Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Erst einmal den Boden ablecken
Show Sven Ratzke pflegt mit David Bowies Liedern die Exzentrik
Das Stichwort lautet Exzentrik. Bei einer David Bowie und seiner Musik gewidmeten Show kommt man an ihr schließlich nicht vorbei. In Sven Ratzkes Revue „Starman“kommt sie plateaubeschuht daher, in einem eng anliegenden Zweiteiler mit ausladendem Kragen und Schulterpolstern, die selbst die Madonna aus den 80ern hätten erblassen lassen. Und sie schimmert auch durch Ratzkes Begrüßung hindurch: „What the fuck!? Augsburg, was ist das denn hier???“Die Sätze, begeistert und empört zugleich, zielen auf das Parktheater ab. In diesen anmutigen Hallen rieche man förmlich – „durch das modrige Asbest hindurch“– die ganzen Berühmtheiten, die hier schon auf der Bühne gestanden haben. Und schmecken kann man sie offenbar auch, denn Ratzke geht runter auf die Knie und leckt erst einmal den Boden ab. Auch das: exzentrisch.
So abgedreht-verschroben und selbstverliebt ist die ganze Show, die eine Mischung aus Cabaret, Popkonzert und Musiktheater darstellt. Ratzke fordert das Publikum auf, mehr zu applaudieren, wirft Küsschen in die Menge – auch in die oberen Ränge, in denen überhaupt niemand sitzt. Gekommen sind etwa 80 Zuschauer, aber er tut, als sei das Theater pickepacke voll und lässt sich feiern. Mit seiner dreiköpfigen Band interpretiert er Songs von David Bowie wie „Heroes“, „Major Tom“oder „Rock ‘n’ Roll Suicide“– manchmal sehr musicalmäßig, manchmal fast schon in Richtung Free Jazz abdriftend. Immer aber mit ausladenden Gesten, schillernd und überladen. „I love it!“Denn Ratzke experimentiert genau wie sein Vorbild Bowie mit verschiedenen Rollen und Referenzen. Da gehört dann auch die Selbst-Inszenierung in einem türkisfarbenen Overall dazu, der an der Vorderseite bis zum Bauchnabel geöffnet ist.
Zwischen den Songs erzählt der deutsch-niederländische Entertainer Anekdoten, die weder etwas mit der Musik, noch miteinander zu tun haben. Erst trifft er in New York auf Andy Warhol in Form eines weißen Kaninchens, das ihn in den Untergrund mitnimmt. Dann in Hollywood auf Liz Taylor, die in ihrem Anwesen nicht nur 21 Toiletten, sondern auch ein Wachsfigurenkabinett mit Kinderstars hat. In Berlin ist er auch noch, dort versucht er, im orangefarbenen Sportanzug mit Klapprad auf dem Rücken und Provianttasche um den Bauch, als Holländer nicht aufzufallen. Dann sinniert er, wie er als letzter Mensch auf Erden alles Verbotene tun würde – zum Beispiel nackt auf dem Bett Leberwurstbrote essen. Zwischendurch stolziert Ratzke-Starman durchs Publikum und macht ein paar Späße auf dessen Kosten. Es ist witzig, abgedreht, aber auch sehr zusammenhangslos.
Ratzke schafft es aber, das Publikum wunderbar zu unterhalten. Auch wenn die Standing Ovations am Ende nur in seiner Fantasie stattfinden. „Setzt euch wieder hin! Nein, keine Geschenke! Och, kein extra Geld, tu das weg!“Es lebe die Exzentrik