Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wer zahlt wie viel für neu gebaute Straßen?
Erschließungsbeitrag: Experten erläutern in Gablingen Varianten
Sage noch einer, dass sich Bürger nicht für Politik interessieren. Gerade wenn es um ihren eigenen Geldbeutel geht, wollen sie ein Wörtchen mitreden. So war denn auch die Informationsveranstaltung der Gemeinde Gablingen zum Thema „Straßenausbaubeiträge“in der Mehrzweckhalle sehr gut besucht.
Zwar hat Gablingen eine gültige Straßenausbaubeitragssatzung: Änderungen im Bayerischen Kommunalabgabengesetz vom April 2016 machen es Gemeinden möglich, zwischen Einmalbeiträgen der Bürger bei Straßenerneuerungen – wie bislang praktiziert – oder wiederkehrenden Beiträgen zu wählen.
Von jährlich wiederkehrenden Beiträgen wären nicht nur die unmittelbaren Anlieger einer neu ausgebauten Straße, sondern auch Nachbarn dieser Straße betroffen. Die Last würde in einer vorher von der Gemeinde festgelegten „Einrichtungseinheit“auf mehrere Schultern verteilt. Auf den einzelnen Hausbesitzer/Anlieger einer betroffenen Straße kämen dann nicht mehr einmalig zu stemmende hohe Ausbaubeiträge zu.
Doch so einfach ist das nicht, betonten zwei Experten, die die Gemeinde eingeladen hatte: Landauf, landab sind Gerhard Wiens, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bayerischen Verwaltungsgericht München und Autor eines Buches über Erschließungsbeitragsrecht, sowie Monika Kolbe, Oberregierungsrätin in der Baubehörde am bayerischen Innenministerium, unterwegs.
Beim Neubau einer gemeindlichen Straße trägt die Kommune nur zehn Prozent der Kosten, der Rest wird auf die Anlieger umgelegt. Wenn man wiederkehrende Beiträge verlangt, werden alle Anwohner in einer Einrichtungseinheit – für welche die wiederkehrenden Beiträge in einem komplizierten Verfahren ermittelt werden – zur Kasse gebeten, auch wenn sie nicht an der von den Bauarbeiten betroffenen Straße wohnen. Die Experten zeigten an Beispielen, dass wiederkehrende Beiträge für Grundstücksbesitzer zu Mehrkosten führen können. Eine „Verschonungsregelung“, kann in Bayern die Grundstückseigner bei Zahlungen aber entlasten.
Konfliktpotenzial in Einmalbeiträgen
Die Einteilung der Ortschaften in Einrichtungseinheiten verursacht bei einer Gemeindeverwaltung erheblichen Arbeitsaufwand und damit Kosten, machte Wiens klar. Und es könne sein, dass verschiedene Einrichtungseinheiten unterschiedliche Beitragssätze haben. Ebenso sei es möglich, dass in einer Kommune ein Gebiet übrig bleibe, in dem Einmalbeiträge erhoben werden müssen. Darin sahen die Referenten Konfliktpotenzial. Zudem bestehe erhebliche Rechtsunsicherheit. Zumeist niedrigere Beiträge, keine Zufallsbelastung beim Grundstückskauf, kein Hinausschieben notwendiger Baumaßnahmen gehören zu den Vorteilen.
Wie nun Gablingen künftig vorgeht, war an dem Informationsabend nicht Thema. Geschäftsleitender Beamter Roland Wegner erklärte auf Rückfrage, dass sich der Finanzausschuss mit der Fragestellung befassen werde.
Die Gablinger Bürgerinitiative für gerechte und sozial verträgliche Straßenausbaubeiträge bietet am Donnerstag, 16. Februar, im Bürgerhaus von Gablingen-Siedlung um 18 Uhr eine dritte eigene Informationsveranstaltung an.