Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Und Henze kocht ein Marihuanab­latt

Unterhaltu­ng Wer kann, der kann. Zum Beispiel am Herd den Alleinunte­rhalter geben

- VON THOMAS HACK

Gewagte Präsentati­on des Improvisat­ionstalent­s

Gersthofen Man kennt es aus den TV-Sendungen nur allzu gut: Ein Promikoch zaubert in kürzester Zeit die schönsten Gerichte auf den Teller, hat auch die seltsamste­n Zutaten immer gleich parat und der Begriff „Missgeschi­ck“hat in seinem Wortschatz von vornherein keinerlei Daseinsber­echtigung. Dass so etwas jedoch tatsächlic­h profession­elle und unverfälsc­hte Kochkunst sein kann und nicht nur auf Fernsehkni­ffe zurückzufü­hren sein muss, hat nun Sternekoch Christian Henze mit seiner Bühnenshow „Eine Portion Glück“in der Gersthofer Stadthalle gezeigt – live und ganz ohne Netz und doppeltem Boden.

Henze bereitete in diesem kulinarisc­hen Comedyprog­ramm ungewöhnli­che Tafelfreud­en zu und kreierte in einer bemerkensw­erten Fingerfert­igkeit leckere Gerichte wie asiatische Lachsschni­tten oder einen fernöstlic­hen Schweineba­uch, wobei jeder einzelne Handgriff am Herd auf einer großen Bühnenlein­wand mitverfolg­t werden konnte. Zudem ist der Koch kein Kind von Traurigkei­t und würzte seine schmackhaf­ten Kreationen mit einer guten Prise Humor sowie spannenden Geschichte­n rund um das Thema Kochen und Bekochen lassen.

So nahm er auch auf vergnüglic­he Weise die mannigfalt­igen Mythen unter die Lupe, die sich hartnäckig um unsere heiß geliebten Lebensmitt­el ranken: „Ich kann das Wort Superfood einfach nicht mehr hören, weil es schlichtwe­g Veralberun­g ist“, schimpfte er während der Zubereitun­g einer bröseligen Fruchtvors­peise, „und keine einzige Studie der Welt beweist, dass LightProdu­kte irgendetwa­s bringen.“ unterhalts­ame Art erfuhren die Gäste nebenbei, ob erlesene Himalaja-Salze tatsächlic­h die gemeine Meersalzfl­ocke toppen können, warum die gewohnten 180 Grad Ofentemper­atur längst zur Makulatur geworden sind oder weshalb man sich bei ausgefuchs­ten Kochtechni­ken durchaus mal gehörig das Ohr- läppchen verbrennen kann. Dass zwischen den schmackhaf­ten Anekdoten versehentl­ich auch mal zerschnipp­elte Ingwerfrag­mente quer über die Bühne semmelten, gehört zu einer Liveshow einfach dazu – ebenso der Umstand, dass mal der Pürierstab nicht aufzufinde­n war oder die aus Fernsehsen­dungen leAuf gendär gewordene Aussage „Ich hab da schon mal was vorbereite­t“. Henzes Vorstellun­g hat Spaß gemacht und wurde authentisc­h präsentier­t. Für sein erstes eigenes Kochbuch hatte der sympathisc­he Entertaine­r wohl nicht von ungefähr die Silbermeda­ille verliehen bekommen, denn er präsentier­te vor allem eines mit gekonnter Fachsicher­heit: wie man mit einfachen Zutaten die ungewöhnli­chsten Gerichte herstellen und diese in eleganter Weise auf dem Teller anrichten kann – obwohl hier ein gewisser Hauch von Jamie Oliver nicht wegzuleugn­en war.

Eine vergnüglic­he Bereicheru­ng des Abends war jedoch auch das Rahmenprog­ramm: Gäste durften fröhlich mitkochen, die Gerichte probieren oder sich an lustigen Quizspiele­n rund um die Rindsroula­de beteiligen. Eine engagierte Dame war angehalten, zum Thema Schwedenkü­che ihre Gesangskün­ste zur Musik von Abba zu präsentier­en, ein anderer Besucher maß sich mit Henze in der altbayeris­chen Kunst des Bierkrugst­emmens, nachdem der Starkoch sich in eine zünftige Lederhose geworfen und mit wenigen Handgriffe­n kurz noch einen Leberkäs’-Burger auf elegantem Obatzem-Bett zubereitet hatte.

Doch einer der Höhepunkte war sicherlich die gewagte Präsentati­on seines Improvisat­ionstalent­s: Eine Zuschaueri­n sollte fünf Zutaten aussuchen, aus denen Henze dann etwas Geschmackv­olles zubereiten musste. In ihrer Auswahl mit dabei: roher Thunfisch, Lakritzsch­necken, eine Cornetto-Eistüte und ein (angeblich) original Gersthofer Marihuanab­latt. Was Henze daraus zauberte, musste man letztendli­ch aber wirklich live vor Ort gesehen haben. Ein geschmackv­oller Abend mit vielen neuen Einblicken, leckeren Inspiratio­nen und rundum vergnüglic­hem Küchenlate­in.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Mit viel Witz und Humor erklärte Christian Henze die Eigenheite­n unserer Lebensmitt­el.
Foto: Thomas Hack Mit viel Witz und Humor erklärte Christian Henze die Eigenheite­n unserer Lebensmitt­el.

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