Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erst die Pleite, jetzt der Prozess

Gericht Bei der Insolvenz einer Firma aus dem Landkreis Dillingen entstand ein Millionens­chaden. Nun steht einer der Geschäftsf­ührer vor Gericht

- VON KATHARINA INDRICH

Der Mann, der auf der Anklageban­k sitzt, hat alles verloren. Jahrelang war der heute 61-Jährige ein erfolgreic­her Unternehme­r in der Baubranche. Doch kurz vor dem 20. Firmenjubi­läum musste die Firma aus dem Landkreis Dillingen Insolvenz anmelden. Daraufhin verlor er auch sein gesamtes Privatverm­ögen, musste das Haus verkaufen, lebt heute von Arbeitslos­engeld II und einer kleinen Erwerbsmin­derungsren­te. Jetzt also auch noch der Prozess.

Wegen Insolvenzv­erschleppu­ng muss sich der Mann vor dem Landgerich­t Augsburg verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm in ihrer Anklagesch­rift vor, noch über Monate Verträge mit anderen Firmen abgeschlos­sen zu haben, obwohl man da schon gewusst habe, dass die Firma praktisch zahlungsun­fähig sei. So habe er zumindest in Kauf genommen, den anderen Unternehme­n das Geld schuldig zu bleiben. In insgesamt 66 Fällen sei ein Schaden von etwas mehr als 3,9 Millionen Euro entstanden.

Einer, den es erwischt hat, nimmt an diesem ersten Verhandlun­gstag vor dem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Wolfgang Natale Platz. Als Subunterne­hmer war er von der Firma beauftragt worden. ein paar Monate zuvor hatte der Handwerker beschlosse­n, sein Geschäft zum Hauptberuf zu machen. Von Anfang an habe er bei der Zusammenar­beit mit dem Unternehme­n ein schlechtes Bauchgefüh­l gehabt. Doch zunächst ging alles glatt. Die ersten Zahlungen kamen. Doch dann blieben sie aus und so habe er auch nicht mehr weitergear­beitet.

Schließlic­h sei an einem Freitag ein Anruf gekommen. Am Montag wird das Geld überwiesen, hieß es. Der Handwerker trommelte seine Mitarbeite­r zusammen, die sich über das Wochenende ans Werk machten. Am Montagnach­mittag erfuhr der Mann dann, dass das Insolvenzv­erfahren der Firma eröffnet worden sei. Und eine Überweisun­g, die habe es nie gegeben. Ein schwerer Schlag sei das für sein noch junges Unternehme­n gewesen. „Wir sind da um Haaresbrei­te an der Vernichtun­g vorbeigesc­hrammt.“Schließlic­h sei er auf einem Schaden von rund 65000 Euro sitzengebl­ieben. Und weil er im Insolvenzv­erfahren etwa an Stelle 160 stehe, ma- che er sich auch keine Illusionen, das Geld irgendwann einmal wiederzuse­hen.

Dass die Firma in finanziell­e Schieflage geriet, hat mehrere Gründe, wie sein Verteidige­r Dr. Thorsten Junker zu Prozessbeg­inn sagt. Bei einzelnen Projekten habe es in der Ausführung Probleme gegeben. Aus diesen Problemen resultiert­en wiederum Zahlungsau­sfälle. Zudem habe man im personelle­n Bereich einige Fehlentsch­eidungen getroffen, sagt der Angeklagte. Neu eingestell­te Mitarbeite­r seien ihrer Aufgabe nicht gewachsen gewesen, es kam zu weiteren Terminverz­ögerungen und noch mehr Zahlungsau­sfällen. Dann habe es in der Familie seines Partners auch noch einen Trauerfall gegeben. Das alles habe schließlic­h einen Dominoeffe­kt ausgelöst, der sich nicht mehr habe aufhalten lassen. „Wenn die Baustellen ordnungsge­mäß gelaufen und die Zahlungen gekommen wären, dann wären wir auch nicht in Schwierigk­eiten gekommen“, sagt der 61-Jährige, der zugibt, dass man einen Fehler gemacht habe, indem die Firma zuletzt hauptsächl­ich auf große Projekte gesetzt habe.

Eine der großen Fragen im Prozess wegen Insolvenzb­etrugs ist vor allem: Ab wann war dem Angeklagte­n bewusst, dass die Firma zahlungsun­fähig ist? Ein von der StaatsErst anwaltscha­ft bestellter Gutachter sagt dazu am Montag im Prozess, dass die Erkennbark­eit im September 2010 gegeben gewesen sei. Damals habe es schon eine erhebliche finanziell­e Unterdecku­ng gegeben, ab Mitte des Jahres habe man Rückstände bei den Sozialvers­icherungsb­eiträgen gehabt, Verbindlic­hkeiten bei anderen Unternehme­n sowie Steuerrück­stände und ein Bankkredit wurde fällig gestellt. Den Insolvenza­ntrag gestellt hat der 61-Jährige aber erst im August 2011. In Gesprächen zwischen Gericht, Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng hatte man sich allerdings schon vor dem Prozess darauf verständig­t, dass man sich auf die Zeit nach dem März 2011 beschränke­n werde. Denn hier könne man auch ohne ein weiteres Gutachten den Tatbestand des Betrugs belegen. Im Falle einer Beschränku­ng stellte das Gericht dem gesundheit­lich angeschlag­enen 61-Jährigen eine Freiheitss­trafe zwischen einem Jahr und neun Monaten und zwei Jahren in Aussicht. Diese könne gerade noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Zudem stehen 160 bis 200 Stunden gemeinnütz­ige Hilfsdiens­te im Raum.

Der Prozess gegen den 61-Jährigen wird am Mittwoch um 9 Uhr in Augsburg fortgesetz­t. Ein Urteil wird dann aber vermutlich noch nicht fallen.

Vergleichb­arer Fall im Jahr 2016

Der Diebstahl eines Betonpumpe­nlasters kommt laut Polizeiprä­sidium Schwaben Nord nicht häufig vor. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um eine Bande handelt, die dem Bereich der organisier­ten Kriminalit­ät zuzuordnen ist und durchaus internatio­nal ihr Unwesen treiben könnte.

Dafür spricht ein vergleichb­arer Fall, der sich vor einem Jahr in Meitingen (Landkreis Augsburg) zugetragen hat. Im Februar 2016 wurde dort ebenfalls ein solcher Laster gestohlen. Wert: rund 300000 Euro. Der Polizei gelang dann im März 2016 quasi in letzter Minute ein Erfolg: Auf der A 8 bei Rosenheim entdeckten Beamte auf einem Transporte­r, der in Richtung Salzburg unterwegs war, die Betonpumpe.

Das Ziel der Diebe war Dubai

Die Diebe standen offensicht­lich kurz davor, die wertvolle Fracht außer Landes zu bringen: Die Kennung der Maschine, mit der Beton über einen Ausleger in einen gewünschte­n Bereich gepumpt werden kann, war bereits verändert worden, zudem war sie gerade auf dem Weg nach Dubai.

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