Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf schwieriger Mission
Neuvorstellung Als Aushängeschild ist der Civic zum Erfolg verdammt. Honda setzt auf Sportlichkeit und Sicherheit
Wenn ein Auto in die zehnte Auflage geht, dann ist das durchaus etwas Besonderes. So einen Stammbaum hat nicht jeder. Zum Vergleich: Der VW Golf, eins der meistverkauften Fahrzeuge weltweit, befindet sich derzeit in seiner siebten Generation.
Entsprechend groß dürften Druck und Ansporn für die Honda-Ingenieure gewesen sein, als es an die Entwicklung des neuen Civic ging – und entsprechend ambitioniert klingen die Ziele. Das neue Aushängeschild soll – na klar – der „beste Civic aller Zeiten“sein. Erstmals wurde dafür global entwickelt. Will heißen: Keine eigenständigen Ableger, sondern nur minimale Anpassung in den verschiedenen Märkten.
Ob diese Strategie aufgeht, wird sich zeigen. In Deutschland kommt der kompakte Fünftürer am 18. März auf den Markt. Was man allerdings schon jetzt sagen kann: Gemessen an den eigenen Vorgaben – dynamischer und fortschrittlicher – ist der neue Civic im Soll. Schon die Motorisierung ist (ungewöhnlich) sportlich: Im Angebot sind zunächst lediglich zwei Benziner: Ein 1,0-Liter-Dreizylinder sowie ein 1,5-Liter-Vierzylinder mit 129 bzw. 182 PS, beide mit Turbolader. Der Super-Sportler Type R soll im Laufe des Jahres folgen, ein Diesel Anfang 2018.
Auch beim Äußeren stand der Fitness-Gedanke offensichtlich im Vordergrund. Der neue Civic hat im Vergleich zu seinem Vorgänger an den richtigen Stellen abgespeckt bzw. aufgebaut, ist mit 4,52 Metern länger (plus 15 Zentimeter), breiter und flacher geworden. Die „Magic Seats“im Fonds wurden geopfert, der Tank dafür wieder unter den Rücksitzen platziert. Der Fahrersitz konnte so gleich um 3,5 Zentimeter tiefergelegt werden.
Design des Honda Civic bleibt weiter Geschmackssache
Damit wird bereits beim Einsteigen deutlich: Der neue Civic ist keiner, der durch die Gegend rollt – er will gefahren werden. Das Cockpit verströmt fast schon Rennsport-Atmosphäre: Die Armaturen sind fordernd auf den Fahrer zugeschnitten, die Tachoanzeige ist wieder digital und erinnert ein bisschen an „Need for Speed“auf der Spielekonsole.
Und genau so verhält sich der Civic auch auf der Straße. Selbst der kleine Dreizylinder bringt seine Leistung optimal auf den Asphalt. Dazu gibt sich der Japaner drehfreudig und liegt felsenfest auf der Straße. Im Zusammenspiel mit den kurzen Schaltwegen und der agilen Lenkung kreiert das ein Fahrgefühl, das man eigentlich nur von höherpreisigen Sportlern kennt – zumindest solange man selber schaltet. Die stufenlose CVT-Automatik ist zwar verbessert, insgesamt jedoch weiter unausgegoren und befindet sich bei sportlicher Fahrweise ständig auf eideutlich ner nervigen Suche nach dem richtigen Drehzahlbereich.
Ebenfalls polarisieren dürfte das Exterieur. Zwar ist das Design des neuen Civic nicht mehr ganz so futuristisch-abgehoben wie beim Vorgänger, es bleibt jedoch Geschmackssache. Die Honda-Entwickler haben stark auf Ecken und Kanten gesetzt. Vor allem Heck und Front wirken dadurch unruhig, was von der Vielzahl an verbauten Materialien noch verstärkt wird: Kunststoff in Klavierlack-Optik beim Heckspoiler, matter Kunststoff an den überdimensionierten PseudoLufteinlässen, Chrom an den Fenstern – definitiv zu viel.
Doch nicht nur wegen der speziellen Optik dürfte es der Civic nicht einfach haben, (s)eine Zielgruppe zu finden. Ganz offiziell will man sich bei Honda mit Golf und Co. messen. Doch VWs Topseller oder auch Opels Astra und der Civic haben in etwa so viel gemein wie ein schicker Leder-Sneaker und ein funktionaler Laufschuh. Optik und Leistung dürften daher eher ein junges Publikum ansprechen. Ob das allerdings bei Größe und Preis mitzieht, ist fraglich. Zwar gibt es das kamerabasierte Sicherheitspaket mit Spurhalteassistent, automatischer Abstandsregelung, Verkehrszeichenerkennung und intelligentem Tempomat serienmäßig. Das kostet allerdings. Mit Einstiegspreisen von 19990 Euro für den Dreizylinder und 27960 Euro für den Vierzylinder wird der neue Civic damit nicht gerade zum Schnäppchen.