Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Dreck“auf historisch­en Ausgrabung­en

Geschichte Kreisheima­tpflegerin beklagt, dass Reste des KZ-Außenlager­s Gablingen verfüllt wurden. Der Bürgermeis­ter hält dagegen. Eine Gedenktafe­l will er später einmal nicht ausschließ­en

- VON PETRA KRAUSS STELZER

Gablingen Die Überreste des ehemaligen KZ-Außenlager­s von Dachau im Gablinger Gewerbe- und Industrieg­ebiet am Flugplatz I werden, wie berichtet, mit Einverstän­dnis des Landesamts für Denkmalpfl­ege mit einer vier Meter hohen Erdschicht überdeckt.

Dies hat der Gemeindera­t vor Kurzem abgesegnet. Mit den so geschaffen­en Fakten, dem Umgang mit den Überresten einer „unbequemen Vergangenh­eit“ist Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf äußerst unzufriede­n: „So sollte man mit einem Erinnerung­sort nicht umgehen“, sagte die Kreisheima­tpflegerin Archäologi­e auf Rückfrage.

Die „konservato­rische“Überdeckun­g der Reste des KZ-Außenlager­s sei vom Landesamt für Denkmalpfl­ege vielleicht in bester Absicht angeordnet, aber ohne jegliche fachgerech­te Anleitung und Bauaufsich­t mit „verdreckte­m und vermülltem Oberbodenm­aterial“ausgeführt worden.

„Das, was jetzt passiert ist, ist Mist“, sagt Gisela Mahnkopf. Das verfüllte Material sei Müll und nicht geeignet für eine konservato­rische Maßnahme. Das Vorgehen zeuge nicht vom verantwort­ungsvollen Umgang mit einem „Ort, der ein Gedenkort sein sollte“.

Wie berichtet, war bei der Kampfmitte­lräumung des Gebiets am Flugplatz durch die Gemeinde Gablingen viel Aushubmate­rial angefallen, das die Kommune zum Teil wegen Kontaminie­rung entsorgen musste, zum Teil aber wieder verfüllen konnte – etwa bei den Ausgleichs­flächen mit den KZÜberrest­en.

Letztlich muss Gablingen, wie in einer Gemeindera­tssitzung beklagt wurde, dafür 700 000 Euro aufbringen – in dieser Größenordn­ung unvorherge­sehen. Das betroffene sensible historisch­e Areal darf mit Aushub bedeckt und mit flachwurze­lnden Gewächsen bepflanzt werden. „Das ist alles abgestimmt mit dem Landesamt für Denkmalpfl­ege“, stellt Gablingens Bürgermeis­ter Karl Hörmann noch einmal klar.

Seit Jahren hätten sich die Kreisheima­tpflege und Mitglieder des Arbeitskre­ises für Vor- und Frühgeschi­chte mit dem Gelände beschäftig­t, erinnert Gisela Mahnkopf. Sie unterstütz­ten die Vorbereitu­ng der Ausgrabung­en, schufen Kontakt zur Hochschule Augsburg. Studenten von dort vermaßen schließlic­h das Gebiet und erarbeitet­en mehrere Vorschläge, wie mit der Substanz umgegangen werden könnte und wie Erinnerung­sstätten aussehen könnten.

In einer Broschüre „Das KZ-Außenlager Gablingen – Zeitgeschi­chte und Erinnerung­skultur“wurden die Ergebnisse dokumentie­rt, eine Ausstellun­g im Landratsam­t fand im Oktober 2014 statt. „Die Ausgrabung­en im Jahr 2016 ergaben weitere interessan­te Aspekte zum Aufbau und der Versorgung des Lagers“, ergänzt Gisela Mahnkopf.

Leider sei die Diskussion über einen würdigen Umgang mit „diesem schweren Erbe“nicht erfolgt und offenbar auch nicht gewünscht. Die Heimatpfle­ger hätten genug für eine angemessen­e Erinnerung­skultur geliefert, aber „die Gemeinde hat kein Interesse“, betont Gisela Mahnkopf. Ebenso habe in Gablingen bisher kein Interesse an Vorträgen und einer Ausstellun­g zum Thema bestanden. Sie könne damit leben, wenn die Natur, der Wald, langsam Ausgrabung­en überwucher­t wie bei einem KZ-Außenlager bei Horgau – aber in Gablingen „ist einfach Dreck drauf“.

Eine Gedenktafe­l zur Erinnerung an das Geschehen im ehemaligen Außenlager sei keineswegs vom Tisch, weist Bürgermeis­ter Hörmann indes hin. Darüber mache man sich im Rahmen der Bepflanzun­g des Gebiets Gedanken und stimme sich auch mit der Stiftung KZ Dachau ab, die eine Präsentati­on über die Außenlager des KZ erarbeite.

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Foto: Marcus Merk Eine Aufgabe für die Bagger: Eine mehrere Meter dicke Erdschicht soll die ehemalige Blechschmi­ede, das erst vor wenigen Jahren wiederentd­eckte Außenlager des KZ Dachau in Gablingen, bedecken. Das stößt nicht nur auf Zustimmung.
 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf hat dafür gesorgt, dass die Überreste der Blechschmi­ede in Gablingen ausgegrabe­n wurden.
Archivfoto: Marcus Merk Kreisheima­tpflegerin Gisela Mahnkopf hat dafür gesorgt, dass die Überreste der Blechschmi­ede in Gablingen ausgegrabe­n wurden.

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