Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Brennende Strohpuppe als großes Spektakel?
Scheibenfeuer Bürgermeister weist Kritik am Brauch zurück: Das hat nichts mit grausamen Hexenverbrennungen zu tun
Landkreis Augsburg Es ist ein finsteres Kapitel Heimatgeschichte, das sich nach dem Mittelalter im Augsburger Land abspielte: Wer der Hexerei bezichtigt war, wurde gequält und auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Auch heute gibt es die Feuer im Landkreis – sie sind wie in Langenneufnach Bestandteil des Brauchtums, das den Winter austreiben und das Böse abwenden soll. Dass in den Flammen sichtbar eine Strohpuppe verbrannt wird, stößt einigen Lesern auf. In Briefen an die Redaktion äußerten sie ihren Unmut. Darf heute ein Brauch praktiziert werden, bei dem eine brennende Strohpuppe zum Spektakel wird?
Langenneufnachs Bürgermeister Josef Böck schüttelt den Kopf: „Brauchtum muss bleiben. Die Gemeinde findet Brauchtum gut und wünscht sich, dass er aufrechterhalten bleibt.“Böck hält die Reaktionen für übertrieben. Er sagt: „Man sollte die Kirche doch bitte im Dorf lassen. Wenn bald jedes Brauchtum infrage gestellt wird, dann gute Nacht.“Die Hexe, die in Langenneufnach verbrannt wird, symbolisiere den Winter. Und mit dem soll jetzt Schluss gemacht werden. Böck: „Nur das allein steht im Vordergrund. Dass es in der Geschichte auch düstere Kapitel gab, steht außer Frage.“
Heimatforscher Walter Pötzl ist dem Zeitalter, als Menschen gequält und getötet wurden, auf den Grund gegangen. „Die Menschen hatten damals kein Problem damit, eine Hexe zu verbrennen.“Der Glaube an Hexen sei lange und weit verbreitet gewesen. Sie wurden beispielsweise für Missernten verantwortlich gemacht. „Wem Hexerei vorgeworfen wurde, der bekam zwar einen Prozess“, so Pötzl. Der gründete aber auf anderen rechtlichen Grundsätzen als heute. Folter sei keine Strafe gewesen, sondern ein allgemeines Instrument der Wahrheitsfindung. Die Prozeduren, denen Verdächtigte unterzogen wurden, waren barbarisch. „Das ist sicherlich traurig“, sagt Pötzl.
Der frühere Kreisheimatpfleger beschrieb in einer Seminarreihe des Heimatvereins, wie Frauen nach sogenannten Hexenmalen untersucht wurden. In diese wurde mit besonderen Nadeln gestochen – floss kein Blut, lag der Verdacht nahe, dass die Frau eine Hexe war. Die Folge: Dem Opfer standen weitere Quälereien bevor. Prozesse gab es im Augsburger Land bis ins 18. Jahrhundert.
In Welden kam es genauso wie in Dinkelscherben zu Verfolgungen. Aus Zusmarshausen ist überliefert, dass vier „Weiber hexereihalber eingezogen wurden“, eine starb im Gefängnis, eine wurde freigelassen und zwei wurden verbrannt. Am meisten Menschen litten wohl in Schwabmünchen, denn dort wurden von 63 Verdächtigten 32 verurteilt.