Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Von Zecken, Zaren und Zwergen
Porträt Gudrun Opladen hatte schon immer ein Händchen für gut erzählte Geschichten. Eine Begabung, die sie zum Beruf machte. Nun erschien das neue Kinderbuch der Friedberger Autorin
Gudrun Opladen ist Autorin aus Leidenschaft. Ein Freigeist, wie sie sagt, der einfach gerne Geschichten erzählt. Einen Namen hat sich die Friedbergerin bislang mit Kinder- und Jugendbüchern gemacht. Auch ihr neuestes Werk „Alwis, der Zwerg“fällt in diese Gattung.
1965 geboren, verbrachte Opladen ihre Kindheit und Jugend in den 70er Jahren. „Die Bücher waren unser Medium“, erzählt die 51-Jährige rückblickend. Das Internet gab es noch nicht und auch das Fernsehen war wenig populär. Deshalb habe sie von Kindesbeinen an viel gelesen. „Bücher boten uns die Chance, in fantastische Welten hinein gezogen zu werden und abzuschalten“, erinnert sich die zweifache Mutter. Es wundert also nicht, dass Gudrun Opladen schon im Alter von elf Jahren davon träumte, Schriftstellerin zu werden. Geprägt haben sie vorwiegend die großen Namen der Kinderbuchliteratur: ob Max Kruse, Otfried Preußler, Astrid Lindgren oder Michael Ende. „Diese Menschen gaben mir die Inspiration, mich weiter in diesen Welten bewegen zu wollen.“Aus der Berufung wurde ein Beruf, obwohl die studierte Politologin zunächst das Journalisten-Handwerk ergriff. Der Gedanke, Bücher zu schreiben, kam erst wieder mit den beiden Kindern auf. Mittlerweile hat Opladen sechs Bücher veröffentlicht, darunter das kürzlich erschienene Werk „Alwis, der Zwerg“. Zwei weitere Publikationen befinden sich für 2017 bereits in Planung.
Besonders stolz ist sie auf ihr bisher größtes Werk „Willehalm und Arabel“– eine Neuerzählung des gleichnamigen mittelalterlichen Versepos von Wolfram von Eschenbach – an dem sie fast zwei Jahre lang arbeitete. Das Buch, das heute als offizielle Schullektüre gilt, handelt von Liebe und Religion. „Da kam die Politologin in mir heraus“, sagt sie, ihre Augen funkeln. „Ich hatte schon immer großes Interesse an dem Thema Religion in Verbindung mit Politik, zumal ich im sehr katholischen Paderborn aufgewachsen bin.“Dabei fiel der Spagat zum Kinderbuch nicht ganz einfach. „Politisches, Spirituelles und auch Dinge wie Ironie sind nichts Kinderbuchklassisches“, sagt Opladen. Ihrer Ansicht nach sollten diese Aspekte allerdings auch für die Kleinen keine Tabus sein.
Ein anderer Faden, dessen sich viele ihrer Geschichten bedienen, sind alte Mythologien. Sei es nun der kleine Mondhase, der mittelalterliche Willehalm, oder die Zecke des Zaren, eine Parodie auf Graf Dracula: „Diese alten Erzählungen haben mich schon immer gereizt“, betont die 51-Jährige. Selbst ihrem neuen Buch „Alwis, der Zwerg“wohnt ein Mythos inne: Die Geschichte entstammt im Kern der alten Lieder-Edda – skandinavische Götter- und Heldensagen, die im 13. Jahrhundert auf Island verfasst wurden.
Wie der Name des Zwergs schon vermuten lässt, ist Alwis allwissend. Doch während der Zwerg in der ursprünglichen Geschichte an seiner Schlauheit scheitert, bekommt er in Opladens Nacherzählung die Chance, sich zu ändern.
Das Happy End war der Autorin wichtig, schließlich handle es sich um ein Kinderbuch, betont sie. „Der Zwerg ist eigentlich ein Unsympath: Er ist weder schön noch nett.“Im Grunde genommen sei er sogar ein Muffel. Dennoch könne man ihn im Verlauf der Handlung lieb gewinnen. „Alwis verliebt sich in die schöne Göttertochter Thors, wird aber in einer List des nordischen Gottes versteinert.“Zum Glück gibt es die Zwergin Lioba, die Gefühle für Alwis hegt und ihn mithilfe der Göttertochter befreien kann. „Zusammen schaffen es die beiden, den Zwerg zu sich selbst zurückzuführen“, erzählt sie.
Inspirationsquellen findet Opladen überall. Wenn die Muse sie küsst, passiert das oft willkürlich, zum Teil unerwartet und ab und an nur beiläufig. Manchmal beim Lesen eines Buches oder eines Artikels, manchmal in Situationen mit ihren Kindern und manchmal ist es einer dieser Aha-Momente, „eine Art Offenbarung“, wie Gudrun Opladen
sagt. Dann setzt sich die Kinderbuchautorin in ihr Büro und beginnt zu schreiben. Aber ohne festes System. „Ich kenne Handlungsstrang und Figuren in groben Zügen“, sagt die 51-Jährige. Dabei sei gerade das Nichtwissen um den endgültigen Buchverlauf das eigentlich Besondere. „Der Prozess des Schreibens selbst macht mich glücklich: Die Momente, in denen man in die Geschichte hineintaucht und das eine plötzlich das andere ergibt.“
Gudrun Opladen liebt ihre Arbeit. Dennoch bedauert sie, dass das Werk der Kinderbuchautoren oftmals nur als Vergnügen wahrgenommen wird. „Einige Leute sehen das als reine Spaßangelegenheit. Dabei ist das, was wir kreieren, ein Stück kulturelles Gut.“
Sich bewusst auf Kinder- und Jugendbücher zu konzentrieren kam
ihr allerdings nie in den Sinn. „Ich möchte mich nicht festlegen, um dann in eine Schublade gesteckt zu werden“, meint die 51-Jährige. Sie sei eben ein Freigeist, könne sich in nächster Zeit auch einen historischen Roman oder einen Krimi vorstellen. Außerdem möchte Opladen ihre journalistische Vergangenheit weiter am Leben halten. Ab und an ist sie sogar als Ghostwriterin unterwegs. Kurzum: „Das Schreiben ist einfach mein Naturell.“Und das möchte sie in Zukunft auch so beibehalten.
Das Buch „Alwis, der Zwerg“von Gudrun Opladen mit Illustrationen von Christoph Clasen entstand im „Schwarzer Drachen Verlag“und ist bei 42 Seiten zum Preis von 15,90 Euro erhältlich. Die Geschichte eignet sich für Kinder ab sechs Jahren.