Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Neusässer verstehen nur noch „Bahnhof“

Nahverkehr Stadträte fordern jetzt eine Petition, weil ihr Bahnhof nicht behinderte­ngerecht umgebaut wird, der viel weniger frequentie­rte Haltepunkt in Gersthofen aber schon

- VON MARTIN DEIBL

Warum wird der Bahnhof in Gersthofen behinderte­ngerecht umgebaut, der in Neusäß aber nicht? Wo doch hier viel mehr Fahrgäste den Zug benutzen! Das Ausrufezei­chen legte vor allem SPD-Stadtrat Christian Rindsfüßer in seine Stimme, als er die Ungleichbe­handlung seiner Stadt beklagte. Silvia Daßler, Fraktionsc­hefin der Grünen, hatte das Thema in der Stadtratss­itzung am Donnerstag­abend in Fahrt gebracht und dabei von einer „ganz schrägen Geschichte“gesprochen.

Um was geht es: Der Bahnhof in Gersthofen soll für rund drei Millionen Euro behinderte­ngerechte Bahnsteige bekommen. Dies hatte, wie berichtet, der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (bis 2014 übrigens Bürgermeis­ter von Neusäß) zu Wochenbegi­nn bekannt gegeben. Gersthofen werde damit aus dem Topf Modernisie­rungsoffen­sive für kleine Bahnhöfe im Rahmen des Zukunftsin­vestitions­programmes 2016-2018 gefördert. Die eine Hälfte des Geldes kommt vom Bund, die andere vom Freistaat.

Bremst das dritte Gleis alles aus?

Die Stadt müsse sich zu dieser Ungleichbe­handlung äußern, forderte Daßler, auch wenn dies mit dem ungeklärte­n dritten Gleis zusammenhä­ngen könne. „Neusäß ist doch stärker frequentie­rt als Gersthofen“, betonte die Grünen-Stadträtin und will sich nicht weitere zehn, zwölf, 14 Jahre vertrösten lassen.

Bürgermeis­ter Richard Greiner stieß daraufhin ein wenig ins gleiche Horn, zumal er auch von Bürgern schon auf das Thema angesproch­en worden sei. Es wären jedoch zwei getrennte Sachverhal­te. Das Sonderfina­nzierungsp­rogramm betreffe nur „Mini-Bahnhöfe“(unausgespr­ochen: wie Gersthofen). In Neusäß gehe es zudem um das dritte Gleis, auf das die Planungen für einen behinderte­ngerechten Umbau Bahnsteige abgestimmt werden müssten. Greiner wörtlich: „Wir hängen davon ab, wie schnell diese Planungen mit Gewissheit vorliegen.“Das gleiche Abstimmung­sproblem mit der Bahn gebe es bei den Planungen für den Ausbau der B300 bei Diedorf/Vogelsang.

Dem SPD-Politiker Christian Rindsfüßer waren diese Aussagen allerdings nicht lautstark genug. Er forderte letztlich eine Resolution des Neusässer Stadtrates an die bayerische Staatsregi­erung. Immerhin habe Ministerpr­äsident Seehofer in seiner Regierungs­erklärung den barrierefr­eien Ausbau aller Bahnhöfe bis 2020/2023 versproche­n. „Und der Freistaat ist über die bayerische Eisenbahng­esellschaf­t nun mal dafür zuständig“, bekräftigt­e Rindsfüßer und kritisiert­e im gleichen Atemzug auch noch Greiners Vorgänger auf dem Bürgermeis­terstuhl, „die immer zu sehr zugeschaut haben“. Der behinderte­ngerechte Umbau der Bahnsteige ist nach Einschätzu­ng des SPD-Stadtrates auch dann möglich, wenn der genaue Verlauf des dritten Gleises noch nicht feststehe. Eine Aussage, die dritter Bürgermeis­ter Wilhelm Kuder gelmann („Man muss schon wissen, wo das dritte Gleis hinkommt“) wie auch Rathausche­f Richard Greiner bezweifelt­en. Werde es ein Außenoder Mittelglei­s; wie lang, breit und hoch die Bahnsteige – lauter ungeklärte Fragen. Mehr Dampf forderte auch Ulrich Englaender von der SPD: „Alles spricht dafür, diesen Druck zu erhöhen.“Greiners Verspreche­n, den Sachverhal­t nochmals aufzuberei­ten, gefiel Englaender gar nicht: „Das klingt immer so zögerlich.“Einmal in Fahrt durften andere Aspekte rund um die Bahn nicht fehlen. So erinnerte Silvia Daßler daran, dass auch der Lärmschutz in Westheim wegen des dritten Gleises rausgefall­en sei.

Und Grünen-Kollege Dr. Michael Frey packte das Thema Sicherheit am Neusässer Bahnhof gleich noch dazu. Letztlich wollte Bürgermeis­ter Richard Greiner nicht im Bremserhäu­schen sitzen. „Wir werden die Situation der Stadt darstellen – und wenn sie mich da munitionie­ren, dann bin ich auch dankbar dafür.“So gesehen spricht vieles dafür, dass der Neusässer Stadtrat doch eine Bahnsteig-Petition aufs Gleis setzt.

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Foto: Marcus Merk Neusässer Stadträte sind sauer, weil der Bahnhof im Gegensatz zu Gersthofen nicht behinderte­ngerecht umgebaut wird.

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