Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Berliner in unserer Region?
Warum das Wort Radau hier nicht nur für Lärm steht
Landkreis Augsburg/Augsburg Manche Ortsbezeichnung fordert geradezu zum Kalauern auf. So wohnt der Autor dieser Serie beispielsweise in der Nähe des Holzwegs in Augsburg. Wenn er auswärtigen Freunden, die ihn besuchen wollen, die Lage erklärt, formuliert er es oft so: „Wenn ihr auf dem Holzweg seid, seid ihr nicht auf dem im übertragenen Sinn gemeinten, nein, ihr seid vielmehr richtig...“
Auch die Bewohner unseres heutigen Ortes, besser Ortsteils, könn(t)en trefflich albern. Sie leben in einer einstigen Einöde, die sich durch einen hohen Lärmpegel auszeichnet, so jedenfalls lässt der Name vermuten.
Der Duden ist gefragt. Und dort finden wir die Erklärung der Bedeutung des Ortsnamens, nämlich Lärm und Krach – natürlich wissen jetzt schon viele Leser, dass wir in einem Teil Augsburg-Göggingens sind, in Radau.
Verwirrend ist die Herkunftserklärung des Dudens. Er vermutet Berliner Mundart. Ja, ist es denn möglich, dass sich hier in Göggingen oder „Geginga“, wie es einst hieß, einst Berliner niedergelassen haben? Vielleicht sind ja auch die Krapfen hier erfunden worden.
Alles natürlich Quatsch. Wenngleich sowohl Berlin als auch Radau erstmals im 13. Jahrhundert schriftliche Erwähnung in Urkunden finden. Erstaunlich bleibt auch, dass der Name unserer Hauptstadt sprachgeschichtlich etwas mit Sumpf zu tun hat und Radau mit feuchter Uferaue, wie Professor Walter Pötzl erläutert. Wahrscheinlich gab es einst ein Reichsgut mit Namen „Radowe“. Tatsächlich findet man in den Annalen etwa einen „Hermann de Radowe“. 130, etwa 100 Jahre später, ist von einem Schloss „Radau“die Rede.
Dr. Heinz Münzenrieder, ehemaliger Augsburger Stadtdirektor und überzeugter Gögginger, berichtet im Augsburger Stadtlexikon, dass Schloss Radau gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges von schwedischen und französischen Truppen, die Augsburg belagerten, zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Der Ort kam dann 1803 zu Bayern und wurde 1808 nach Göggingen eingemeindet, wohin er pfarrmäßig schon zuvor gehört hatte.