Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Träumen nicht vergessen
Neujahrsempfang Flüchtlingskrise prägt Veranstaltung in Langweid
Beim Neujahrsempfang in Langweid stehen politische und gesellschaftliche Themen stets im Vordergrund. Als Veranstalter tritt seit über 20 Jahren die Reservistenkameradschaft Stettenhofen auf und präsentiert als Referenten häufig Publikumsmagneten. Mit dem Vortragsthema „Afghanistan 2016 – Fluchtursachen und ihre Bekämpfung“fesselte in diesem Jahr Reinhard Erös die zahlreichen Besucher eineinhalb Stunden lang.
Dekan Georg Schneider überraschte mit Handy und Lautsprecher in der Dreifachturnhalle mit dem Oldie „Mit 17 hat man noch Träume“und knüpfte so das Band zum neuen Jahr im dritten Jahrtausend. Das sei nämlich auch gerade mal 17 Jahre alt und dürfe noch träumen. „Denn wenn viele gemeinsam träumen, dann ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.“
Durch die harte Arbeit der Menschen in Deutschland sei die Demokratie kein Traum geblieben, so Staatssekretär Johannes Hintersberger, der mit dem Landtagsabgeordneten Johann Häusler die Landespolitik beim Neujahrsempfang vertrat. Die Aufgabe der Politik sei es, Integration zu ermöglichen wo sie sinnvoll ist, aber auch Flüchtlingsströme zu steuern und zu begrenzen.
Weniger von Begrenzungen sondern von stetigem Wachstum berichtete Bürgermeister Jürgen Gilg. Über 8000 Menschen leben inzwischen in der Gemeinde, die mit der Anpassung an die ständig wachsende Bevölkerung große Aufgaben hat. „Für Kita-Ausbau und Infrastrukturmaßnahmen wird im neuen Jahr viel Geld ausgegeben werden“, kündigte der Bürgermeister an.
Bei einem Strafzins von 0,4 Prozent, der seit dem 1. Januar für die Geldreserven der Gemeinde gezahlt werden muss, sei es nicht sinnvoll, notwendige Investitionen auf die lange Bank zu schieben, so Gilg. Der ehemalige Oberstarzt der Bundeswehr Reinhard Erös engagiert sich mit seiner Frau Anette schon seit den 1980er-Jahren in Afghanistan, baut Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser und zuletzt sogar eine Universität. „Denn wenn die Menschen nicht zur Bildung kommen können, dann muss die Bildung zu den Menschen kommen“, ist die Devise des energischen Oberpfälzers. Wer Bildung und die Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben in der Heimat hat, der geht nicht weg, so seine Erkenntnis.
Deshalb ist sein Motto auch „Tun statt quatschen“. Denn von den angeblich für die innere Sicherheit aus dem Ausland investierten Millionen kommt viel zu wenig bei den Menschen an, stellte Erös Zahlen vor. Seit 2001 habe der Westen eine Billion Dollar für Einsätze in Afghanistan ausgegeben. „Zehn Prozent davon wurden für den zivilen Aufbau investiert“, so Erös. Nach vierzehn Jahren der Intervention ist Afghanistan nach Syrien das gewalttätigste Land der Welt, in dem 2016 3700 Polizisten getötet wurden. Korruption sei an der Tagesordnung, die Zukunftsperspektiven düster. Dass vor diesem Hintergrund junge Afghanen ihr Glück in Europa suchen sei kein Wunder und auch nicht zu verhindern.
Das reichliche Ausschütten von Entwicklungshilfegeldern nach dem Gießkannenprinzip sei keine Lösung, doch für den sinnvollen Einsatz der Gelder fehle den Politikern die nötige Kulturkompetenz, so Erös’ Fazit. Einziges Mittel gegen die Massenflucht sei die Verbesserung der Lebensumstände in den Herkunftsländern.
Mit der vom Musikverein Langweid intonierten und von den Gästen kräftig stimmlich unterstützten Bayern- und Nationalhymne endete der offizielle Teil des Empfangs, der nicht zuletzt durch die Moderation durch den Ehrenvorsitzenden der Reservistenkameradschaft Günter Klein jedes Jahr den Start der Langweider in das neue Jahr markiert.