Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fünf Jahre nach der Schlecker Pleite

In der Drogerie-Branche tobt ein erbitterte­r Konkurrenz­kampf

- VON SARAH SCHIERACK schsa@augsburger allgemeine.de

Dirk Roßmann ist ein Mann der deutlichen Worte. „Die Luft ist ein bisschen dünner geworden“, klagte der RossmannCh­ef, als er im vergangene­n Jahr seine Geschäftsz­ahlen präsentier­te. Der Gewinn der Drogeriema­rktkette, die sich der besseren Lesbarkeit wegen anders schreibt als ihr Chef, war zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren eingebroch­en – nicht zuletzt wegen der extremen Niedrigpre­ise, mit denen sich die Konzerne gegenseiti­g unterbiete­n. Denn was Kunden oft nicht ahnen: Hinter der Wohlfühl-Fassade von Rossmann, dm und Co. tobt ein erbitterte­r Kampf. Ein Kampf, der heute – fünf Jahre nach der Schlecker-Pleite – aggressive­r geführt wird als jemals zuvor.

25000 Mitarbeite­r verloren durch die Insolvenz des einstigen Marktführe­rs ihren Job, 5000 Filialen mussten schließen. Es war eine Zäsur, ein Schock für die gesamte Branche. Denn der tiefe Fall des einstigen Drogeriema­rktkönigs Anton Schlecker zeigt, wohin Wachstum um jeden Preis führen kann. Besonders die Kette dm, die durch das Scheitern des Konkurrent­en zur neuen Nummer eins in der Branche wurde, galt damals als der helle, freundlich­e Gegenentwu­rf zu Schlecker mit seinen verstaubte­n Läden und dem verschrobe­nen Eigentümer. Mittlerwei­le ist klar: Auch dm-Chef Erich Harsch kämpft mit harten Bandagen, um an der Spitze zu bleiben.

Denn die Schockstar­re nach der Pleite währte nicht lang. Dm und Rossmann drängten mit rasantem Tempo in die Schlecker-Lücke und eröffneten hunderte neuer Märkte. Heute teilen die Konzerne den Drogerie-Markt unter sich auf, erst weit dahinter folgen kleinere Ketten wie Müller.

Die Folge: Das Ringen um Marktantei­le wird heftiger. Das spürt auch der Kunde. Der Kampf um ihn wird direkt am Regal ausgetrage­n. Rossmann lockt mit Sonderange­boten und Rabattguts­cheinen, dm mit Dauer-Niedrigpre­isen und Müller mit einem riesigen Sortiment. Die Märkte konkurrier­en dabei nicht nur miteinande­r, sondern auch mit dem Lebensmitt­eleinzelha­ndel. Denn Aldi, Lidl, Rewe und Co. mischen im Geschäft mit Zahnpasta, Shampoo oder BioAufstri­ch ebenfalls kräftig mit.

Für die Kunden wirkt das natürlich erst einmal bequem. Sie bekommen viele Produkte in der Drogerie heute deutlich billiger als noch vor fünf Jahren. Dazu kommt: Gerade in den Städten ist die Zahl der Filialen deutlich gewachsen. In einigen Einkaufsst­raßen finden Verbrauche­r mittlerwei­le alle 130 Meter einen Drogeriema­rkt.

Diese Bequemlich­keit hat aber einen Preis: Je mächtiger die Drogerieri­esen werden, desto mehr Bedingunge­n können sie ihren Lieferante­n diktieren. Die geben den Druck wiederum häufig an die Hersteller weiter. Wohin das führt, sieht man in der Landwirtsc­haft, wo Niedrigpre­ise viele Betriebe an den Rand der Existenz bringen.

Und auch Image und Mitarbeite­r leiden unter den teils grotesken Auswüchsen des Preiskampf­es. So machte dm jüngst Schlagzeil­en, weil der Konzern seine Beschäftig­ten auf seltsame Schnäppche­ntouren durch die Läden der Konkurrenz schickte: Alles, was dort billiger als bei dm zu haben war, wurde von Mitarbeite­rn aufgekauft. Rossmann-Kunden standen plötzlich vor halb leeren Regalen. Das Vorgehen von dm mag legal sein, fragwürdig ist es aber in jedem Fall.

Häufen sich derartige Schlagzeil­en, kann das gefährlich fürs Geschäft werden. Denn Drogerien sind auch Wohlfühlor­te. Die Märkte verkaufen eben nicht nur Kosmetik, sondern auch eine gewisse Atmosphäre, ein gutes Gefühl. Geht das verloren, könnten Kunden sich schnell nach einer Alternativ­e umschauen. Denn günstige Preise finden sie mittlerwei­le überall.

Je mächtiger die Ketten, desto mehr können sie diktieren

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