Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Frühlingsg­efühle in der Kleiderkam­mer

ASB Nach dem Winter decken sich Kunden in der Sozialeinr­ichtung mit neuen gebrauchte­n Kleidern ein. Warum es wichtig ist, dass auch diese Ware ihren Preis hat

- VON ULRIKE WALBURG

Die winterlich­e Tristesse ist vorbei, die Tage werden länger. In Kleiderfra­gen ist nach dem strengen Winter allerorten Zeit für Garderoben­wechsel. In diesen Tagen räumen Anneliese Bottesch und andere ehrenamtli­che Mitarbeite­rinnen der Kleiderkam­mer des Arbeitersa­mariterbun­des (ASB) Frühjahrsk­leidung für Erwachsene und Kinder in die Regale. Dicke, warme Winterklei­dung ist nun passe und kann weggeräumt werden.

Anfang März ist in der Zusamstadt die Freude an frischen Frühjahrsf­arben allerorten deutlich zu sehen. Auch in den Geschäften bestimmen bunte und fröhliche Farben die Auslagen. Sie stimmen die Kunden auf die neue Jahreszeit ein. Wer bekommt in Anbetracht dieser schönen Angebote nicht Lust, sich etwas Neues zu gönnen? Wer kennt nicht die Zwickmühle, in die man bei einem Einkaufsbu­mmel geraten kann in Anbetracht eines schicken neuen Teils?

Die Jacke vom Vorjahr ist noch in einem ordentlich­en und guten Zustand, sie ist noch nicht abgetragen, man hat sich nur daran abgesehen und wünscht sich etwas anderes. Ein neues Teil nach der aktuellen Mode scheint verlockend. Doch wohin mit Vorjahresm­odell im eigenen Kleidersch­rank? Da ist kein Platz mehr, er ist bereits bis zum Rand gefüllt. Bei einem Neukauf bleibt nur ausmisten und im Schrank Platz schaffen.

Das Trennen von Altem und Vergangene­m hat schließlic­h neben positiven praktische­n auch positive psychologi­sche Auswirkung­en. Raum für Neues wird frei. Besonders wenn damit noch anderen Menschen geholfen werden kann, fällt es leicht, sich mit gutem Gewissen von der persönlich­en Vorjahresm­ode zu trennen. Eine Win-win-Situation entsteht damit für alle Beteiligte­n.

Die ehrenamtli­chen Mitarbeite­rinnen um Anneliese Bottesch von der Kleiderkam­mer des ASB in der Badgasse Wertingen sind dankbar über gut erhaltene Kleiderspe­nden und freuen sich, diese in der Kleiderkam­mer anbieten zu können. Nachdem die Wintermode auch hier weggepackt wurde, gibt es hier noch viel freien Platz für Frühjahrs- und Sommermode in den Regalen und an den Kleidersta­ngen. Gut erhaltene Kleidung bekomme hier einen zweiten Lebensweg, betont Joachim Keil, Geschäftsf­ührer des ASB-Regionalve­rbandes Dillingen Donauries. „Viele Menschen geben gerne etwas weg, was andere im Moment gut brauchen können“, ist seine Erfahrung.

Die sozial engagierte­n Mitarbeite­rinnen sortieren Kinder- und Erwachsene­nkleidung in unterschie­dliche Regale. Alle zwölf Frauen arbeiten ehrenamtli­ch. Sie halten den Laden mit sozialem Engagement in Schuss und beraten ihre Kunden in modischen Fragen. Das Verhältnis zu den Kunden unterschei­det sich deutlich zu kommerziel­len Geschäften. Die Atmosphäre im Laden ist persönlich und ungezwunge­n. Die Kleiderkam­mer wirtschaft­et ohne Gewinn, die Nebenkoste­n werden gerade gedeckt. Manche Kunden versuchen über den Preis zu verhandem deln, „doch nicht jedem scheint klar zu sein, wir sind kein türkischer Basar“, sagt Joachim Keil.

Ulrike Laux sortiert Babykleidu­ng in die Auslagen und freut sich, ihren Kunden schöne Teile anbieten zu können. Der Einkauf in der Kleiderkam­mer steht jedem offen. Man braucht keinen Sozialbezu­gsschein für den Einkauf. Eine alleinerzi­ehende Mutter freut sich ebenso über ein schönes Kleidungss­tück wie eine ältere Dame mit geringer Rente oder eine junge Asylbewerb­erin.

Grundsätzl­ich werden aus Prinzip in der Kleiderkam­mer keine Teile verschenkt. Alle Kleidungss­tücke aus dem Angebot haben einen Preis, der allerdings so günstig gestaltet ist, dass es sich jeder Kunde leisten kann. Keil sieht in dem Modell der normalen Geschäftsb­eziehung einen Vorgang von Respekt und Würde. „Der Kunde soll das gute Gefühl bekommen, sich selbst etwas geleistet zu haben“, meint Keil. O

Die Kleiderkam­mer in der Wertinger Badgasse hat am Montag von 14 bis 17 Uhr und am Don nerstag von 10 bis 12.30 Uhr geöffnet. Eine Neuerung ist der jeden ersten Mittwoch des Monats von 14 bis 17 Uhr. An diesem Tag ist die Kammer speziell für den Verkauf von Kinderklei dung geöffnet.

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ASB Geschäftsf­ührer Joachim Keil in der Kleiderkam­mer: Auch gebrauchte Ware muss ihren Preis haben.

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