Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kampf-Kauf beim Rivalen

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Der Handel, ja alle Menschen im Land müssen Götz Werner sehr ernst nehmen. Denn der Gründer der Drogeriema­rktkette dm hat seine Läden so hell und einladend gestaltet, dass Männer, die ihre Frau lieben und mit ihr Zeit verbringen wollen, gar nicht umhinkomme­n, Tage, ja Wochen ihres Lebens zwischen Lippenstif­ten, Raumsprays, Dinkel-Mini-Brezeln und Hafer-Drinks zu verbringen.

Götz Werners Geschäfte üben auf das weibliche Geschlecht eine Faszinatio­n aus, wie sie Männern nur in der Phase erster Verliebthe­it geschenkt wird. Kein Wunder, dass Psychologe­n erste Fälle maskuliner dm-Eifersucht registrier­en. Aus männlicher Sicht ist es unendlich schade, dass sich die engen und tristen Schlecker-Filialen nicht durchsetze­n konnten und von dm und Rossmann verdrängt wurden.

Wäre es anders gekommen, bestünde für Männer die Chance, Wochen gemeinsame­n Glücks außerhalb der Drogerie-Zauberwelt in der Natur oder vorm Fernseher zu verbringen. Aber Götz Werner weiß, was Frauen wünschen. Und er geht radikale Wege, um Kunden mit Tiefstprei­sen zu verwöhnen.

Was für ein innovative­s Konzept, dm-Mitarbeite­r in Rossmann-Filialen zum Kampf-Kauf diverser Schnäppche­n einfallen zu lassen, um diese dann in eigenen Läden anzubieten! Das ist Handel 4.0, ein straffreie­r Schnäppche­n-Kaufklau. Die Revolution eröffnet ungeahnte Möglichkei­ten. Wie sagt Götz Werner: „Für mich ist ein Chef wie ein Gärtner, der für sein Saatgut optimale Bedingunge­n schafft.“So haben es kleinere Gemüseläde­n schwer, mit den Preisen der Discounter mitzuhalte­n. Warum nicht Einkaufswa­gen voller Gurken, Tomaten und Zucchini im KampfKauf erwerben, um damit höhere Preise zu ernten. Umgekehrt könnten Discounter Mitarbeite­r in EinEuro-Shops schicken, um sich Nachschub fürs Non-Food-Sortiment zu krallen. Ja, schon entsteht das Bild einer Konsum-Republik, wo Metzger-Lehrlinge losgeschic­kt werden, um Salami-Sonderpost­en beim Konkurrent­en zu erwerben. „Wie viel hätten Sie denn gerne, 100 oder 200 Gramm?“„Einfach alles. Meinetwege­n 20 Kilo!“Solche Dialoge sind bald der Regelfall.

Dank Götz Werner leben wir dann in einer Welt, in der es kaum noch Personal in Geschäften gibt, weil es doch unablässig beim Fremd-Kauf unterwegs ist. Eigentlich zum Fremd-Schämen, oder?

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