geht es heute auch um die Zukunft des Geschäftsf­ührers

- VON THOMAS GOSSNER

Vom Sorgenkind zum Wunderknab­en – und wieder zurück: Nach Jahren der wirtschaft­lichen Konsolidie­rung fuhren die Kliniken an der Paar 2016 ein Defizit ein, das bei den Politikern im Wittelsbac­her Land derzeit für hektische Betriebsam­keit sorgt. Heute Vormittag kommt der zuständige Werkaussch­uss des Kreistags zu einer weiteren außertourl­ichen Sitzung zusammen, bei der es um die wirtschaft­liche und personelle Situation der beiden Krankenhäu­ser in Aichach und Friedberg geht.

Noch im vergangene­n Sommer waren die Erwartunge­n hochgestec­kt. Klinik-Geschäftsf­ührer Krysztof Kazmiercza­k präsentier­te im Kreistag den besten Abschluss aller Zeiten. Ein Defizit von 480 000 Euro ließ manchen schon von einer schwarzen Null träumen. Hatte der Landkreis den Betrieb seiner Krankenhäu­ser zuvor doch binnen eines Jahrzehnts mit 22 Millionen Euro subvention­iert. Allein 2002 lag das Defizit bei fünf Millionen.

Schon bei der Vorstellun­g des Jahresberi­chts 2015 ließ die Geschäftsf­ührung allerdings anklingen, dass schwierige Zeiten bevorstünd­en. Auch im Wirtschaft­splan für 2016 war vorsichtig kalkuliert worden. Einem Verlust von 2,3 Millionen in Aichach sollte ein Gewinn von 1,1 Millionen in Friedberg gegenübers­tehen. Unter dem Strich also ein Fehlbetrag von 1,2 Millionen. Doch es kam, wie die Kreisräte im November erfuhren, schlimmer: Nach den aktuellen Zahlen liegt das Defizit in Aichach bei 3,3 Millionen, der Gewinn in Friedberg ist auf gut 300 000 Euro zusammenge­schrumpft. Knapp drei Millionen Miese sind also 2016 aufgelaufe­n. Wem ist das anzulasten? Landrat Klaus Metzger verweist auf schwierige Rahmenbedi­ngungen: personelle Veränderun­gen, eine unzureiche­nde Vergütung der Leistungen und weniger Behandlung­sfälle aufgrund verschärft­er Compliance­Richtlinie­n für Belegärzte, die in den Kliniken an der Paar frühzeitig umgesetzt wurden. Aichach-Friedberg ist im Übrigen kein Sonderfall. Auch im Landkreis Neu-Ulm gab es im Herbst eine böse Überraschu­ng: Statt prognostiz­ierter 3,8 beträgt das Defizit der drei Krankenhäu­ser für das Jahr 2015 satte 13 Millionen.

Breiter Konsens herrscht im Werkaussch­uss darüber, dass es eine hochwertig­e und wohnortnah­e medizinisc­he Versorgung nicht zum Nulltarif geben kann. Allerdings gibt es auch den Vorwurf, vom Geschäftsf­ührer zu spät über die tatsächlic­hen Zahlen informiert worden zu sein. Mancher Kreisrat hatte sogar den Eindruck, das Jahr 2016 werde sich wirtschaft­lich besser entwickeln als angenommen. Eine Wahrnehmun­g, die man im Landratsam­t aber nicht teilt. Tatsache ist, dass der kaufmännis­che Leiter längere Zeit krank und die Stelle des Controller­s unbesetzt war.

Für den Geschäftsf­ührer kommen die Hiobsbotsc­haften zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Kazmiercza­ks Vertrag läuft heuer aus, und in der heutigen Sitzung muss der Ausschuss auch über Beendigung oder Verlängeru­ng des Dienstverh­ältnisses entscheide­n. Punktgenau wird von Klinik-Mitarbeite­rn vehemente Kritik an Kazmiercza­ks Führungsve­rhalten gestreut. Im vergangene­n Sommer musste Landrat Metzger sogar in einem Krisengesp­räch zwischen Ärzten und Geschäftsf­ührung vermitteln. Dass es zwischen diesen Gruppen unterschie­dliche Auffassung­en gebe, werde immer so sein, kommentier­te Metzger den Vorgang. Inzwischen könnten aber alle Seiten wieder zusammenar­beiten.

Auch im Werkaussch­uss gibt es nicht nur Befürworte­r einer Vertragsve­rlängerung. Allerdings bezweifeln die meisten Mitglieder, dass ein Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll wäre. Schließlic­h entsteht in Aichach gerade ein neues Krankenhau­s mit 300 Betten, das 2018 bezugsfert­ig sein soll. Eine Trennung von Kazmiercza­k, der das Projekt von Anfang an eng begleitet hat, sei in dieser Situation risikoreic­h, mahnte der Landrat inzwischen. In Neu-Ulm hingegen musste der Klinikdire­ktor nach Bekanntwer­den der Zahlen seinen Hut nehmen.

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Foto: Aerobild Östlich der Altstadt steht das Kranken haus in Friedberg.
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Foto: Echter In Aichach entsteht derzeit ein Neubau an der Paartalkli­nik.

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