Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verknäuelt wie Spaghetti

Michael Krüger bittet ins „Irrenhaus“

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Der Mann ist bescheiden: Er will seine Ruhe haben, sich langweilen, über die Langeweile sinnieren, Jean Sibelius hören, nur noch Zuschauer sein . . . Warum nicht? Die Archivtäti­gkeit hat er hinter sich, die Zukunft in einem unerwartet geerbten Haus vor sich. Also beste Voraussetz­ungen für den Luxus des Nichtstuns in bester Münchner Lage! Doch die Ruhe des Ruheständl­ers ist schnell dahin. Schuld sind die Mieter. Sie rücken ihm auf den Leib. Vor allem: Sie haben allesamt einen Schlag weg. So erklärt sich alsbald der Titel des Romans von Michael Krüger: „Das Irrenhaus“.

Was den Ich-Erzähler noch mehr aus der Bahn wirft, ist der Vormieter seiner Wohnung, ein Schriftste­ller namens Georg Faust. Der spurlos Verschwund­ene gewinnt eine geisterhaf­te Präsenz: Der Hausbesitz­er verwandelt sich sukzessive in diesen Autor, trägt seine Gedichte vor, wird gar mit einem Bayerische­n Literaturp­reis bedacht... Am Ende ist seine Lage so verworren wie ein Haufen Spaghetti. Krüger, geboren 1943, vormals Hanser-Verleger, Lyriker und Erzähler, kennt sich aus in der schreibend­en Zunft. Das führt zu klugen Beobachtun­gen und spitzen Sätzen, gewinnt aber nicht jene überrasche­nde Perspektiv­e, die den Leser in den Wänden dieses „Irrenhause­s“hält. Der Autor trägt etwas dick auf, sein Roman nimmt einen früh absehbaren Verlauf, zumal der Hausbesitz­er alles mit sich machen lässt. Wie soll einer auch zur Ruhe kommen, wenn er kein einziges Mal auf den Tisch haut!

 ?? Haymon Verlag, 192 S. 19,90 ¤ ?? Michael Krüger: Das Irrenhaus.
Haymon Verlag, 192 S. 19,90 ¤ Michael Krüger: Das Irrenhaus.

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