Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Und Henze kocht ein Marihuanablatt
Unterhaltung Wer kann, der kann. Zum Beispiel am Herd den Alleinunterhalter geben
Gewagte Präsentation des Improvisationstalents
Gersthofen Man kennt es aus den TV-Sendungen nur allzu gut: Ein Promikoch zaubert in kürzester Zeit die schönsten Gerichte auf den Teller, hat auch die seltsamsten Zutaten immer gleich parat und der Begriff „Missgeschick“hat in seinem Wortschatz von vornherein keinerlei Daseinsberechtigung. Dass so etwas jedoch tatsächlich professionelle und unverfälschte Kochkunst sein kann und nicht nur auf Fernsehkniffe zurückzuführen sein muss, hat nun Sternekoch Christian Henze mit seiner Bühnenshow „Eine Portion Glück“in der Gersthofer Stadthalle gezeigt – live und ganz ohne Netz und doppeltem Boden.
Henze bereitete in diesem kulinarischen Comedyprogramm ungewöhnliche Tafelfreuden zu und kreierte in einer bemerkenswerten Fingerfertigkeit leckere Gerichte wie asiatische Lachsschnitten oder einen fernöstlichen Schweinebauch, wobei jeder einzelne Handgriff am Herd auf einer großen Bühnenleinwand mitverfolgt werden konnte. Zudem ist der Koch kein Kind von Traurigkeit und würzte seine schmackhaften Kreationen mit einer guten Prise Humor sowie spannenden Geschichten rund um das Thema Kochen und Bekochen lassen.
So nahm er auch auf vergnügliche Weise die mannigfaltigen Mythen unter die Lupe, die sich hartnäckig um unsere heiß geliebten Lebensmittel ranken: „Ich kann das Wort Superfood einfach nicht mehr hören, weil es schlichtweg Veralberung ist“, schimpfte er während der Zubereitung einer bröseligen Fruchtvorspeise, „und keine einzige Studie der Welt beweist, dass LightProdukte irgendetwas bringen.“ unterhaltsame Art erfuhren die Gäste nebenbei, ob erlesene Himalaja-Salze tatsächlich die gemeine Meersalzflocke toppen können, warum die gewohnten 180 Grad Ofentemperatur längst zur Makulatur geworden sind oder weshalb man sich bei ausgefuchsten Kochtechniken durchaus mal gehörig das Ohr- läppchen verbrennen kann. Dass zwischen den schmackhaften Anekdoten versehentlich auch mal zerschnippelte Ingwerfragmente quer über die Bühne semmelten, gehört zu einer Liveshow einfach dazu – ebenso der Umstand, dass mal der Pürierstab nicht aufzufinden war oder die aus Fernsehsendungen leAuf gendär gewordene Aussage „Ich hab da schon mal was vorbereitet“. Henzes Vorstellung hat Spaß gemacht und wurde authentisch präsentiert. Für sein erstes eigenes Kochbuch hatte der sympathische Entertainer wohl nicht von ungefähr die Silbermedaille verliehen bekommen, denn er präsentierte vor allem eines mit gekonnter Fachsicherheit: wie man mit einfachen Zutaten die ungewöhnlichsten Gerichte herstellen und diese in eleganter Weise auf dem Teller anrichten kann – obwohl hier ein gewisser Hauch von Jamie Oliver nicht wegzuleugnen war.
Eine vergnügliche Bereicherung des Abends war jedoch auch das Rahmenprogramm: Gäste durften fröhlich mitkochen, die Gerichte probieren oder sich an lustigen Quizspielen rund um die Rindsroulade beteiligen. Eine engagierte Dame war angehalten, zum Thema Schwedenküche ihre Gesangskünste zur Musik von Abba zu präsentieren, ein anderer Besucher maß sich mit Henze in der altbayerischen Kunst des Bierkrugstemmens, nachdem der Starkoch sich in eine zünftige Lederhose geworfen und mit wenigen Handgriffen kurz noch einen Leberkäs’-Burger auf elegantem Obatzem-Bett zubereitet hatte.
Doch einer der Höhepunkte war sicherlich die gewagte Präsentation seines Improvisationstalents: Eine Zuschauerin sollte fünf Zutaten aussuchen, aus denen Henze dann etwas Geschmackvolles zubereiten musste. In ihrer Auswahl mit dabei: roher Thunfisch, Lakritzschnecken, eine Cornetto-Eistüte und ein (angeblich) original Gersthofer Marihuanablatt. Was Henze daraus zauberte, musste man letztendlich aber wirklich live vor Ort gesehen haben. Ein geschmackvoller Abend mit vielen neuen Einblicken, leckeren Inspirationen und rundum vergnüglichem Küchenlatein.