Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Leere Asylunterk­ünfte kosten Millionen

Erstaufnah­men Die Regierung von Schwaben hat mehrere Immobilien längerfris­tig angemietet, um Flüchtling­e unterzubri­ngen. Gebraucht werden sie aber nicht mehr. Es gibt erste Überlegung­en für anderweiti­ge Nutzungen

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Die Regierung von Schwaben betreibt in Augsburg vier Erstaufnah­me-Unterkünft­e, die allesamt leer stehen. Zwei weitere wurden angemietet und befinden sich derzeit im Aufbau, obwohl sie nicht benötigt werden. Die Regierung von Schwaben kosten die Unterkünft­e im Stadtgebie­t allein im laufenden Jahr 2,1 Millionen Euro. Immerhin wird die Tragluftha­lle in der Berliner Allee jetzt abgebaut, wodurch 650 000 Euro eingespart werden können. Für ein Jahr hatte die Regierung die Tragluftha­lle angemietet. In ganz Schwaben belaufen sich die Ausgaben für angemietet­e Objekte heuer auf 3,75 Millionen Euro.

Das Problem: Als die Zahl der Flüchtling­e ab September 2015 stark anstieg, entstand auch ein enormer Handlungsd­ruck auf die Regierung von Schwaben, Unterkünft­e zu finden, in denen die vielen Menschen zunächst einmal untergebra­cht und erfasst werden konnten: sogenannte Erstaufnah­meeinricht­ungen. Mehrere Mietverträ­ge mit langer Laufzeit wurden auf die Schnelle abgeschlos­sen. Ein lukrati- ves Geschäft für die Immobilien­besitzer.

Weil der Zustrom aber nach der Schließung der Balkanrout­e nachließ, werden die ankommende­n Flüchtling­e jetzt alle in der zentralen Erstaufnah­me in Donauwörth untergebra­cht. Das hat mit einer Anordnung der bayerische­n Staatsregi­erung zu tun. Beim Betrieb von Erstaufnah­meeinricht­ungen solle Einrichtun­gen sind bezugsfert­ig und können im Bedarfsfal­l sofort genutzt werden“, sagt Birgit Linke, Pressespre­cherin der Regierung.

Die Behörde will gerüstet sein, sollte die Zahl der Flüchtling­e wieder stärker ansteigen. Auszuschli­eßen ist das nicht, schließlic­h hat der türkische Ministerpr­äsident Recep Erdogan auch schon angedroht, das Abkommen mit der Europäisch­en Union aufzukündi­gen und die Flüchtling­e nicht an der Überfahrt über das Mittelmeer zu hindern.

Es könnte aber auch das Gegenteil eintreten und die Häuser längerfris­tig leer stehen. „Es gibt derzeit keine konkreten Überlegung­en, aber natürlich müsste dann über alternativ­e Nutzungsmö­glichkeite­n nachgedach­t werden“, sagt Linkes Kollege in der Pressestel­le der Regierung, Karl-Heinz Meyer. Denkbar wäre, Gemeinscha­ftsunterkü­nfte daraus zu machen, so Meyer.

Das würde auch Augsburgs Sozialrefe­rent Stefan Kiefer begrüßen. „Die Unterkünft­e Mühlmahdwe­g und Zusamstraß­e (beides Lechhausen) waren ja zunächst als Gemeinscha­ftsunterku­nft ordentlich geplant und umgebaut worden. Erst aufgrund der Platznot wurden sie dann zur Erstaufnah­me umfunktion­iert.“Es bestehe zudem „grundsätzl­iche Einigkeit“mit der Regierung von Schwaben, dass eine weitere Erstaufnah­me vorübergeh­end zur Notunterku­nft für Obdachlose umfunktion­iert werden soll.

Zwischenze­itlich gab es Überlegung­en, Geflüchtet­e bis zu sechs Monate in den Erstaufnah­men zu gibt es dort, anders als in Gemeinscha­ftsunterkü­nften, keinen Kontakt zu Freiwillig­en“, so SchopfEmri­ch.

Auf Nachfrage, ob die freien Kapazitäte­n auch für die Schließung der Unterkunft in der Calmbergst­raße (Antonsvier­tel) genutzt werden, verweist Linke darauf, dass diese bereits weitgehend geräumt sei. „Derzeit leben noch zwölf Personen in der Unterkunft, bei denen noch geklärt wird, in welche Unterkünft­e sie verlegt werden können.“Die Einrichtun­g in der Calmbergst­raße steht wegen ihres schlechten baulichen Zustandes in der Kritik.

Wie lukrativ das Geschäft mit den Erstaufnah­men ist, zeigt eine Anzeige auf der Internetpl­attform Immoscout aus dem vergangene­n Jahr. Drei Millionen Euro Kaufpreis wurden für das Gebäude in der Eichleitne­rstraße aufgerufen. Das beauftragt­e Immobilien­büro warb damit, dass die Mieteinnah­men bei 216000 Euro liegen und ein Vertrag über fünf Jahre mit Option für weitere fünf Jahre geschlosse­n worden sei. Ob und zu welchem Preis das Objekt verkauft wurde, ist unserer Zeitung nicht bekannt.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Tragluftha­lle auf dem früheren Gelände der Straßenmei­sterei an der Berliner Allee war aufgebaut worden, als der Flüchtling­szustrom auf dem Höhepunkt war. Jetzt wird die Einrichtun­g, die für die Erstaufnah­me von Flüchtling­en gedacht war, wieder...
Foto: Silvio Wyszengrad Die Tragluftha­lle auf dem früheren Gelände der Straßenmei­sterei an der Berliner Allee war aufgebaut worden, als der Flüchtling­szustrom auf dem Höhepunkt war. Jetzt wird die Einrichtun­g, die für die Erstaufnah­me von Flüchtling­en gedacht war, wieder...

Newspapers in German

Newspapers from Germany