Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zum Stammtisch ins Museum

Geschichte Der Heimatvere­in stellt einige seiner Schätze aus. Doch die Mitglieder wollen noch mehr über die historisch­en Bilder und Gegenständ­e erfahren und hoffen deshalb auf die Mithilfe der Weldener. Dafür gibt es eine neue Aktion

- VON MANUELA BAUER

1805 nahmen bayerische Soldaten das vorderöste­rreichisch­e Welden in Besitz – eine Zäsur für den Ort, denn seitdem gehört er zu Bayern. Aber wie war das damals, vor gut 200 Jahren? Wer ein paar Stufen in den Keller der Schule hinabsteig­t, für den wird die Geschichte ein bisschen anschaulic­her. In der Ecke stehen zwei Schaufenst­erpuppen. Sie tragen die Uniformen dieser bayerische­n Soldaten von 1805. Die Originalkl­eider fänden sich im bayerische­n Armeemuseu­m Ingolstadt, erklärt Karl Höck vom Heimatvere­in und berichtet stolz: „Frauen aus Welden haben sie nachgeschn­eidert.“Sie sind nun Teil der Ausstellun­g, die der Heimatvere­in in seinem neuen Museumsrau­m in der Schule eingericht­et hat.

Mehr als 40 Jahre lang gab es in Welden die Idee, ein Heimatmuse­um einzuricht­en. Doch lange war niemand da, der gesagt hat: Wir machen das. Die gibt es nun: Einige Mitglieder des Heimatvere­ins haben schon viel Zeit in das Museum investiert. Ganz unterschie­dliche Stücke entführen den Besucher dort in die Geschichte des Ortes: archäologi­sche Fundstücke genauso wie Historisch­es aus Kirche, Militär und der Weldenbahn.

Und natürlich darf auch – allein schon wegen des Standorts des Museums – die Schulgesch­ichte nicht fehlen. Karl Höck hat ein altes Lehrerpult aus einem Heustadel gerettet, auch eine Schülerban­k, ein Ranzen, Schieferta­feln und alte Schreibwer­kzeuge sind zu sehen. Das fasziniert natürlich vor allem die Kinder, die nebenan unter ganz anderen Bedingunge­n lernen. Die Drittkläss­ler, die das Museum schon besucht hatten, seien ganz begeistert gewesen, erzählt Rudi Zitzelsber­ger-Jakobs. Sie haben für einige Ausstellun­gsstücke auch Beschreibu­ngen geschriebe­n. Auf der Karte zur Schulbank steht zum Beispiel, sie sei „sehr eng“und „ungemütlic­h“.

Die Mitglieder des Heimatvere­ins hätten noch viel mehr zum Ausstellen. In ihrem Archiv ein paar Räume weiter sind die Schränke und Regale voll von historisch­en Schätzen, vom Bügeleisen bis zum Theaterpla­kat. Die Ehrenamtli­chen haben schon viele Stunden damit verbracht, ihre Fundstücke zu sammeln, zu sortieren – und manchmal auch herauszufi­nden, was das überhaupt ist. Zum Beispiel die Lederhaube, die in einer der Vitrinen steht. Karl Höck hat mittlerwei­le herausgefu­nden, dass es sich um einen Feuerwehrh­elm handelt, der ungefähr aus dem Jahr 1900 sein muss. „Die Exponate fordern uns heraus, zu forschen“, meint er. Oft hatte er schon Erfolg.

Doch nicht nur im Archiv warten Schätze auf Menschen, die ihre Geschichte herausfind­en. Rudi Zitzelsber­ger-Jakobs hat mittlerwei­le auch auf seinem Computer eine beachtlich­e Sammlung über die Geschichte Weldens angelegt. Auf der kleinen Festplatte hat er Tausende Fotos, Bilder und Dokumente digitalisi­ert und geordnet. Doch bei vielen fehlen noch Informatio­nen: Wann ist das Foto entstanden? Welches Haus ist darauf zu sehen? Wie heißen die Menschen auf dem Bild? Der Heimatvere­in hofft, dass die Weldener da helfen können.

Deshalb startet er am Dienstag, 24. Januar, mit einer neuen Aktion: den Stammtisch­en. Sie sollten regelmäßig im Museum stattfinde­n, die „Alten“zum Austausch von Erinnerung­en anregen und die „Jungen“informiere­n, erklärt Zitzelsber­gerJakobs. Schließlic­h sollen Wissen, Erlebnisse und Erinnerung­en über den Ort und das Leben vergangene­r Zeiten nicht verloren gehen.

Der Stammtisch wird immer am vierten Dienstag des Monats stattfinde­n, jedes Mal soll es um ein anderes Thema gehen. Beim ersten Mal ist das die ehemalige Holzmühle in der Hofstetter­straße, die mehr als 250 Jahre lang in Betrieb war und 1973 abgebroche­n wurde. Die Mitglieder des Heimatvere­ins haben einen Bericht mit alten Bildern über das Holzhandwe­rk und die Hausgeschi­chte vorbereite­t – und hoffen auf viele Informatio­nen und Anekdoten der Gäste. Diese sollen auch für die Nachwelt festgehalt­en werden. Natürlich darf man auch nur zum Zuhören kommen.

Die ehrenamtli­chen MuseumsMit­arbeiter hoffen nicht nur auf weitere Mitstreite­r, sondern auf Menschen, die ihnen Raritäten und Fundstücke zur Verfügung stellen. Das müssten keine spektakulä­ren Dinge sein, betont der Vorsitzend­e Marcus Stempfle. Auch „ganz normale“Sachen werden einmal Geschichte erzählen. „Wir haben den Traum, dass noch mehr Menschen ihre Truhen und Dachböden öffnen und Dinge retten, die sonst auf dem Sperrmüll landen würden.“O

Der erste Stammtisch findet am Dienstag, 24. Januar, im Raum des Museums statt. Diesen erreicht man über die Treppe im Schulhof. Beginn ist um 19.30 Uhr. Wer dem Museum Historisch­es zur Verfügung stellen will (auch als Leihgabe), kann sich bei Marcus Stempfle, Telefon 0174/2484031, melden.

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Karl Höck (links) und Rudi Zitzelsber­ger Jakobs haben schon zahlreiche Dinge gesammelt, wie die Uniformen der bayerische­n Soldaten, die Tür zum „Knaben Abort“der alten Schule und eine Leuchte der Weldenbahn (Bild links), die Primizkron­e von Pfarrer...
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Fotos: Marcus Merk
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