Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kampf gegen die Pest im Krebsteich

Ökosystem Vor allem amerikanis­che Arten bedrohen die heimische Population. Max Keller stellt seine Tiere der Wissenscha­ft zur Verfügung, um den Erregern auf die Spur zu kommen

- VON SILVIA KÄMPF

Wer sich in naher Zukunft der Fischerei widmen möchte, lernt ihn schon mal kennen. Max Keller, 79, spricht in einem Vorbereitu­ngskurs für die Fischerprü­fung über die drohende Gefahr für die beiden heimische Krebsarten – Edelkrebs und Steinkrebs. Dabei sorgt er eher ungewollt für ein Schmunzeln, als er den aus Amerika importiert­en Signalkreb­s zeigt und ihn als den „Teufel“bezeichnet. Denn die Lage für die beiden heimischen Arten ist laut Keller seit dem Auftauchen des Signalkreb­ses „leider nicht heiter“.

Wie Max Keller sagt, krankt es seit Langem im deutschen und bayerische­n Ökosystem. Grund ist die durch ausländisc­he Arten eingeschle­ppte Krebspest, die zwar dem Menschen nichts anhaben kann, dafür aber die Spezies selbst binnen Tagen hinwegraff­t. Erkennbar ist die Krankheit am sogenannte­n Pilzrasen, der etwa aus den Augen tritt. In Lechhausen, wo der promoviert­e Betriebswi­rt bis 2012 in der Steinernen Furt im Nebenerwer­b eine Krebszucht unterhielt und namhafte Gastronome­n belieferte, stellt er sein Wissen nun vornehmlic­h der Wissenscha­ft zur Verfügung.

Rund 100000 Krebse mussten in seinen Becken einst heranwachs­en, sollten die Kosten für das Unterfange­n gedeckt sein. Aktuell sind es noch 3000 bis 4000 Stück, die er „allein für wissenscha­ftliche Zwecke“zu Verfügung stellt. In Deutschlan­d gebe es nur noch eine Universitä­t, die über die Krebspest forscht – die Uni Koblenz Landau. Max Keller, der sich hauptberuf­lich um Industriea­nsiedlunge­n bemühte und in der Schweiz promoviert­e, kam 1968 zur Krebszucht. Damals sei ein Teil der Mindel begradigt und von sieben auf drei Kilometer Flussstrec­ke verkürzt worden, weshalb Tausende Krebse starben. Die wenigen verbleiben­den habe er in Waschkörbe­n abtranspor­tiert und sie sich im Augsburger Stadtteil Lechhausen vermehren lassen.

„Heute gibt es nur noch wenige Vorkommen – die meisten in Baggerseen“, sagt er. Auf einem Grundstück in der Steinernen Furt „wohnen“die Tiere in Ton-Röhren. In freier Natur beziehen sie gerne unter Wurzeln etwa von Weiden an Flussufern Quartier.

Signalkreb­s, Kamberkreb­s, Kalikokreb­s und den Roten Sumpfkrebs nennt Max Keller als erklärte Feinde von Edel- und Steinkrebs. Die amerikanis­chen Signalkreb­se kamen vor allem aus Schweden zu uns. Dort wurden sie nach seinen Worten massenhaft nachgezüch­tet und illegal ausgesetzt. Aber auch China züchte den kleineren amerikanis­chen Sumpfkrebs, um ihn nach Europa zu liefern und Geschäfte damit zu machen. Das zeitintens­ive Auslösen des Fleisches wäre laut Keller hierzuland­e sehr teuer. Zum Vergleich: ein Kilogramm der Importware koste 15 Euro, während ein Kilo wesentlich hochwertig­erer Edelkrebss­chwänze in Deutschlan­d auf 600 Euro käme. „Eingefrore­n“, so Kellers Hinweis, „verliert der Krebs aber an Qualität.“

Vor allem in Skandinavi­en ist man sehr daran interessie­rt, die Krebspest (Aphanomyce­s astaci) zu erforschen. Per DNA-Analyse werden laut Keller Erregerstä­mme und ihre Resistenze­n ermittelt, wobei er selbst vor allem mit Experten und Veterinäre­n aus Finnland in Verbindung steht. So traten seine Tiere zur genaueren Untersuchu­ng die Reise über Frankreich in den Norden an. Dabei kam in Kuopio folgende Kuriosität in der jüngeren Vergangenh­eit zutage.

Während in Kellers GewässerKr­eislauf die schwerste Form der Krebspest (PsI) entdeckt wurde, einige Tiere seltsamerw­eise aber überlebten, starben in Finnland alle Tiere, die sich am gleichen Erreger infizierte­n. Nun ist die entscheide­nde Frage: „Wer hat sich wem angepasst?“Der Erreger dem Krebs oder der Krebs dem Erreger?

Am Donnerstag begann im Augsburger Messezentr­um die Ausstellun­g „Jagen und Fischen“. Noch bis Sonntag sind dort in StrömungsA­quarien nicht nur rund 40 in Bayern heimische Fischarten zu sehen. Laut dem für die schwäbisch­en Gewässer zuständige­n Leiter des Fischereih­ofes Salgen, Oliver Born, ist der Schlammpei­tzger ebenso dabei wie der Stichling oder die Barbe. Auch die Krebsarten werden dem Publikum vor Augen geführt. Edelund Steinkrebs stammen laut Born sicher auch aus Anlagen von Max Keller. Gezeigt werde zudem der – manchmal auch „Teufel“genannte – Signalkreb­s.

 ??  ??
 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Obwohl die Krebse gerade Winterruhe halten, hat Max Keller Glück. Manche seiner Ton Röhren in Lechhausen sind bewohnt.
Foto: Annette Zoepf Obwohl die Krebse gerade Winterruhe halten, hat Max Keller Glück. Manche seiner Ton Röhren in Lechhausen sind bewohnt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany