Augsburger Allgemeine (Land Nord)
So begeistert man Kinder für gesundes Essen
In vielen Haushalten wird immer seltener frisch gekocht. Schulen und Kitas steuern mit Obst, Gemüse und Sterneköchen dagegen
Es wirkt paradox: Die einen essen nur noch vegetarisch und vegan. Sie beschäftigen sich intensiv mit ihrer Ernährung. Die anderen greifen immer häufiger zum Fertiggericht und kochen seltener frisch. Nur 39 Prozent der Bundesbürger stehen täglich am Herd. Ernährungsberater sehen das kritisch. Doch wie kann man Gegensteuern? 89 Prozent der Deutschen wünschen sich laut Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ein Schulfach Ernährung. Wird in den Kindertagesstätten und Schulen also zu wenig getan?
Laut Prisca Satzger-Pucher vom Staatlichen Schulamt gibt es beim Thema gesunde Ernährung unter den Kindern – wie in der Gesellschaft – große Unterschiede. „Es gibt Schüler, bei denen gesundes Essen sehr wichtig ist, sicher auch, weil es im Elternhaus konsequent vorgelebt wird. Bei anderen Schü- spielt das Thema hingegen eine eher untergeordnete Rolle.“Die Schulrätin verweist darauf, dass es mehrere Projekte gebe und auch Teil des Lehrplans sei. ● Unterricht Laut Satzger-Pucher ist das Thema Ernährung ein fester Bestandteil im Lehrplan Plus der Grundschulen in den Fächern Sport sowie Heimat- und Sachunterricht. Zudem finden fächerübergreifende Projekte statt, um die Alltagskompetenzen der Kinder zu stärken.
Großes Gewicht hat das Thema Ernährung auch an den Mittelschulen. Dort steht es ab der siebten Klasse wieder auf dem Lehrplan in den Fächern Sport, PCB (Physik/ Chemie/Biologie) sowie im Bereich Soziales. Es gibt zudem teils Arbeitsgemeinschaften. So bietet beispielsweise die Kapellenschule in Oberhausen seit vielen Jahren eine AG Gastronomie und AG Schülercafé an, in der sich die Jugendlichen mit dem Thema Essen auseinandersetzen. ● Ganztag Das Thema gewinnt auch deswegen an Bedeutung, weil immer mehr Kinder die Ganztagsbetreuung besuchen, sagt Angelika Mäule-Wagner, Rektorin des Gymnasiums Maria Stern. „Dadurch werden Themen wie die Pausenverpflegung und das Mensaessen wichtiger. Unsere Schüler, vor allem aus den höheren Jahrgangsstufen fordern auch bewusst gesundes Essen ein.“So werde am Schulbistro auch mit Gemüse oder Kräutern belegte Körnerstangen und Obst verkauft und gut nachgefragt. „In der Mensa ermuntern wir die Schüler zudem dazu, auch gesundes Essen zu nehmen und auch mal neue Speisen auszuprobieren.“● Aktionen Neben dem Unterricht gibt es noch weitere Angebote. Das älteste Projekt, welches seit Jahren von Eltern durchgeführt wird, ist die „Gesunde Pause“. Hier sind einmal pro Woche Eltern vor Ort und garnieren gesunde Schnitten.
Daran beteiligen sich unter anderem die Johann-Strauß-Schule in Haunstetten, die Wittelsbacher Grundschule im Antonsviertel und die Hans-Adlhoch-Schule in Pfersee.
Ein ähnliches Ziel verfolgt die Aktion „Bio-Pausenbrot“des Augsburger Gesundheitsamtes, an dem inzwischen 1500 Schulkinder teilnehmen. Neben Ernährungsberatern sind auch ein Bio-Bäcker und Spitzensportler mit von der Partie. Darunter sind aktuell unter anderem Kanu-Olympiasiegerin und -Weltmeisterin Elisabeth MichelerJones und Duanne Moeser, Manalern ger der Augsburger Eishockey-Panther.
Seit Längerem gibt es zudem das bayerische Schulfruchtprogramm, an dem auch Kindertagesstätten teilnehmen. Es soll die Wertschätzung für Obst und Gemüse steigern und das Bewusstsein für gesunde Ernährung schärfen. Schulen, Kindergärten und Häuser für Kinder können sich von einem zugelassenen Lieferanten mit vorwiegend regionalem und saisonalem Obst und Gemüse beliefern lassen.
Laut Schulrätin Satzger-Pucher bietet die Vernetzungsstelle Schulverpflegung in Schwaben zudem Beratung an, wie Schulen mit Ganztagesangebot die Mittagsverpflegung optimieren und ausgewogen gestalten können. Und wie effektiv sind all diese Maßnahmen? ● Starköche Manche Schulen laden auch Starköche ein, um ihre Schüler für gesunde Ernährung und das Kochen zu begeistern. So war beispielsweise Tim Mälzer schon an der Martinschule (Oberhausen) und Stefan Marquard am Gymnasium und der Realschule Maria Stern in Göggingen. ● Berufsausbildung Berufsschulleiterin Katharina Kröner ist mit den Bewerbern zufrieden, die sich für eine Ausbildung im Bereich Ernährungsund Versorgungsmanagement (früher Hauswirtschaft) interessieren. „Durch die Vorarbeit an den Mittelschulen kommen die Jugendlichen in der Regel mit guten Vorkenntnissen zu uns“, sagt Kröner.