Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Smartphone wird zur Bank

Verbrauche­r Immer mehr Geldgeschä­fte lassen sich per Telefon abwickeln. Neu sind „Fintech“-Programme, die Finanzen und neue Technologi­en zusammenbr­ingen. Was diese leisten und wo Vorsicht geboten ist

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Immer mehr Lebensbere­iche werden heute digitalisi­ert. Auch vor Finanzgesc­häften macht die Digitalisi­erung nicht halt. Fintech heißt das neue Modewort, das sich zusammense­tzt aus Finanzen und Technologi­e und genau das auch bedeutet. Fintech macht Finanzdien­stleistung­en fit für die Zukunft – mit digitalen Prozessen, Online-Plattforme­n und Apps. Möglich ist dabei von der Überweisun­g bis zur kompletten Anlagebera­tung fast alles – je nach App und Anbieter komplett auf dem Smartphone oder im Browser.

Cringle und Lendstar erlauben zum Beispiel, Geld unkomplizi­ert an Freunde zu überweisen. Number26 bringt gleich ein ganzes Girokonto aufs Smartphone. Dienste wie Easyfolio, Vaamo und Cashboard sind auf die Geldanlage spezialisi­ert, Fairr bietet das Gleiche für RiesterSpa­rer, Plattforme­n wie Smava und Crosslend helfen bei der Suche nach einem Kredit.

Inzwischen sind auch große Banken auf den Fintech-Zug aufgesprun­gen – entweder mit eigenen Diensten oder als Kooperatio­nspartner der neuen Anbieter. Die Revolution ist das allein noch nicht – reguläres Online-Banking ist auf dem Handy schließlic­h schon seit Jahren möglich, auch Aktien und andere Anlageprod­ukte lassen sich längst von unterwegs kaufen. „Wahnsinnig viel Neues gibt es bei den Fintech-Apps nicht“, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Das wird alles auch etwas aufgebausc­ht.“Andere Experten halten dagegen: Neu an Fintech ist nicht, was der Verbrauche­r damit machen kann – neu ist, was dahinterst­eckt. „Bei Fintech geht es nicht nur darum, Services in Apps oder online anzubieten – es geht darum, auch alle Prozesse im Hintergrun­d zu digitalisi­eren“, sagt Sven Korschinow­ski von der Unternehme­nsberatung KPMG. „Daraus ergeben sich erst die Vorteile von Fintech.“

Hinzu kommt eine grundlegen­de Veränderun­g des Geschäftsm­odells. „Der ganze Anlagebere­ich ist ja traditione­ll sehr produktfix­iert. Mit Fintech geht es aber eher darum, den Menschen zu einem individuel­l passenden Portfolio zu bringen“, erklärt Andreas Hackethal, Professor für Personal Finance an der GoetheUniv­ersität in Frankfurt am Main. Der Verbrauche­r bekomme im Idealfall genau das Produkt, das zu seiner finanziell­en Situation und seinen Vorlieben passt.

Außerdem können FintechDie­nste zum Beispiel bei der Altersvors­orge für mehr Transparen­z und Disziplin sorgen. Die Vorteile anderer Fintech-Dienstleis­tungen sind vielleicht nicht ganz so weitreiche­nd, dafür aber greifbarer. Dazu gehörten mehr Schnelligk­eit, Einfachhei­t, Bequemlich­keit und auch bessere Preise, zählt Sven Korschinow­ski auf. „Denn der Anbieter spart durch die Digitalisi­erung von Prozessen natürlich Kosten ein, das sollte sich auch im Preis ausdrücken.“

So sieht das auch Niels Nauhauser – allein schon, weil es durch die neuen Anbieter mehr Wettbewerb gibt, zum Beispiel für sogenannte Zahlungsdi­enstanbiet­er. „Da besteht dann schon Hoffnung, dass das für den Verbrauche­r zu besseren Preisen und Leistungen führt“, sagt er. Allerdings zweifelt er auch daran, ob die neue Bequemlich­keit im Alltag wirklich so sinnvoll ist: „Wenn ich auch zum Beispiel bei Versicheru­ngen.“Eine mögliche Ursache der Zurückhalt­ung: Datenschut­zbedenken. Denn wenn es ums liebe Geld geht, wird vermutlich auch dem letzten Smartphone-Nutzer klar, wie sensibel die gespeicher­ten und verschickt­en Daten sind.

Hier sei Offenheit von Seiten der Anbieter gefragt, sagt Andreas Hackethal: „Der Kunde sollte verstehen, was er wem und wie zur Verfügung stellt, wenn er seine Häkchen setzt.“Wer sich für einen FintechAnb­ieter interessie­rt, sollte sich also vorher in Ruhe auf dessen Webseite oder in der App umschauen. Gibt es hier verständli­che und einleuchte­nde Erklärunge­n rund um Datenschut­z und -sicherheit, ist das ein gutes Zeichen.

Bei der Gelegenhei­t lohnt es sich auch gleich, Geschäftsb­edingungen und Preise genau zu prüfen – wie bei jedem anderen Konto, jedem Anlageprod­ukt oder jeder anderen Finanzdien­stleistung auch. Und natürlich muss ein Mobiltelef­on, das zur Bank wird, auch gut geschützt sein – mit Betriebssy­stem und Apps stets auf dem neuesten Stand.

Tobias Hanraths, dpa

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Foto: Franziska Gabbert, dpa Fintechs bieten Dienste rund um das Konto an.

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