Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was die Stadt gegen Wohnungsnot tun will
Soziales OB Gribl stellt eine Reihe von Projekten vor, die neue Baugebiete etwa am Klinikum vorsehen. Aber auch Tauschgeschäfte oder Leerstandsberatung sind Aspekte. Was die Zahl der Sozialwohnungen betrifft, regt sich Kritik
Sie sind die Schattenseiten des Bevölkerungswachstums: Steigende Mieten und Immobilienpreise in Augsburg stehen auf der Sorgenliste der Bürger weit oben. Die Stadt will jetzt mit einem Maßnahmenpaket gegensteuern. Neben der Ausweisung von weiteren neuen Baugebieten, etwa am Klinikum und auf dem ehemaligen Zeuna-Stärker-Areal in Oberhausen-Nord, denkt die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Freistaat über den Bau von geförderten Wohnungen nach. Allerdings stellt Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) auch klar, dass es nicht allein um sozialen Wohnungsbau gehe. Er wolle die ganze Stadtgesellschaft im Blick haben und nicht nur Menschen in schwierigen Lebenslagen. In Augsburg stiegen die Mieten in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent, der Preis für Bestandswohnungen gar um 47 Prozent, so Zahlen des Maklerverbands IVD. Ein städtischer Mietspiegel soll bis Sommer vorliegen.
Momentan besteht in Augsburg Baurecht für 2000 Wohnungen. Teils wird gebaut wie auf dem Reiter-Areal in Pfersee, teils laufen die Vorbereitungen wie auf dem ReeseAreal. Dort wird es noch dauern, bis alle 500 geplanten Wohnungen fertig sind. In den kommenden fünf bis zehn Jahren rechnet die Stadt mit rund 5000 neuen Wohnungen. Es handelt sich dabei um die bekannten Projekte wie Sheridan-Areal, Martini-Gelände, Dehner-Park oder das große Gebiet an der Wernhüterstraße (Lechhausen nahe St.-AntonSiedlung). Man wolle keine Trabantenstädte. „Sonst entstehen Unwuchten in der Stadtgesellschaft“, so Gribl.
Der geplante neue Stadtteil Haunstetten Süd-West südlich der Inninger Straße soll 4000 Wohnungen haben. Frühestens in zehn Jahren dürften erste Ergebnisse zu sehen sein. Schon in den kommenden fünf Jahren könnte hingegen auf dem ehemaligen Zeuna-StärkerAreal an der Äußeren Uferstraße in Oberhausen etwas passieren. Hier sollen rund 360 Wohnungen entstehen, wie Baureferent Gerd Merkle (CSU) gestern erstmals bekannt gab. Auch an der künftigen Uni-Klinik könnten Wohnungen (rund 1150 Stück) gebaut werden.
Was den sozialen Wohnbau betrifft, verweist die Stadt auf das Programm der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Sie hat mit rund 10000 Wohnungen etwa zehn Prozent des Mietbestandes in Augsburg. Bis 2021 sollen weitere 775 Wohnungen dazukommen. Bis 2020 sind weitere 1200 geförderte Wohnungen von anderen Bauherren, etwa privaten Firmen oder der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises, geplant. „Wir machen, was wirtschaftlich leistbar ist“, so WBG-Chef Mark Dominik Hoppe.
Allerdings seien Grundstückspreise inzwischen ein Problem. Die Stadt will die WBG stärker unterstützen, indem sie ihr kostenlos Grundstücke zur Verfügung stellt und auf die jährliche Ausschüttung von 165 000 Euro verzichtet. Zudem will die Stadt prüfen, im Rahmen des Projekts „Wohnungspakt Bayern“zusammen mit dem Freistaat Sozialwohnungen zu errichten. Bisher ist dieses Programm nur bei 310 geplanten Wohnungen auf der Flugplatzheide vertreten.
In Augsburg ist die Zahl der Sozialwohnungen in den vergangenen Jahren zurückgegangen, weil diese aus der sogenannten Bindungsfrist fielen, in der Investoren aufgrund der staatlichen Förderung beim Bau für die Bewohner vergünstigte Mieten bieten müssen. 2002 lag der Bestand bei 12700, aktuell liegt er bei etwa 5000. Der Vorsitzende des Mietervereins, Thomas Weiand, warnt seit Längerem, dass die Stadt ein heraufziehendes Problem nicht entschlossen genug angehe. Jetzige Geringverdiener könnten als Rentner vielleicht nicht mehr in der Stadt bleiben. Er drängt wie die SPD auf eine fixe Quote von geförderten Wohnungen bei Bebauungsplänen. Das Baureferat lehnt dies unter anderem aus rechtlichen Gründen ab.
Laut Sozialbürgermeister Stefan Kiefer (SPD) gibt es 400 bis 1000 Menschen, die keine gesicherte Wohnung haben, und etwa bei Freunden unterkommen. Obdachlose im eigentlichen Sinn gebe es kaum. Man bemühe sich, die Wohnungslosen unterzubringen. Es gibt sogar Kurse, in denen Mülltrennung und richtiges Lüften Themen sind.
Als weitere Säule will die Stadt eine Leerstandsberatung einrichten. So sollen Eigentümer, die schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht haben, wieder zum Vermieten motiviert werden. Auch die Vermittlung eines Tauschs von Wohnungen soll ein Thema sein, wenn sich etwa Senioren verkleinern und Familien vergrößern wollen. Geprüft wird die Einrichtung eines Beratungsbüros. Zudem will die Stadt Hauseigentümer beraten, wenn es um Möglichkeiten einer Aufstockung oder eines Anbaus geht. Auch denkbar sei die Gründung einer Genossenschaft, in der Bürger ihr Erspartes in Wohnraum anlegen können. Fortgesetzt werden soll auch ein Programm, das Familien günstigere Grundstückspreise ermöglicht. Man müsse nicht nur Förderung im Auge haben, so Gribl, sondern auch Eigentumsbildung ermöglichen.