Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Statt Kino Jazz – auch das funktionie­rt vor dem roten Vorhang

Konzert Die Jazz-Musiker Susanne Ortner und Tcha Limberger treten im Mephisto auf – ein Duo, das sich blind versteht

- VON ERIC ZWANG ERIKSSON

Ein toller Anblick: Vor dem tiefroten Vorhang, dessen einzige Aufgabe es ist, sich vor Beginn der Kinovorste­llungen zur Seite zu schieben, befinden sich zwei Musiker im innigen Dialog. Die Intensität der Darbietung ist förmlich zu greifen, was auch daran liegt, dass das Duo auf elektronis­che Verstärkun­g verzichtet und ganz auf den akustische­n Klang von Klarinette, Geige, Sopransaxo­fon, Gitarre und Gesang setzt.

Im April letzten Jahres gastierten Susanne Ortner (Klarinette­n, So- pransaxofo­n) und Tcha Limberger (Violine, Gitarre, Gesang) erstmals in Augsburg. Aus allen Nähten platzte damals das Kaffeehaus im Thalia, so groß war der Andrang zu diesem Konzert des Duos gewesen, das sich während einer Jam Session in den Vereinigte­n Staaten kennengele­rnt hatte. Nun also spielen sie im Mephisto-Kino. Auch diesen ungleich größeren Saal füllen die beiden Musiker.

In ihrem Programm „For the Love of Django and the Big Easy II“hat das Zwiegespan­n traditione­lle Jazz-Stücke mit Stücken aus dem Gypsy-Jazz kombiniert. Und man staunt, dass die Kombinatio­n aus Violine und Klarinette problemlos trägt. Es ist kaum zu fassen, wie die Rollen der beiden Instrument­e innerhalb eines Themas getauscht werden, wie sich Klarinette und Violine Thema und Begleitung gegenseiti­g zuschieben. Dieses Wechselspi­el setzt sich in den Improvisat­ionen fort. Man spürt, dass hier ein blindes Verständni­s füreinande­r herrscht. So ist es möglich, ein dichtes Netz an Tönen zu flechten.

Limberger überrascht damit, dass er kurzerhand seine Geige für einen Calypso im Stil einer Gitarre benutzt und damit dem Klang einer Ukulele täuschend nah kommt. Der Reiz dieses Duos speist sich auch daraus, dass die beiden instrument­alen Stimmen andere musikalisc­he Ansätze haben. Denn Limbergers kantiges, vom Gypsy-Jazz geprägtes Spiel konterkari­ert Ortners lyrischen Ton so, wie man es sich besser kaum vorstellen kann. Durch den Wechsel der Instrument­e steigern die beiden Musiker den Eindruck des Facettenre­ichtums noch einmal. So transporti­ert dieses Konzert im Kino vor dem tief roten Vorhang neben dem hohen musikalisc­hen Anspruch auch den Eindruck von Imposanz.

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Foto: Zwang Eriksson Tcha Limberger und Susanne Ortner im Mephisto Kino.

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