Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Geister der Vergangenheit
Interview Ursula Strauss verkörpert im Historiendrama „Das Sacher“die Chefin des legendären Hotels. Die Schauspielerin sieht Parallelen zur Zeit am Vorabend des Ersten Weltkriegs
Servus Frau Strauss. Worauf darf sich denn der Zuschauer bei dem Historiendrama „Das Sacher. In bester Gesellschaft“freuen?
Ursula Strauss: Er darf sich auf eine Geschichte freuen, die einem viel erzählt über Vergangenheit, die Liebe, Zeitenwenden und spannende historische Frauenfiguren.
Stehen wir heute auch vor einer Zeitenwende?
Strauss: Ja, ich glaube schon. Inwiefern?
Strauss: Es ist irritierend, wenn man historische Filme dreht und sich mit solchen Stoffen beschäftigt. Man hat dann das Gefühl, dass vieles heutzutage ähnlich anmutet. Da werden noch einige Überraschungen auf uns zukommen.
Wo sehen Sie denn Parallelen zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg?
Strauss: Es beginnt sich die Gesellschaft wieder zu spalten. Das merkt man, wenn extreme politische Positionen in den Vordergrund rücken und die Mitte wegbricht. Wenn man spürt, dass viel Aggression und Angst im Raum ist. Es ist wie ein unbekanntes Zittern der Völker. Natürlich sind wir heute kein Viel-
völkerstaat wie die Donaumonarchie, aber wir sind ein vereinigtes Europa mit vielen unterschiedlichen Sprachen und einem gemeinsamen Wirtschaftsraum und individuellen Nationalstaatsstrukturen.
Zurück zum „Sacher“. Der Zweiteiler ist eine Geschichte dreier starker Frauen. Sie spielen die Grande Dame Anna Sacher. Warum ist diese Hotelgeschichte so weiblich geprägt?
Strauss: Ich denke, weil es Zeit wird, auch öfter mal starke Frauen in den Vordergrund zu rücken. Mir hat es Spaß gemacht. Es ist auch eine Zeit gewesen, in der der Feminismus erwachte. Anna Sacher war eine Frau, die sich nach dem Tod ihres Mannes gegen die Gesellschaft an die Spitze des Hotels kämpfte.
Das Hotel Sacher, sagt man, sei nicht nur wegen der berühmten Torte speziell. Was ist das Besondere daran?
Strauss: Ich habe das Gefühl, dass in diesem Hotel noch immer der Geist der Vergangenheit stark ausgeprägt ist. Räume haben ja auch ein Gedächtnis und speichern Energien und Geschichten. Beim „Sacher“spürt man schon die Geschäftsfrau, die für das weltoffene, künstlerische Wien stand. Und das „Sacher“ist
immer noch ein Haus der Gastfreundschaft.
Wird in Österreich Politik wie damals in Cafés und Separees betrieben?
Strauss: Ich kann mir das schon vorstellen. Die Zeit hat sich zwar verändert, aber in Österreich wird noch immer Wichtiges gerne bei einem guten Essen, einem Kaffee oder einem guten Glas Wein besprochen.
Spielt das „Sacher“dabei noch eine entscheidende Rolle? Könnten sich da auch die Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, Hofer und Van der Bellen, treffen?
Strauss: Das kann durchaus sein. Es gibt aber jetzt mehrere Orte, in denen man sich diskret unterhalten kann. Aber diese Räume gibt es auch im „Sacher“noch. Anna Sacher und ihr Mann Eduard haben diese Separee-Kultur aus Frankreich mitgebracht und sie war sehr beliebt. Da haben dann die Adeligen gespeist, die beim Bankett des Kaisers nichts mehr gekriegt haben.
Die Anna Sacher hatte alle Eigenschaften einer modernen Geschäftsfrau und Netzwerkerin. Wären Sie auch gerne so ein Typ?
Strauss: Schwierige Frage. Ich bin ja die Frau, die ich bin, und wäre nicht gerne eine andere. Ich bin mit meinem Beruf sehr zufrieden. Wenn ich Hotelchefin oder Politikerin hätte werden wollen, dann hätte ich das getan. Was ist eigentlich das Geheimnis der legendären Sachertorte?
Strauss: Keine Ahnung. Es gibt derzeit vier Geheimnisträger. Mit einem von ihnen habe ich gesprochen. Er sagte, bisher sei das Angebot noch nicht hoch genug gewesen, um ihm das Geheimnis zu entlocken.
Wissen Sie wenigstens, wie viele Kalorien so eine Torte hat?
Strauss: Genug. Besser, es nicht genau zu wissen.
Essen Sie gerne Süßes oder sind Sie Kalorienzählerin?
Strauss: Ich esse sehr gerne Süßes! Ist das heute noch erlaubt in Zeiten von „Low-Carb“…?
Strauss: In unserer Familie schon. 2014 war für Sie ein schwieriges Jahr. Ihr Vater ist gestorben und Sie hatten einen schweren Verkehrsunfall. Ist die Leichtigkeit bei Ihnen zurück?
Strauss: Das wird mit jedem Tag besser. Aber es war schon ein Weg. Wenn einem so etwas passiert, ist das nie ganz abgeschlossen. Inzwischen bin ich trotzdem wieder in der Lage, Glück und Leichtigkeit zu empfinden. Das ist echt schön. Ich habe wieder große Lust zu arbeiten und bin gerne mit meiner Familie zusammen. Interview: Josef Karg O Ursula Strauss Die 42 Jährige aus Melk gehört zu den gefragtesten Schauspielerinnen Österreichs. Im Ersten war sie zuletzt in der Serie „Pre gau“zu sehen.