Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ziehen Obdachlose in Asylunterkünfte?
Soziales Bezahlbarer Wohnraum ist in Augsburg kaum mehr zu finden. Gerade Menschen ohne festen Wohnsitz und Flüchtlinge tun sich in diesen Zeiten schwer. Aber es gibt auch Erfolgsmeldungen
Obdachlose sollten die leer stehenden Asylunterkünfte in der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen. So lautete die Forderung vieler Augsburger in diesem Winter. Zwei Themen wurden dabei zusammengebracht: Die Sozialverbände beklagen, dass es immer mehr Frauen und Männer ohne festen Wohnsitz gebe. Auf der anderen Seite stehen viele Asylunterkünfte der Regierung von Schwaben leer – und kosten Millionen Euro an Mietkosten.
Wie es aussieht, wird die Stadt nun tatsächlich auf eine leer stehende Einrichtung für Asylbewerber der Regierung von Schwaben zurückgreifen, nämlich dann, wenn die städtische Obdachlosenunterkunft in der Johannes-Rösle-Straße im Herbst generalsaniert wird. Die Situation der wohnungslosen Augsburger hat sich seit Monaten verschärft, weil es in der Einrichtung im Herbst brannte und seitdem das Erdgeschoss nicht mehr genutzt werden kann. Birgit Linke, Pressesprecherin der Regierung, bestätigt: „Wir haben der Stadt Augsburg mehrere Objekte unserer Erstaufnahmeeinrichtungen für eine vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen genannt. Die Stadt prüft derzeit, ob sie hinsichtlich ihres Standortes sowie der baulichen Ausgestaltung für ihre Zwecke geeignet sind.“Eine geeignete Unterkunft zu finden, ist nämlich gar nicht so einfach. Sozialbürgermeister Stefan Kiefer (SPD): „Es macht wenig Sinn, eine solche Notaufnahme an die Peripherie zu legen. Sie muss einigermaßen zentral liegen.“
Die für Asylbewerber gedachten Erstaufnahmeeinrichtungen liegen meist in Industriegebieten in Stadtrandlage. In den großen Hallen, die in Einheiten für bis zu sechs Betten unterteilt sind, gibt es oft gar keine Kochgelegenheiten, da für die Flüchtlinge meist die Dienste eines Caterers in Anspruch genommen werden. Baugenehmigungen oder Brandschutzverordnungen sind auf diesen Zweck ausgerichtet – und nicht auf eine längerfristiger Unterbringung von Obdachlosen.
Eine Einrichtung konnte dennoch umgenutzt werden: „Eine separate Frauenunterkunft – wenn auch nur vorübergehend – bieten wir in der einzigen leer stehenden Asylunterkunft der Stadt an, der Spicherer Schule“, sagt Kiefer. Seit einigen Wochen wird sie von 13 Frauen als Übernachtungsmöglichkeit genutzt.
Gerade in der kalten Jahreszeit ist der Bedarf an einer Schlafstätte stark angestiegen, weiß Martina Kobriger, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Der SkF versucht deshalb, sein Angebot auszubauen. Ab kommender Woche wird es Beratungsangebote für die Frauen in der Spicherer Schule geben.
Ab März kann der SkF dank Geldern von Rotary und der Stadt eine Hauswirtschafterin in Teilzeit beschäftigen, die zunächst zweimal wöchentlich einen Mittagstisch in der Beratungsstelle Auf dem Kreuz anbietet. Kobrigers Ziel ist es weiterhin, eine Frauenpension in Augsburg zu eröffnen, in der wohnungslose Frauen einen Unterschlupf finden und pädagogisch betreut werden, damit sie wieder auf eigenen Beinen stehen können. Ein geeignetes Objekt hat der SkF allerdings immer noch nicht gefunden. Kiefer betont, dass die Stadt die Notaufnahmen – und auch die Unterbringung von zwangsgeräumten Familien – bisher stets im Griff hatte. Für letztere hält die Stadt 80 Wohnungen vor, die teilweise im schlechten Zustand sind und ebenfalls renoviert werden müssten. Bei über 30 Wohnungen beginnen im März Sanierungsarbeiten. „Es kann also nicht davon die Rede sein, dass eine Gruppe Hilfsbedürftiger der anderen irgendetwas wegnehmen würde. Gleichwohl wünsche ich mir ein besseres Netz für Wohnungs- und Obdachlose, insbesondere mit Perspektive zur Rückkehr in die ,normale‘ Gesellschaft“, sagt Kiefer.
Aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes gibt es auch für die Augsburger Flüchtlinge kaum Möglichkeiten, eine geeignete Wohnung oder Unterkunft zu finden. Mehr als 60 Flüchtlinge dürfen sich nun auf Ende Februar freuen: Am Freitag, 24. Februar, werden die vier Häuser, die der Caritasverband in der Friedrich-Ebert-Straße in Göggingen für die Stadt und den Landkreis Augsburg errichtet hat, der Stadt übergeben. In den vier Häusern finden jeweils rund 16 Personen Platz. Wohl bereits Ende Februar werden dort syrische und irakische Familien einziehen und für eine Entzerrung in den voll belegten Asylunterkünften sorgen. Die Nutzung ist befristet: Nach zehn Jahren sollen dort Familien mit niedrigem Einkommen leben.