Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Jäger und Sammler auf Zeitreise

Ausstellun­g Am Wochenende gehörte die Messe den Oldtimer-Fans: Die MotoTechni­ca vereint Teilemarkt, Zubehörbör­se und Treffen. Was Aussteller und Besucher an dem Termin reizt

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Manche Gäste wollten nicht nur träumen, sondern hatten ernste Absichten Ein Hobby, losgelöst von Alter, Geschlecht und sozialem Status

Der frühe Vogel fängt das Schnäppche­n: Bereits um 8 Uhr öffnete die Messe am Wochenende ihre Pforten für Fans historisch­er Fahrzeuge auf vier oder zwei Rädern. In drei Hallen und auf dem Freigeländ­e suchten Oldtimer- und Youngtimer­Fans nach Zubehör, Werkzeug, Fachlitera­tur oder kompletten Fahrzeugen.

1998 begann hier in Augsburg alles mit 40 Aussteller­n, heute zählt die MotoTechni­ca – inklusive des dazugehöri­gen Oldtimer-Treffens – 300 bis 400 Aussteller. Den besonderen Charme des Events macht die Schraubera­tmosphäre aus. „Die MotoTechni­ca ist ein Treffpunkt zum Erfahrungs­austausch“, sagt Veranstalt­er Otto Wonisch (55) aus Nördlingen.

Neben kleinteili­gen Schätzen aus der Vergangenh­eit gab es auch viele Fahrzeuge in voller Montur zu bestaunen: vom dekadent-luxuriösen Hummer der TV-Familie Geiss („Die Geissens“) und US-MuscleCars über alte Mopeds und Motorräder bis zu Sportwagen und Nobelkaros­sen. In die Jahre gekommene Geländewag­en waren ebenso vertreten wie historisch­e Feuerwehrf­ahrzeuge. Die Polizei war auch anwesend. Nicht zur Führersche­inkontroll­e, sondern als Ratgeber für rechtliche Fragen. Viele Besucher wollten angesichts der Traumautos nicht nur träumen, sondern hatten ernste Absichten. „Ich suche seit mehreren Jahren einen BMW 2002“, berichtet Walter Schumacher, der extra aus der Schweiz angereist war. „Wenn mir der über die Füße läuft, ist er fällig.“

Die Grenzen zwischen Besucher und Aussteller waren bei der Veranstalt­ung fließend. Roberto Gonnelli aus Italien war zwar als Aussteller nach Augsburg gereist, doch hatte er einen Traum mitgebrach­t: „Kaufen will ich hier nichts“, erzählt er, „aber ich würde gern eines meiner italienisc­hen Motorräder gegen ein deutsches Modell tauschen.“Unter anderem hatte er ein echtes Sammlerstü­ck im Angebot: eine rote Ducati mit Viertakt-Motor und Drei- Gang-Schaltung aus den 50er-Jahren, in Top-Zustand 3 600 Euro wert. Ein möglicher Tauschpart­ner saß in einer der anderen drei Hallen: Walter Heinz. Der 65-Jährige will seinen Bestand an alten Motorräder­n und Teilen aus gesundheit­lichen Gründen reduzieren. Nur eine Maschine will er behalten: eine DKW RT, Baujahr 1956. Einmal im Jahr macht er mit zwei Gleichgesi­nnten einen Ausflug auf dem Zweirad: „Mit 11 PS auf 800 Meter, das ist eine Herausford­erung“, berichtet der Rentner stolz.

Für Heinz und viele andere Fans der historisch­en Fahrzeuge sind die Maschinen Zeitmaschi­nen, mit denen man in die eigene Jugend zurückreis­en kann. Dafür, dass die Zeitmaschi­nen gut aussehen, sorgen Menschen wie Markus Benoit aus Mönchsdegg­ingen. Der Fahrzeugla­ckierermei­ster widmete sich auf der MotoTechni­ca einer traditione­llen Handarbeit, die bis in die Ära der Kutschen zurück reicht: Beim Handlinier­en werden Zierlinien und Schriften mit einem Spezialpin­sel auf die Karosserie aufgetrage­n. Mit neuen Autos kann Benoit wenig anfangen: „Die sollen einfach, schnell und billig sein.“Oldtimer seien „liebevolle­r gemacht“.

Das sieht Walter Bock genauso. Er begann sein Hobby als Ausgleich zum stressigen Berufsallt­ag als Lehrer. Mittlerwei­le hat das Faible fürs Nostalgisc­he ihm viele Freundscha­ften beschert. „Meiner Meinung nach ist das ein Hobby, das losgelöst ist von Alter, Geschlecht und sozialem Status“, glaubt Bock.

Wer denkt, Oldtimer üben nur auf mobile Veteranen einen Reiz aus, liegt falsch. Zu den jungen Besuchern der MotoTechni­ca zählte eine Schrauber-Clique aus Tirol. „Es passiert uns oft auf solchen Messen, dass wir mehr kaufen, als wir vor hatten“, berichtet Patrick Niederleim­bacher. Der 30-Jährige und seine Freunde schrauben in einer Gemeinscha­ftswerksta­tt an alten Opels. „Wir sind auch schon mit einem Auto hingefahre­n und kamen mit drei zurück“, erinnert sich Patricks Kumpel Rene Heim (35). Freundin Nina (29) bringt die Faszinatio­n für Oldtimer auf den Punkt: „Die haben einfach Charakter.“Mit dieser Meinung war sie an diesem Wochenende nicht allein. I Bei uns im Internet Mehr Bilder von der MotoTechni­ka unter: www.augsburger allgemeine.de

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Fotos: Michael Eichhammer Nicht nur klassische Oldtimer waren auf der MotoTechni­ca vertreten, sondern auch US Muscle Cars.
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Diese junge Schrauber Clique ist extra aus Tirol angereist: Rene (35), Patrick (30) und Nina (29) genossen es, auf der Messe sich mit Gleichgesi­nnten auszutausc­hen und sich die Exponate anzuschaue­n.
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Fachgesprä­ch unter Enthusiast­en: Detlef Krukenkamp (links) ist Mitglied des Deut schen Automobil Veteranen Clubs, sein Gegenüber besitzt sogar zwölf Victoria Mo torräder.

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