Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Vom Dallasknochen zum I Phone
Zehnter Jahrestag Im Telefonmuseum Wertingen kann man die Entwicklung zum Schnurlosen zurückverfolgen. Und so, wie es aussieht, ist ein alter Trend zurückgekehrt
„Am Hörer rauschte es wie verrückt, und nach einer Stunde Telefonieren tat einem der Arm weh“, erzählt Reinhold Mayr aus Deiningen. Aber für ihn spielte das damals keine Rolle: Die Freude über die neu gewonnene Freiheit, die ihm das schnurlose Telefon bot, war einfach zu groß. Während einer Unterhaltung zum Kühlschrank gehen – „das war Luxus“, sagt Mayr. Er hat viele der alten Kultapparate gesammelt und dem Radio- und Telefonmuseum Wertingen gespendet.
Etwa dreißig Jahre nach den schnurlosen Telefonen mit den Riesenantennen hat sich das Verständnis von Luxus allerdings verändert. Am Handy darf nichts rauschen, nicht mal im ICE. Außerdem reicht es längst nicht mehr aus, wenn wir damit nur zum Kühlschrank gehen können. Heute wollen wir bis nach China, Hawaii oder Neuseeland erreichbar sein.
Ein Unternehmen, das die Entwicklung der neuesten Smartphones entscheidend vorantreibt, ist Apple. Das I-Phone feiert heute eine Art Jubiläum, denn das erste Gerät kam vor genau zehn Jahren auf den Markt. Seither hat sich vieles getan, aber dennoch scheint es so, als würde ein Trend aus den Anfangszeiten des Schnurlosen wieder zurückkehren: Das I-Phone 6S Plus ist mit fast 200 Gramm wieder etwas größer und schwerer geworden als Apples erstes Smartphone von 2007 (135 Gramm). Zugegeben – das ist kein Vergleich zu dem, was die Vorreiter auf die Waage bringen. Im Telefonmuseum haben viele dieser alten Teile ein neues Zuhause gefunden. Robert Riedel, der dort ehrenamtlich mithilft, hebt eins davon an. Es hat einen Umhängegurt, so schwer und unhandlich ist der Riesenkasten. Riedel hält es in der einen Hand und nimmt mit der anderen den Hörer ab. Damit hätte er sich in den 80ern ins sogenannte C-Netz einwählen können. Das war der Vorgänger des D-Netzes, das wir heute mit D1 und D2 immer noch kennen.
Man ahnt es schon: Die Geschichte des Handys geht noch weiter zu- rück, zum A- und zum B-Netz. Der unbequeme Riesenkasten war im Vergleich schon eine Errungenschaft im Vergleich. Als das A-Netz 1968 nach Deutschland kam, gab es nur fest ins Auto eingebaute Apparate. Doch immerhin – Fabrikleiter waren nicht mehr nur im Büro erreichbar, sondern auch, wenn sie unterwegs waren. „Privatpersonen konnten sich diesen Luxus aber nicht leisten“, erzählt Riedel, „da hat das Telefon schon halb so viel gekostet wie das Auto selbst.“Auch im B-Netz war man noch nicht viel weitergekommen. Wenn man aus dem Auto heraus jemand anrufen wollte, musste man wissen, in welchem Bundesland er sich befand.
Auch wenn sich das Aussehen des Handys über die Jahrzehnte hinweg stark verändert hat – eine Besonderheit hat es beibehalten: Ein Handy ist ein Zeichen von Prestige. „In den 70ern buhlten wichtige Angestellte der Firmen regelrecht darum, ein Telefon im Firmenwagen zu haben. Dann war man wichtig“, erzählt Reinhold Mayr. Heute ist es für viele junge Leute ebenso wichtig, immer das neueste I-Phone zu haben.
Mayr selbst ist kein Fan von den „Fummeldingern“, wie er sie nennt. Ihm persönlich gefallen die alten schnurlosen Haustelefone mit den Riesenantennen am besten – die sogenannten Dallas-Knochen. „Die sind durch amerikanische Fernsehserien richtig kultig geworden.“
Bis vor zwei Jahren hat er zu Hause noch sein altes Sony SPP 80 benutzt, das er 1993 für 300 Mark gekauft hat. Damals habe es auch Apparate für bis zu 1000 Mark gegeben, sagt er.
Reinhold Riedel gibt noch etwas zu bedenken im Hinblick auf Diskussionen rund um Datenschutzprobleme, die Neuerungen wie Smartphones und viele Apps mit sich bringen.
Die ersten Schnurlostelefone seien auf einer Frequenz gelaufen, die jeder mithören konnte, der ein bisschen Ahnung von Technik hatte. Er und seine Freunde haben in Jugendjahren Radios zu Empfängern umgebaut und den Gesprächen der Nachbarn gelauscht. „Was man da so alles gehört hat…“