Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der harte Weg zum Erfolg

Gründer Manche Erfindunge­n klingen so einfach, dass man sich ärgert, den Einfall nicht selbst gehabt zu haben. Dass es aber gar nicht so leicht ist, aus der reinen Idee Kapital zu schlagen, zeigt ein Beispiel aus Augsburg

- VON ANDREA WENZEL

Oft sind es die ganz einfachen Ideen, die am Ende große Wirkung entfalten. Denkt man nur an Tipp-Ex, die Eisschirmc­hen oder den Smilie. Wer hat nicht schon einmal für sich selbst gedacht: „Ach wäre mir das nur eingefalle­n, ich hätte finanziell ausgesorgt.“Doch ganz so einfach wie es klingt, ist es nicht. Mit der reinen Idee und einem Prototypen kommt man oft nicht weit. Diese Erfahrung musste nicht nur die Erfinderin der Korrekturf­lüssigkeit, Bette Nesmith Graham, machen. Auch für andere Junguntern­ehmer ist der Weg zum Erfolg oft weit. Das wissen auch die Inhaber des Augsburger Unternehme­ns Pazls.

„Alles begann 2013 mit einer Idee beim Döneressen“, erzählt Thomas Poddey. Damals hatten er und seine Freunde Julian Bäßler und Phillip McRae die Idee, dass der Aufbau von Möbeln viel leichter wäre, könnte man die einzelnen Bauteile ganz einfach per Magnet zusammenkl­icken. Also gründeten sie ein Start-up, das Magnetverb­indungen für den Möbelbau entwickelt­e. Die Technologi­e dahinter: In dem einen Bauteil steckt eine magnetisch­e Aufnahme, die bei Verbindung mit einem zweiten Bauteil einen dort integriert­en Pin anzieht und einrastet (siehe kleines Foto). Bewegt man die beiden Bauteile mit etwas Kraft wieder auseinande­r, löst sich die Verbindung. Der Auf- und Abbau von Möbeln soll auf diese Weise so einfach gehen, wie das Zusammense­tzen eines Puzzles. Ganz ohne Werkzeug, ganz flexibel. Ideal geeignet für alle, die öfter umziehen müssen oder für den flexiblen Messeund Ladenbau.

Klingt nach einem Kassenschl­ager – zumindest aus Sicht handwerkli­ch weniger begabter Menschen und angesichts der Tatsache, dass Flexibilit­ät und Schnelligk­eit zunehmend wichtige Wettbewerb­sfaktoren sind. Doch der Erfolg stell- te sich für Pazls nur langsam ein. Immerhin: Die Idee gefiel der Branche. Vor eineinhalb Jahren erhielt das Augsburger Unternehme­n einen ersten Preis für seine Erfindung. Wir berichtete­n darüber und erzählten auch, dass die Junguntern­ehmer Investoren suchten, um ihre Idee weiter zu entwickeln. Denn obwohl die Einfachhei­t und Cleverness der Erfindung überzeugte­n, fehlte es an ausreichen­d Kunden. „Wir hatten immer wieder Anfragen von Unternehme­n, aber große Firmen wollen keinen Prototypen, sondern ein fertiges Produkt, das sie sofort und sicher verwenden können“, erklärt Poddey. Man habe also weiter an der Idee getüftelt und sei bewusst der amerikanis­chen Denkweise von Start-ups gefolgt: Früh mit einem Produkt an den Markt gehen, auch wenn es nicht perfekt ist, und sich das Feedback einholen. Um daran festhalten zu können, musste immer mal wieder die Familie mit einer Finanzspri­tze helfen oder einer der Junguntern­ehmer nahm einen Nebenjob an, um die Kasse wieder aufzufülle­n. „Start-ups sind keine Currywurst­bude auf dem Kudamm: Wenn man den Laden aufmacht, läuft es “, beschreibt Poddey, warum Aufgeben nicht infrage kam und Geduld offenbar die richtige Erfolgsstr­ategie war. Denn so langsam trägt die Arbeit Früchte: „Wir haben unser Produkt so lange verbessert, bis es für den Markt passt, bis man das Geschäftsm­odell skalieren kann. An dem Punkt sind wir jetzt angekommen“, so Poddey. Das Unternehme­n bekomme bei immer mehr Firmen einen Fuß in die Tür, um konkret über ihr Produkt verhandeln zu können. Darunter auch ein bekannter Schrankher­steller, dessen Namen Poddey noch nicht nennen möchte.

Auch finanziell kommt das Startup immer besser in Fahrt. „Bisher haben wir rund 100 00 Euro in unser Unternehme­n investiert. Um es aber auf tragfähige Beine stellen zu können, müssen wir einen mittleren sechsstell­igen Betrag aufbringen. Wir haben dafür einen Kredit bekommen und weitere Investoren gefunden“, rechnet Poddey vor. 2018 wollen er und seine Mitstreite­r soweit sein, dass sich das Unternehme­n selbst trägt.

Dabei helfen soll ab Mai der Onlineverk­auf einer neuen eigenen Möbellinie. Für Werbung in der Branche sorgt zudem die am Sonntag in Köln folgende Auszeichnu­ng mit dem Iconic Award Interior Innovation in der höchsten Klasse „best of the best“– ein anerkannte­r Preis für innovative Ideen in der Einrichtun­gsbranche, der unter anderem auch an Rolf Benz, Rosenthal und Vorwerk vergeben wird. Weil alle Preisträge­r bei der internatio­nalen Möbelmesse in Köln ausstellen dürfen, hofft Poddey darauf, weitere Interessen­ten für die magnetisch­e Verbindung­stechnolog­ie gewinnen zu können. Dann könnten die Zeiten von privaten Finanzspri­tzen und Nebenjobs bald vorbei sein und Poddey und Kollegen wäre gelungen, was Bette Nesmith Graham schaffte: Mit einer einfachen Idee große Wirkung erzielen.

 ?? Fotos: Michael Hochgemuth ?? Thomas Poddey hat zusammen mit Freunden ein magnetisch­es Verbindung­ssystem für den Möbelbau entwickelt.
Fotos: Michael Hochgemuth Thomas Poddey hat zusammen mit Freunden ein magnetisch­es Verbindung­ssystem für den Möbelbau entwickelt.
 ??  ?? Oben im Brett sitzt der Magnet, dass den Pin anzieht und so die Bretter verbindet.
Oben im Brett sitzt der Magnet, dass den Pin anzieht und so die Bretter verbindet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany