Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gribls emotionale Rede an die Augsburger
Rathaus Beim Neujahrsempfang der CSU-Stadtratsfraktion dankte der Oberbürgermeister vor allem den Bürgern. Warum er sich stolz zeigte und was Bundesminister Gerd Müller als Ehrengast zu sagen hatte
Die Sitzplätze im Oberen Fletz des Rathauses reichten nicht für alle Gäste des Neujahrsempfangs der CSU-Stadtratsfraktion am Samstag. Rund 600 Augsburger waren gekommen. Einige von ihnen sicherlich auch, weil Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, als Ehrengast angekündigt war. Doch im Mittelpunkt stand Oberbürgermeister Kurt Gribl mit seiner emotionalen Rede.
Gribl kündigte an, einen Blick auf die Entwicklung Augsburgs zu werfen. Daraus wurde ein Plädoyer für die Fuggerstadt. Man habe eine kontinuierliche Bevölkerungszunahme wie noch nie. „Die Lebensqualität ist hoch. Das wird uns auch durch Städterankings immer wieder bescheinigt.“Augsburg sei hip und sympathisch geworden. Zudem steige das Interesse von Touristen an der Stadt. „Wir haben gelernt, nur das zu sehen, was problematisch ist. Aber es tut so gut, das Gute und Sympathische zu sehen. Wir haben an Ansehen gewonnen. Wir erhalten Spitzenförderungen für Schulen, für die Universitätsklinik und das Theater.“Ob Innovationspark, Linie 3, Gaswerk, Wohnungsbau, Doppelhaushalt oder auch das Elefantenhaus – Gribl war es wichtig, mit weiteren Beispielen zu zeigen, dass „ganzheitlich an der Zukunft für Augsburg gearbeitet wird“.
Dafür bedankte er sich bei seinen Kollegen. Vor allem aber bei den Bürgern. „Ich bin dankbar, demütig und stolz zugleich, dass vor allem die Augsburger selbst es sind, denen diese gute Entwicklung geschuldet ist.“Er sei stolz auf die Friedensdemo der Bürger, auf die friedlichen Sommernächte und auf das, was die Menschen bei der Evakuierung der Innenstadt anlässlich der Fliegerbombe geleistet haben. „Ich habe gespürt, wie sehr die Augsburger ihre Stadt lieben, wie Hilfsdienste unterstützt wurden.“Der Oberbürgermeister kündigte an, dass es am Samstag, 28. Januar, um 17 Uhr ei- ökumenischen Dankesgottesdienst in der St.-Anna-Kirche geben wird. „Wir wollen diesen Weg weitergehen. Ohne Bombe natürlich, aber mit Spirit und Zusammenhalt.“
Beim Thema Flüchtlinge lobte Gribl die Bewältigung des Zustroms in Augsburg auch mithilfe vieler Ehrenamtlicher. Aber man müsse auch realistisch schauen, was noch machbar sei und wo die natürlichen Grenzen seien. Man müsse auch auf die Sicherheit achten. Gribl sprach sich für mehr Videoüberwachung aus. Zu den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Augsburg sagte er: „Ich halte es für einen unerträglichen Zustand, wenn Hilfskräfte beschossen werden. Und das ist keine der Sicherheitstechnik, sondern des Anstands.“Gewundert habe er sich, dass es danach keinen Aufschrei gab. „Aber wir müssen aufschreien, wenn wir so etwas nicht wollen.“Wertschätzung und Respekt sollten die Grundlage sein, dass man in der Stadt weiterkomme. Beifall brandete unter den hunderten Gästen auf.
Bundesminister Gerd Müller, der einige Jahre in Augsburg gelebt hat, stimmte neben einigen humorvollen Bonmots auch nachdenkliche Töne an. Er appellierte, dass sich der Zustrom an Flüchtlingen von 2015 so nicht mehr wiederholen darf. „Es ist uns ernst. So einen unkontrollierten Zustrom können wir in dieser Dinen mension nicht mehr bewältigen.“Eindringlich erklärte er, warum Probleme vor Ort in den Herkunftsländern der Flüchtlinge gelöst werden müssen. Dabei sprach Müller den sogenannten Marshall-Plan seines Ministeriums mit Afrika an. Er führte etwa vor Augen, dass sich die Bevölkerung in Afrika bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird. „Das heißt, es werden zwei Milliarden Babys geboren. Diese Menschen brauchen Essen, Wasser, Energie und Arbeitsplätze.“Für ihn gebe es nur eine Lösung: Mit diesen Ländern zu kooperieren und die Entwicklung vor Ort voranzutreiben. Um diese Herausforderung zu bewältigen, brauche man laut Müller auch PriFrage vatinvestment und fairen Handel. Globalisierung müsse außerdem gerechter gestaltet werden.
Der Minister aus dem Allgäu erinnerte an die Ausbeutung der Weber auch in Augsburg vor 120 Jahren. „Genau diese Situation haben wir heute in Bangladesch und in afrikanischen Ländern. Es kann nicht sein, dass eine Näherin in Bangladesch eine Jeans für fünf Euro herstellt, die ein paar Tage später bei uns in einem Laden für 100 Euro hängt und die Näherin bekommt nur 15 Cent in der Stunde.“Man brauche eine faire Wertschöpfungskette. „Obergrenze ja“, sagte Müller. „Aber Solidarität mit den Ländern und eine faire Globalisierung.“