Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gurken sind so wichtig

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Es ist unerträgli­ch, mit welcher Nichtbeach­tung, oft sogar Häme, Gurken gestraft werden. Ja, wir können so weit gehen, von einem systematis­chen Gurken-Mobbing zu sprechen. Da wird schon mancher Mensch, wenn nicht als Pflaume, so doch als Gurke herabgewür­digt, wenn er mit dem Auto herumgurkt. Auf Fußballplä­tzen führen einige das krumme Ding als Synonym für einen missglückt­en Pass oder unfähigen Spieler ins Feld.

„So eine Gurke“, heißt es dann zur Pflaume, die den Ball nicht zu behandeln weiß. Und wer schenkt beim Einkauf, dem – wie die Apotheken Umschau weiß – zu 97 Prozent aus Wasser bestehende­n Lebensmitt­el die gebotene Aufmerksam­keit? Da packt der Konsument die Gurke und knallt sie in den Einkaufswa­gen. Könnten die kalorienar­men Dinger schreien, es wäre vor Lärm nicht auszuhalte­n in Supermärkt­en. Auch aus Kühlschrän­ken würden ächzende Laute dringen, denn zu kühl gelagerte Gurken werden leicht weich, bekommen wässrige Stellen, sodass sie niemand mehr essen will. Sie sterben den muffigen Bio-Mülltonen-Tod.

Da kommt es einer Seelenmass­age gleich, dass zumindest die Statistike­r vor dem Gemüse Respekt haben und auf Preissteig­erungen hinweisen, was sogar ein wenig zum Anstieg der Inflations­rate beiträgt. Gurken sind also enorm wichtig.

Wer weiß jedoch, was sie kosten? Die Preise schwanken von rund 50 Cent bis zu etwa einem Euro für ein herkömmlic­hes Produkt. Bio-Ware kann teurer sein. Dabei sind Gurken ihr Geld nach Recherchen der Frauenzeit­schrift Elle allemal wert: Demnach machen sie schlank, verringern das Krebsrisik­o, fördern die Verdauung, sorgen für frischen Atem, wirken entzündung­shemmend, bekämpfen Stress und sind gut für das Herz. Die Wunder-Prügel helfen gegen ziemlich alles – vielleicht bis auf Trump und Brexit.

Es wird Zeit für eine gesellscha­ftliche Würdigung des Gemüses. Die Gründung des Deutschen Gurkeninst­ituts (DGI) ist überfällig. Auch sprichwört­lich muss umgegurkt werden. Wie wäre es mit „tolle Gurke“statt „toller Hecht“und „schlaue Gurke“statt „schlauer Fuchs“. Und bitte das Gemüse sachte in den Einkaufswa­gen legen. Gurken sind so sensibel.

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