Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Streben nach dem Guten hört beim Blechschaden auf
Kabarett Michael Altingers Devise in der Stadthalle Gersthofen: Moral ist schon gut. Bei Vollkasko ist es aber damit vorbei
Hell – das sind immer die anderen. Oder so. Ganz als Lichtgestalt präsentierte sich Michael Altinger zu Beginn seines Programms „Hell“in der Stadthalle Gersthofen. Das Programm, das der 46-Jährige als ersten Teil einer Kabarett-Trilogie angelegt hat – die weiteren bis 2022 geplanten Teile lauten „Halblicht“und „Finster“– spielt dabei mit dem meist vergeblichen Streben nach dem Guten. Klar, dass das nicht lange gut gehen kann. Denn alleine schon ein simpler Blechschaden kann das beste Moralgebilde gründlich durcheinanderbringen. Oder, um es mit Altinger selbst zu sagen: „Es hat seinen Sinn, dass der kategorische Imperativ vor der Vollkasko-Versicherung erfunden wurde.“
Ein Unfall beim Einparken und dessen anschließende Aufarbeitung mit der Kfz-Versicherung ist der rote Faden, der sich durch das Programm zieht. Steht für Altinger, den Menschenfreund, am Anfang noch fest, dass er für den von ihm verursachten Schaden eintreten will, bekommt der fiktive Versicherungsmakler Flori am Ende einen windigen Zeugen aufgetischt, der von einem Steinschlag am helllichten Tag in der Münchner Innenstadt als Unfallursache eintritt.
Und warum das alles? Weil der Mensch nicht nur schwach, sondern auch vor allem von seinen Ängsten beherrscht wird. Umwelt, Politik, Kindererziehung: alles Ängste. „Mit unseren Kindern geht’s schon los: Die sind Versager, aber sie können uns das grammatikalisch korrekt erklären, warum das so ist“, sagt Altinger.
Und diese Ängste und irrationalen Zwänge – so viel scheint sicher – macht sich eine elitäre Gruppe im Hintergrund zunutze. Insgesamt 16 Menschen, so Altingers Theorie, ziehen im Hintergrund die Fäden und erfinden ebenso unnütze wie begehrte Dinge wie Stand-up-Paddeln oder grüne Smoothies. Wer diese Lenker sind? „Eine ist die Rosi Mittermaier, und der Alexander Dobrindt ist sicher auch dabei“, ist sich Altinger sicher.
Und flugs ist man doch statt im Hellen in der Hölle gelandet. Wie die aussieht? Wie ein Baumarkt, in dem man nichts findet. Und der einzige Berater ist der Teufel in einem Blaumann, der sich über die Suche der Geknechteten amüsiert.
Harter Tobak? Und wenn schon. Schließlich, das diagnostizierte Altinger, war an diesem Abend ein als „durchaus belastbare Masse“bezeichnetes Publikum vor ihm versammelt. Das kam in Genuss von Altingers Spiel, das sich im Zusammenspiel mit seinem langjährigen Begleiter Martin Julius Faber entfaltete. Dass der Saal in der Gersthofer Stadthalle an diesem Abend nur etwa zur Hälfte besetzt war, lag vielleicht auch daran, dass Altinger in den vergangenen Jahren in relativ kurzen Abständen in die Region gekommen ist. Dieser Abend hätte mehr Besucher verdient gehabt.