Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Inflation ist zurück
Preise In Deutschland werden Energie und Gemüse deutlich teurer. Was das für die europäische Zinspolitik bedeutet
Verbraucher müssen in Deutschland wieder mit einer spürbaren Inflation leben. Im Dezember zogen die Preise hierzulande um 1,7 Prozent an, im Euroraum waren es immerhin 1,1 Prozent. Somit stieg die Inflation so stark an wie seit mehr als drei Jahren nicht mehr. Dabei verteuerten sich vor allem die Energiepreise. Brennstoffe waren um 21,9 Prozent kostspieliger. Auch für Gemüse müssen Konsumenten 9,7 Prozent mehr ausgeben. So stellen die Statistiker fest, dass sich der Preis für Gurken nahezu verdoppelt hat und Tomaten 12,4 Prozent mehr kosten. So ist Inflation wieder ein Thema. Das könnte auch Euro-Notenbankchef Mario Draghi mit seiner Nullzinspolitik unter Druck bringen. Denn die Strategie der Europäischen Zentralbank, die Märkte mit Geld zu fluten, hatte er stets damit begründet, dass die EZB die Teuerung wieder in Richtung ihrer Zielmarke von 2,0 Prozent treiben will. Wäre es da nicht folgerichtig, den Geldhahn wieder zuzudrehen – zum Wohl etwa der Sparer, denen mickrige Zinsen seit Jahren die klassische Altersvorsorge verhageln?
Deutsche Politiker und Ökono- men haben eine eindeutige Antwort. „Die Nullzinspolitik bei steigender Inflation ist verheerend für den deutschen Sparer“, sagt Bayerns Finanzminister Markus Söder. Und: „Die EZB muss schnellstmöglich beginnen, die Zinsen wieder Schritt für Schritt anzuheben.“Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, wertete den jüngsten Inflationssprung als „Signal für den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik der EZB“und forderte ein Ende der milliardenschweren Anleihenkäufe im März.
Indes: Auf eine abrupte Kehrtwende der Währungshüter sollte man nicht spekulieren. Erst im Dezember hatte der EZBRat das Kaufprogramm für Staatsanleihen und Unternehmenspapiere um neun Monate bis mindestens Ende 2017 verlängert – wenn auch ab April mit etwas verminderter Feuerkraft von 60 Milliarden statt 80 Milliarden Euro monatlich.
Die EZB werde „für lange Zeit“an den Märkten präsent sein, hatte Draghi vor sechs Wochen betont. Die von globalen Krisen gebeutelte Wirtschaft des Währungsraums sei noch auf die Finanzspritzen aus dem Eurotower angewiesen.
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau sieht die EZB in der Zwickmühle: „Deutschland boomt, doch viele Länder an der Peripherie des Euroraums sind hoch verschuldet.“Eine Zinserhöhung wäre zwar gut für Deutschland und die Sparer, nicht jedoch für hoch verschuldete Länder wie etwa Italien und Griechenland, erklärt der Ökonom.