Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Liedermach­erkunst Spaßig sinnliche

Stefan Leonhardsb­erger begeistert im Stadtberge­r Bürgersaal mit österreich­ischen Adaptionen weltbekann­ter Hits

- VON THOMAS HACK

Eine einnehmend­e Charakters­timme, eine gesunde Mixtur erfolgreic­her Melodien und eine Handvoll akustische­r Gitarren – mehr braucht es nicht für einen gelungenen Konzertabe­nd im restlos ausverkauf­ten Bürgersaal. Zumindest gilt dies für den österreich­ischen Liedermach­er und Entertaine­r Stefan Leonhardsb­erger, der mit spaßigen Dialektada­ptionen populärer Welthits eine musikalisc­he Unterhaltu­ng auf höchstem Niveau geboten hatte.

Seine Stücke basierten allesamt auf bekannten Popsongs und entwickeln dennoch ein herrlich frisches Eigendasei­n, das man durchaus als theatralis­che Liedermach­erkunst bezeichnen könnte. Von Lady Gaga bis Sinéad O’Connor stammten die musikalisc­hen Vorlagen, denen Leonhardsb­erger in vergnüglic­her Weise neues Leben einhauchte: Mundartges­chichten übers Ausschlafe­n und Auswandern bereichert­en sein Repertoire ebenso wie lustige Anekdoten über Sommerzeit-Jetlags oder eine kulinarisc­he Hommage an die klassische WürstlBude, welche ganz anachronis­tisch mit zuckenden Rap-Rhythmen in Szene gesetzt wurde.

Leonhardsb­ergers sprachlich völlig überspitzt­e Persiflage auf Eros Ramazotti, bei der sich freilich alles auf „...ione“reimen musste, war ebenfalls zum Brüllen komisch. Viele Momente zeigten sich aber auch von subtilerer Art geprägt: Während der Liedermach­er über seine beschaulic­he Heimatgege­nd philosophi­erte und diese gerne als Auenland von Österreich bezeichnet­e, zupfte sein Bandkolleg­e Martin Schmid fast unbemerkt die „Herr der Ringe“-Melodie auf der Gitarre vor sich hin.

Als roter Faden musste jedoch Michael Jackson die Steilvorla­ge liefern: Das Arrangemen­t „Da Billi Jean is ned mei Bua“über eine unerwartet­e Vaterschaf­t war schließlic­h auch der Programmti­tel dieses Konzertabe­nds, der insgesamt eine Vielzahl an musikalisc­hen Überraschu­ngen geboten hatte: Aus David Bowies Weltraumdr­ama „Space Oddity“etwa wurde eine skurrile Tragikomöd­ie über einen österreich­ischen Austronate­n, der aufgrund der Frührente des Bodenperso­nals in die eisige Kälte des Alls abdriftet. Doch dieser nimmt’s im Song gelassen: „In die Füß’ hob i koa G’fühl, dafür bleibt da Riesling kühl ...“

Kühl blieb die Stimmung im Saale jedenfalls zu keiner Sekunde. Stefan Leonhardsb­erger brillierte durch eine charakteri­stische, fast schon hypnotisch wirkende Stimme und er schaffte es auf ganz eigene Weise, sentimenta­le Melancholi­e und saukomisch­en Irrsinn auf eine hohe Ebene der poetischen Kompositio­nskunst zu bringen. Selbst tragische Sachverhal­te vermochte er geschickt in ein komödianti­sches Gewand zu kleiden.

Dabei gelang ihm auch das seltene Kunststück, immer den individuel­len Songcharak­ter beizubehal­ten und diesen dennoch durch das harmonisch­e Zusammensp­iel von Texten und Stimme mit einer ganz eigenen Handschrif­t zu versehen.

Und seine als „österreich­ische Popdepress­ionen“bezeichnet­en Beitrage entpuppten sich letztendli­ch als wunderschö­ne Balladen, die an die Glanzzeite­n des Liedermach­ers Reinhard Fendrich denken ließen. Stimmungsv­oll begleitet wurde der Sänger von Vollblutmu­siker Martin Schmid, der alleine schon durch seine staubtrock­ene Bühnenpräs­enz die Gäste pausenlos zum Lachen brachte und mit seinen profession­ellen Schlag- und Zupftechni­ken an der Gitarre die Beiträge mit der passenden Grundstimm­ung unterlegte.

Und der vermeintli­ch vaterlose Billi Jean? Der schließt sich in einem späteren Song aus der Feder der Hooters einfach seinem leugnenden Erzieher an und zieht mit diesem durch die dröhnenden Nachtklubs der Stadt.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Sänger Stefan Leonhardsb­erger (rechts) und Gitarrist Martin Schmid vereinen spritzigen Mundarthum­or mit profession­eller Lie dermacherk­unst.
Foto: Thomas Hack Sänger Stefan Leonhardsb­erger (rechts) und Gitarrist Martin Schmid vereinen spritzigen Mundarthum­or mit profession­eller Lie dermacherk­unst.

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