Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Trauer um einen Kämpfer für die schwäbische Kultur
Nachruf Im Alter von 90 Jahren ist der Gründer der nach ihm benannten Dr.-Eugen-Liedl-Stiftung verstorben
Dr. Eugen Liedl, Gründer der nach ihm benannten Stiftung, die sich für den Erhalt der schwäbischen Kultur einsetzt, ist im Alter von 90 Jahren verstorben.
Im bereits hohen Alter von 77 Jahren hatte Liedl die Stiftung ins Leben gerufen und leitete sie seither als Vorstandsvorsitzender. Liedl, der zurückgezogen im Neusässer Stadtteil Westheim lebte, wird als großzügiger und stets zielbewusst handelnder Stifter beschrieben. Die Stiftung verlieh jährlich die mit bis zu 10000 Euro dotierten Pro-Suebia-Preise (deutsch: für Schwaben). Einen Schwerpunkt bei der Vergabe legte Liedl, der mit den Historikern Dr. Rolf Kießling und Dr. Hans Frei den Vorstand bildete, auf Arbeiten, die sich mit dem Erhalt der schwäbischen Sprache beschäftigten, zumeist erhielten sie Ehrenamtliche. Eine Ausnahme bildeten die Preise Nummer 25 und 26, die Liedl im vergangenen Herbst, kurz nach seinem 90. Geburtstag, verlieh: Empfänger waren die Gemeinde Fellheim (Kreis Unterallgäu) für die Restaurierung der Synagoge sowie der ehemalige Leiter des früheren Staatsarchivs für Schwaben in Neuburg, Reinhard Seitz, für sein Lebenswerk.
Vorstandskollege Hans Frei, ehemaliger Heimatpfleger bei der Regierung von Schwaben, lernte Eugen Liedl Anfang der 70er-Jahre kennen. Liedl war zu dieser Zeit in der Kommunalaufsicht des Regierungsbezirks tätig. Frei erinnert sich an den Stiftungsgründer als sehr zuverlässigen Menschen: „Im Sinne der Stiftung hat er stets großzügig gehandelt, im Berufsleben habe ich ihn als konsequenten, manchmal auch strengen und peniblen Beamten erlebt.“Auch sich selbst gegenüber sei Liedl streng gewesen. Frei: „Er hat sich selber kaum etwas gegönnt, sein Geld lieber für die Stiftung eingebracht.“
Durch das Geschäft mit Aktien und Immobilien habe Liedl das Grundkapital der Stiftung in den vergangenen Jahren auf über eine Million Euro erhöhen können, berichtet Frei. „Auf den Vorstandssitzungen der Stiftung hat er immer als erstes über den Kapitalstand berichtet. Seine Bankauszüge hat er immer dabei gehabt und stets mit ein bisschen Stolz berichten können, dass das Grundkapital gestiegen ist“, erinnert sich Frei. Mit einem Schmunzeln ergänzt er, dass Liedl das Girokonto „immer ganz altmodisch Kontokorrent genannt“habe.
Etwa 300 000 Euro habe Liedl in den vergangenen 13 Jahren im Namen der Stiftung investiert. Darunter fallen nicht nur die Pro-SuebiaPreise, hinzu kommen weitere Förderungen, beispielsweise von Buchveröffentlichungen. Hans Frei wird Eugen Liedl in guter Erinnerung behalten: „Es war stets ein angenehmes Zusammenarbeiten mit ihm, nicht nur wegen seines geschichtlichen Interesses, sondern auch wegen unseres wechselseitigen Vertrauens. Ich habe bei ihm immer gemerkt, dass er unsere kulturellen Belange und Ziele sehr ernst nimmt und für unsere Kultur kämpft.“
Ähnlich beschreibt es auch die Neusässer Historikerin Dr. Martha Schad, die den Verstorbenen gut und lange kannte. Sie erlebte den Verstorbenen als einen liebenswürdigen und für viele Themen aufgeschlossenen Menschen. „Man konnte gut mit ihm diskutieren“, sagt Martha Schad. Besonders die Belange von Augsburg und Umgebung seien sein Anliegen gewesen. Dass ihm die Geschichte seiner Heimat, obwohl er gelernter Jurist war, stets wichtig gewesen sei, bestätigt auch Hans Frei. „Diese Zuneigung zur Regionalgeschichte Schwaben hat mir sehr imponiert“, sagt Frei.
Während seiner Schulzeit am Augsburger Gymnasium bei St. Stephan sei Liedls Interesse für Geschichte geweckt worden, berichtete er in einem seiner letzten Pressegespräche im vergangenen Herbst. Auch wenn er später Jura und Volkswirtschaft studierte, promovierte und bis zum Ruhestand bei der Regierung von Schwaben tätig war, zuletzt als Leiter der Kommunalaufsicht, verließ ihn dieses Interesse nie.
Rund 500 Stiftungen gibt es in Schwaben, die meisten haben soziale Zwecke. Die Gründung einer kulturellen Stiftung habe da nahegelegen, erklärte Liedl zuletzt. Wie wichtig sein Anliegen, das Bewahren der schwäbischen Kultur, war, betonte auch die Staatsministerin für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen Beate Merk, die Liedl in einer Rede im November 2015 in einem Atemzug mit der Stifterfamilie Fugger nannte: „Aus unseren kulturellen Wurzeln ziehen wir Kraft für Gegenwart und Zukunft.“
Die Dr.-Eugen-Liedl-Stiftung soll auch nach dem Tod ihres Gründers weiterbestehen. „Wir werden weiterarbeiten, das steht eindeutig in unserer Satzung geschrieben“, betont Hans Frei. Für viele Projekte habe die Stiftung die Initialzündung gegeben, daran wolle man – ganz im Sinne ihres Gründers – festhalten. Frei fasst es mit einer simplen Frage zusammen: „Wer sonst hat sich denn so für die schwäbische Kultur eingesetzt?“
Für viele Projekte hat die Stiftung die Initialzündung gegeben