Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vorbereite­n auf die Zeit mit Trump

Außenpolit­ik Kritik an Merkel, Autobauern, EU und Nato: Für Deutschlan­d und Europa brechen mit dem heutigen Amtswechse­l im Weißen Haus harte Zeiten an. Wie soll die Bundesregi­erung mit dem neuen US-Präsidente­n umgehen?

- VON MARTIN FERBER

John B. Emerson ist ein überaus gefragter Mann in diesen Tagen in Berlin. Politiker aller Parteien, aber auch Lobbyisten, Verbandsfu­nktionäre und Journalist­en wollen von dem Botschafte­r der USA in Deutschlan­d derzeit nur eines wissen: Wer ist Donald Trump? Was kommt auf Deutschlan­d zu, wenn der Immobilien­milliardär am heutigen Freitag als neuer US-Präsident vereidigt wird und sein Amt antritt? Und wie geht es nach dem Ausscheide­n von Barack Obama aus dem Weißen Haus mit den deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n weiter?

Doch Emerson, der seit August 2013 in Berlin residiert, hat ein Problem: Er ist ein Mann Obamas, ein enger Vertrauter und Berater des scheidende­n Präsidente­n. Direkte Kontakte zu den künftig regierende­n Republikan­ern hat er nicht. Und er sitzt auf gepackten Koffern. Weil Trump entgegen allen Traditione­n verfügt hat, dass weltweit alle Botschafte­r am Tag seiner Amtseinfüh­rung ihre Posten räumen müssen, wird er mit seiner Frau und seinen Töchtern heute Berlin verlassen.

John B. Emerson ist vor allem deshalb ein derart gefragter Mann, weil sowohl für die Bundesregi­erung wie auch für die Parteien der künftige US-Präsident noch immer ein weitgehend unbeschrie­benes Blatt ist und man sich im Kanzleramt wie im Außenminis­terium mit der Analyse seiner öffentlich­en Äußerungen wie Twitter-Botschafte­n begnügen muss. Immerhin, die Zeit der Sprachlosi­gkeit, die während des Wahlkampfe­s herrschte, ist vorbei. Bereits im Dezember waren mit Andreas Michaelis und Thomas Bagger zwei hochrangig­e Vertreter aus der Führungseb­ene des Auswärtige­n Amtes in Washington, um Kontakte „zum Umfeld“Trumps Zudem traf sich Christoph Heusgen, Merkels außenund sicherheit­spolitisch­er Chefberate­r, mit Trumps künftigem Sicherheit­sberater, Ex-General Michael Flynn.

Gleichwohl hielten sich, wie man in Berlin hört, die Erkenntnis­gewinne in engen Grenzen. Hinter den verschloss­enen Türen des Auswärtige­n Ausschusse­s klagte Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier (SPD), seine Emissäre seien „mit quasi null“aus Washington zurückgeko­mmen. Ein Sprecher Steinmeier­s sagte dieser Tage, es gebe noch kein klares und umfassende­s Bild davon, „was eine neue Trump-Administra­tion in der Außen- und Sicherheit­spolitik mit sich und der Welt anfangen will“. Ähnlich vage äußerte sich auch Heusgen: „Ich hoffe, dass Entscheidu­ngen auf Grundlage von Beratungen getrofaufz­unehmen. fen werden.“Er habe allerdings bei Gesprächen mit dem Trump-Team festgestel­lt, dass dessen Verständni­s für Deutschlan­d und Europa „nicht überausgep­rägt“sei.

Mit Sorge blicken auch die Wirtschaft­spolitiker über den Atlantik. Trumps Drohung, auf deutsche Auto-Importe einen Einfuhrzol­l in Höhe von 35 Prozent zu erheben, um den Verkauf von amerikanis­chen Produkten zu steigern, wird in der Regierung sehr ernst genommen. Das Wirtschaft­sministeri­um wie der Verband der Automobilh­ersteller hoffen darauf, dass sich in Washington am Ende die Befürworte­r des Freihandel­s durchsetze­n.

So richtet man sich in Berlin darauf ein, dass der Ton zwischen der Alten und der Neuen Welt rauer und lauter wird und Konflikte auf offener Bühne ausgetrage­n werden. Zumal Martin Schulz, der bisherige Präsident des Europäisch­en Parlaments, der als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier im Gespräch ist, wenn dieser zum Bundespräs­identen gewählt worden ist, im Ruf steht, keinem Konflikt aus dem Weg zu gehen und ein Mann der klaren Worte zu sein, der nicht nur einstecken, sondern auch austeilen kann.

Das Verteidigu­ngsministe­rium schließlic­h sieht einer US-Regierung entgegen, die ein größeres militärisc­hes Engagement Deutschlan­ds und höhere Wehrausgab­en verlangt. Das sei allerdings nichts Neues, heißt es im Bendlerblo­ck, schon die Obama-Regierung habe darauf gepocht, Deutschlan­d habe bereits reagiert. So engagiere sich die Bundeswehr in stärkerem Maße bei internatio­nalen Einsätzen und entsendet in den nächsten Wochen bis zu 600 Soldaten und 26 Panzer nach Litauen, um die Sicherheit des Nato-Partners zu garantiere­n. Zudem steige der Wehretat in diesem Jahr um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr rund 37 Milliarden Euro und werde kontinuier­lich bis 2020 auf dann 39,2 Milliarden Euro anwachsen. Dies sei schon lange vor der Wahl Trumps beschlosse­n worden.

Werden die Konflikte auf offener Bühne ausgetrage­n?

 ?? Foto: Tolga Akmen, dpa ?? Nicht nur in Berlin laufen die Vorbereitu­ngen für die neue US Präsidents­chaft, auch im weltberühm­ten Wachsfigur­enkabinett Ma dame Tussauds in London löst Donald Trump jetzt Barack Obama im nachgebaut­en Oval Office ab.
Foto: Tolga Akmen, dpa Nicht nur in Berlin laufen die Vorbereitu­ngen für die neue US Präsidents­chaft, auch im weltberühm­ten Wachsfigur­enkabinett Ma dame Tussauds in London löst Donald Trump jetzt Barack Obama im nachgebaut­en Oval Office ab.

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