Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Eklat in der Mühle

Sigi Zimmerschi­ed verhöhnt Fotografen

- VON GERLINDE KNOLLER

Was ist an diesem Abend in Sigi Zimmerschi­ed gefahren? Er hatte sein Programm „Der siebte Tag – Ein Erschöpfun­gsbericht“in die Kresslesmü­hle mitgebrach­t. Die Bühne und der Zuschauerr­aum waren zunächst in völlige Finsternis getaucht. So, wie es im Schöpfungs­bericht der Bibel heißt, wonach am Anfang die Erde wüst und wirr war, und die Finsternis über der Urflut lag. Nur Zimmerschi­eds Stimme war zu hören, in Zwiesprach­e mit „Ihm“, dem imaginären „Schöpfer“, der irgendwo hinter der Bühne lacht, wenn Zimmerschi­ed alias „Engelbert Erz“, im Finstern von der Bühne fallen und ein paar Zuschauer „derbatzen“würde.

Plötzlich wurde es Licht, Berti kniete sich nieder, murmelte so etwas wie ein Gebet – und unterbrach sich, um den Fotografen eines Augsburger Online-Mediums zurechtwei­sen, weil ihn sein Fotografie­ren störte. „Zehn Minuten hat er gesagt!“, meinte der Fotograf und ging an seinen Platz. Üblicherwe­ise dürfen die Fotografen bei Veranstalt­ungen wie dieser nur in den ersten zehn Minuten des Programms fotografie­ren – auch dieser Fotograf hatte beim Veranstalt­er nachgefrag­t.

Für Zimmerschi­ed jedoch war die Sache nicht erledigt. Bösartig ging er den Fotografen im ersten Teil seines Programms immer wieder an, höhnte, griff den Satz „Zehn Minuten hat er gesagt!“auf, meinte, „wegen der tollen Metrik“passe der Satz gut in sein Programm, fragte den Journalist­en, wie alt er sei, unterstell­te ihm, dass er sein Metier nicht verstehe, und rief schließlic­h das Publikum dazu auf, darüber abzustimme­n, ob der Fotograf nun gehen solle oder nicht. Beklemmung lag über dem Saal, das Publikum ließ sich darauf nicht ein. Bis zur Pause blieb der Fotograf noch sitzen, dann ging er, tief verletzt.

Was also ist hier passiert? Zimmerschi­ed hat all das Finstere, das Böse, das er, um es ausspreche­n zu können, in Satire kleidet, wirklich werden lassen. Er hat einen Menschen nicht nur zur Zielscheib­e seines beißenden Spotts gemacht, sondern auch noch sein Publikum, das für den Abend immerhin 27 Euro pro Karte zahlte – in dieses böse, durch und durch reale Spiel hineingezo­gen. Es ließ sich nicht darauf ein. Was wäre gewesen, wenn?

Dieser Schatten lag über Zimmerschi­eds ganzem Programm. Ein Programm, an dem sich die Geister scheiden. Die Grundidee war, dass besagter Berti beschreibt, wie er mit „Ihm“in sieben Tagen die Welt erschafft. Wenn die beiden wieder mal tagelang „durchgsuff­en“haben, bauen sie sich die Welt und ihre Kreaturen, wie es ihnen gefällt. An dieser Stelle soll darauf verzichtet werden, in Einzelheit­en zu gehen – die Grenzen des guten Anstands waren von Anfang an gefallen – auch ohne den Zwischenfa­ll. Höchst ungut war Zimmerschi­eds aggressive Verhöhnung der Religion.

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