Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gefangener attackiert Mithäftling mit einer Stichwaffe
Die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet. Warum die Ermittler sogar von versuchter Tötung ausgehen
Kaisheim 25 Häftlinge arbeiten an diesem Donnerstagnachmittag in der Schneiderei der JVA in Kaisheim. Es ist alles ruhig. Nichts deutet auf einen Streit oder Vorfall hin. Gegen 15.45 Uhr machen sich die Insassen auf den Weg zurück zum Zellentrakt, als es geschieht: Drei Inhaftierte geraten in eine körperliche Auseinandersetzung. In deren Verlauf greift ein 28-jähriger Insasse kosovarischer Herkunft einen 32-jährigen Türken mit einem spitzen Gegenstand an. Das bestätigte die Polizei am Freitag.
Der 32-Jährige trug eine Stichverletzung am Unterarm davon, zudem habe er sich ein Hämatom im Gesicht von einem Schlag zugezogen, wie Friedhelm Kirchhoff, Direktor der JVA Kaisheim, mitteilt. Die Tat ereignete sich in einem Treppenhaus der Haftanstalt. Obwohl sich Justizbeamte nicht in unmittelbarer Nähe des Geschehens aufhielten, konnten sie den Streit schnell beenden. Um die Verletzungen ärztlich versorgen zu lassen, wurde der Angegriffene zu einer ambulanten Behandlung ins Krankenhaus Donauwörth gebracht. Von dort kam der 32-Jährige auf die Krankenstation der JVA.
Streit unter Inhaftierten sei in einem Gefängnis mit Platz für über 600 Gefangene an der Tagesordnung, erklärt Kirchhoff: „Solche Auseinandersetzungen gibt es häufiger, allerdings gehen diese meist glimpflich aus.“Auch dieser Zwischenfall hatte keine schwerwiegenden Verletzungen zur Folge. Das hätte allerdings auch anders kommen können.
Die Kriminalpolizei in Dillingen und die Augsburger Staatsanwaltschaft haben sich eingeschaltet. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Angriff mit der Stichwaffe dem Oberkörper des 32-jährigen Gefängnisinsassen galt. „Der Gefangene hat ausgesagt, dass er versucht hat, mit dem Arm die Attacke des Angreifers abzuwehren. Man muss also durchaus davon ausgehen, dass der mutmaßliche Täter den Körper des Opfers anvisiert hat“, erklärt Kirchhoff das Geschehen. Deshalb lautet der Vorwurf: Verdacht auf versuchte Tötung.
Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei wollen nun klären, um welchen spitzen Gegenstand es sich genau handelte. Dass der 28-jährige Täter dabei eine Schere aus der Gefängnisschneiderei mitgehen ließ, konnten die Ermittler nicht bestätigen. Über den exakten Tathergang herrscht momentan ebenso Unklarheit wie über das Motiv des Angreifers. Es soll unter anderem geklärt werden, ob sich die Auseinandersetzung zwischen den Inhaftierten durch Provokationen eventuell angekündigt hat.
Auch die JVA in Kaisheim versucht in Zusammenarbeit mit den Ermittlern, die Tat und deren Ablauf aufzuklären.