Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Doppelter Herzschmerz
Gesundheit Negative Gefühle greifen das Herz stärker an als bekannt
Wie ein schwarzer, bleischwerer Vorhang, der sich auf das Leben legt: So beschreiben Betroffene ihren Zustand. Sie fühlen sich müde, freudlos und denken sogar an den Tod. Depression wird als Volkskrankheit oft unterschätzt. Dabei hat sie mitunter schwere körperliche Folgen. Auf die Dauer kann sie auch aufs Herz schlagen – und zwar stärker als angenommen.
Münchner Forscher haben herausgefunden, dass Depressionen ein ähnlich großes Risiko für HerzKreislauf-Erkrankungen bergen wie Übergewicht und erhöhtes Cholesterin – insbesondere bei Männern. Nur Bluthochdruck und Rauchen brächten ein noch höheres Risiko mit sich, berichtet Studienleiter Karl-Heinz Ladwig. „Ein psychisches Phänomen kann größere Einflüsse auf den Körper haben, als man bisher dachte“, sagt Ladwig. Folglich könnte eine Therapie der Depression sogar Herzinfarkte vermeiden und Leben retten. Die Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums und der TU München werteten Daten von 3400 Männern aus.
Das Herz reagiert über Stresshormone besonders stark auf die Psyche. „Depression ist eine Form von massivem Stress“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nervenheilkunde, Arno Deister. Seit den neunziger Jahren gilt auch das sogenannte „Broken-Heart-Syndrom“als akutes Krankheitsbild. Es geht bei schweren Verlusten, Trennungen und psychischer Belastung mit ähnlichen Symptomen einher wie ein Infarkt: Das Herz krampft sich zusammen, die Brust schmerzt – eine stressbedingte Schädigung des Herzmuskels, die meist heilt. Nicht umsonst gebe es Redewendungen, wie an gebrochenem Herzen sterben, sagt Deister: „Wir schreiben unter einen Brief ja auch herzliche Grüße – und nicht gehirnliche Grüße.“Sabine Dobel, dpa