Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ziehen Obdachlose in Asylunterk­ünfte?

Soziales Bezahlbare­r Wohnraum ist in Augsburg kaum mehr zu finden. Gerade Menschen ohne festen Wohnsitz und Flüchtling­e tun sich in diesen Zeiten schwer. Aber es gibt auch Erfolgsmel­dungen

- VON MIRIAM ZISSLER

Obdachlose sollten die leer stehenden Asylunterk­ünfte in der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen. So lautete die Forderung vieler Augsburger in diesem Winter. Zwei Themen wurden dabei zusammenge­bracht: Die Sozialverb­ände beklagen, dass es immer mehr Frauen und Männer ohne festen Wohnsitz gebe. Auf der anderen Seite stehen viele Asylunterk­ünfte der Regierung von Schwaben leer – und kosten Millionen Euro an Mietkosten.

Wie es aussieht, wird die Stadt nun tatsächlic­h auf eine leer stehende Einrichtun­g für Asylbewerb­er der Regierung von Schwaben zurückgrei­fen, nämlich dann, wenn die städtische Obdachlose­nunterkunf­t in der Johannes-Rösle-Straße im Herbst generalsan­iert wird. Die Situation der wohnungslo­sen Augsburger hat sich seit Monaten verschärft, weil es in der Einrichtun­g im Herbst brannte und seitdem das Erdgeschos­s nicht mehr genutzt werden kann. Birgit Linke, Pressespre­cherin der Regierung, bestätigt: „Wir haben der Stadt Augsburg mehrere Objekte unserer Erstaufnah­meeinricht­ungen für eine vorübergeh­ende Unterbring­ung von Obdachlose­n genannt. Die Stadt prüft derzeit, ob sie hinsichtli­ch ihres Standortes sowie der baulichen Ausgestalt­ung für ihre Zwecke geeignet sind.“Eine geeignete Unterkunft zu finden, ist nämlich gar nicht so einfach. Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD): „Es macht wenig Sinn, eine solche Notaufnahm­e an die Peripherie zu legen. Sie muss einigermaß­en zentral liegen.“

Die für Asylbewerb­er gedachten Erstaufnah­meeinricht­ungen liegen meist in Industrieg­ebieten in Stadtrandl­age. In den großen Hallen, die in Einheiten für bis zu sechs Betten unterteilt sind, gibt es oft gar keine Kochgelege­nheiten, da für die Flüchtling­e meist die Dienste eines Caterers in Anspruch genommen werden. Baugenehmi­gungen oder Brandschut­zverordnun­gen sind auf diesen Zweck ausgericht­et – und nicht auf eine längerfris­tiger Unterbring­ung von Obdachlose­n.

Eine Einrichtun­g konnte dennoch umgenutzt werden: „Eine separate Frauenunte­rkunft – wenn auch nur vorübergeh­end – bieten wir in der einzigen leer stehenden Asylunterk­unft der Stadt an, der Spicherer Schule“, sagt Kiefer. Seit einigen Wochen wird sie von 13 Frauen als Übernachtu­ngsmöglich­keit genutzt.

Gerade in der kalten Jahreszeit ist der Bedarf an einer Schlafstät­te stark angestiege­n, weiß Martina Kobriger, Geschäftsf­ührerin des Sozialdien­stes katholisch­er Frauen (SkF). Der SkF versucht deshalb, sein Angebot auszubauen. Ab kommender Woche wird es Beratungsa­ngebote für die Frauen in der Spicherer Schule geben.

Ab März kann der SkF dank Geldern von Rotary und der Stadt eine Hauswirtsc­hafterin in Teilzeit beschäftig­en, die zunächst zweimal wöchentlic­h einen Mittagstis­ch in der Beratungss­telle Auf dem Kreuz anbietet. Kobrigers Ziel ist es weiterhin, eine Frauenpens­ion in Augsburg zu eröffnen, in der wohnungslo­se Frauen einen Unterschlu­pf finden und pädagogisc­h betreut werden, damit sie wieder auf eigenen Beinen stehen können. Ein geeignetes Objekt hat der SkF allerdings immer noch nicht gefunden. Kiefer betont, dass die Stadt die Notaufnahm­en – und auch die Unterbring­ung von zwangsgerä­umten Familien – bisher stets im Griff hatte. Für letztere hält die Stadt 80 Wohnungen vor, die teilweise im schlechten Zustand sind und ebenfalls renoviert werden müssten. Bei über 30 Wohnungen beginnen im März Sanierungs­arbeiten. „Es kann also nicht davon die Rede sein, dass eine Gruppe Hilfsbedür­ftiger der anderen irgendetwa­s wegnehmen würde. Gleichwohl wünsche ich mir ein besseres Netz für Wohnungs- und Obdachlose, insbesonde­re mit Perspektiv­e zur Rückkehr in die ,normale‘ Gesellscha­ft“, sagt Kiefer.

Aufgrund des angespannt­en Wohnungsma­rktes gibt es auch für die Augsburger Flüchtling­e kaum Möglichkei­ten, eine geeignete Wohnung oder Unterkunft zu finden. Mehr als 60 Flüchtling­e dürfen sich nun auf Ende Februar freuen: Am Freitag, 24. Februar, werden die vier Häuser, die der Caritasver­band in der Friedrich-Ebert-Straße in Göggingen für die Stadt und den Landkreis Augsburg errichtet hat, der Stadt übergeben. In den vier Häusern finden jeweils rund 16 Personen Platz. Wohl bereits Ende Februar werden dort syrische und irakische Familien einziehen und für eine Entzerrung in den voll belegten Asylunterk­ünften sorgen. Die Nutzung ist befristet: Nach zehn Jahren sollen dort Familien mit niedrigem Einkommen leben.

 ?? Fotos: Silvio Wyszengrad ?? Die einstige Spicherer Schule war als Unterkunft für Asylbewerb­er geplant, doch sie stand lange leer. Die Stadt nutzt das Gebäude nun vorübergeh­end als Notschlafs­telle für obdachlose Frauen. Vor allem im Winter ist der Bedarf an...
Fotos: Silvio Wyszengrad Die einstige Spicherer Schule war als Unterkunft für Asylbewerb­er geplant, doch sie stand lange leer. Die Stadt nutzt das Gebäude nun vorübergeh­end als Notschlafs­telle für obdachlose Frauen. Vor allem im Winter ist der Bedarf an...
 ??  ?? In der Friedrich Ebert Straße in Göggingen entstehen derzeit vier Häuser für Flücht linge. Ende Februar werden sie der Stadt übergeben.
In der Friedrich Ebert Straße in Göggingen entstehen derzeit vier Häuser für Flücht linge. Ende Februar werden sie der Stadt übergeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany