Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jäger und Sammler auf Zeitreise
Ausstellung Am Wochenende gehörte die Messe den Oldtimer-Fans: Die MotoTechnica vereint Teilemarkt, Zubehörbörse und Treffen. Was Aussteller und Besucher an dem Termin reizt
Manche Gäste wollten nicht nur träumen, sondern hatten ernste Absichten Ein Hobby, losgelöst von Alter, Geschlecht und sozialem Status
Der frühe Vogel fängt das Schnäppchen: Bereits um 8 Uhr öffnete die Messe am Wochenende ihre Pforten für Fans historischer Fahrzeuge auf vier oder zwei Rädern. In drei Hallen und auf dem Freigelände suchten Oldtimer- und YoungtimerFans nach Zubehör, Werkzeug, Fachliteratur oder kompletten Fahrzeugen.
1998 begann hier in Augsburg alles mit 40 Ausstellern, heute zählt die MotoTechnica – inklusive des dazugehörigen Oldtimer-Treffens – 300 bis 400 Aussteller. Den besonderen Charme des Events macht die Schrauberatmosphäre aus. „Die MotoTechnica ist ein Treffpunkt zum Erfahrungsaustausch“, sagt Veranstalter Otto Wonisch (55) aus Nördlingen.
Neben kleinteiligen Schätzen aus der Vergangenheit gab es auch viele Fahrzeuge in voller Montur zu bestaunen: vom dekadent-luxuriösen Hummer der TV-Familie Geiss („Die Geissens“) und US-MuscleCars über alte Mopeds und Motorräder bis zu Sportwagen und Nobelkarossen. In die Jahre gekommene Geländewagen waren ebenso vertreten wie historische Feuerwehrfahrzeuge. Die Polizei war auch anwesend. Nicht zur Führerscheinkontrolle, sondern als Ratgeber für rechtliche Fragen. Viele Besucher wollten angesichts der Traumautos nicht nur träumen, sondern hatten ernste Absichten. „Ich suche seit mehreren Jahren einen BMW 2002“, berichtet Walter Schumacher, der extra aus der Schweiz angereist war. „Wenn mir der über die Füße läuft, ist er fällig.“
Die Grenzen zwischen Besucher und Aussteller waren bei der Veranstaltung fließend. Roberto Gonnelli aus Italien war zwar als Aussteller nach Augsburg gereist, doch hatte er einen Traum mitgebracht: „Kaufen will ich hier nichts“, erzählt er, „aber ich würde gern eines meiner italienischen Motorräder gegen ein deutsches Modell tauschen.“Unter anderem hatte er ein echtes Sammlerstück im Angebot: eine rote Ducati mit Viertakt-Motor und Drei- Gang-Schaltung aus den 50er-Jahren, in Top-Zustand 3 600 Euro wert. Ein möglicher Tauschpartner saß in einer der anderen drei Hallen: Walter Heinz. Der 65-Jährige will seinen Bestand an alten Motorrädern und Teilen aus gesundheitlichen Gründen reduzieren. Nur eine Maschine will er behalten: eine DKW RT, Baujahr 1956. Einmal im Jahr macht er mit zwei Gleichgesinnten einen Ausflug auf dem Zweirad: „Mit 11 PS auf 800 Meter, das ist eine Herausforderung“, berichtet der Rentner stolz.
Für Heinz und viele andere Fans der historischen Fahrzeuge sind die Maschinen Zeitmaschinen, mit denen man in die eigene Jugend zurückreisen kann. Dafür, dass die Zeitmaschinen gut aussehen, sorgen Menschen wie Markus Benoit aus Mönchsdeggingen. Der Fahrzeuglackierermeister widmete sich auf der MotoTechnica einer traditionellen Handarbeit, die bis in die Ära der Kutschen zurück reicht: Beim Handlinieren werden Zierlinien und Schriften mit einem Spezialpinsel auf die Karosserie aufgetragen. Mit neuen Autos kann Benoit wenig anfangen: „Die sollen einfach, schnell und billig sein.“Oldtimer seien „liebevoller gemacht“.
Das sieht Walter Bock genauso. Er begann sein Hobby als Ausgleich zum stressigen Berufsalltag als Lehrer. Mittlerweile hat das Faible fürs Nostalgische ihm viele Freundschaften beschert. „Meiner Meinung nach ist das ein Hobby, das losgelöst ist von Alter, Geschlecht und sozialem Status“, glaubt Bock.
Wer denkt, Oldtimer üben nur auf mobile Veteranen einen Reiz aus, liegt falsch. Zu den jungen Besuchern der MotoTechnica zählte eine Schrauber-Clique aus Tirol. „Es passiert uns oft auf solchen Messen, dass wir mehr kaufen, als wir vor hatten“, berichtet Patrick Niederleimbacher. Der 30-Jährige und seine Freunde schrauben in einer Gemeinschaftswerkstatt an alten Opels. „Wir sind auch schon mit einem Auto hingefahren und kamen mit drei zurück“, erinnert sich Patricks Kumpel Rene Heim (35). Freundin Nina (29) bringt die Faszination für Oldtimer auf den Punkt: „Die haben einfach Charakter.“Mit dieser Meinung war sie an diesem Wochenende nicht allein. I Bei uns im Internet Mehr Bilder von der MotoTechnika unter: www.augsburger allgemeine.de