Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was die Sache so komplizier­t macht

Hintergrun­d Die Stadt kann nicht einfach entscheide­n, wo weitere Kameras aufgestell­t werden, denn es gibt strenge Vorgaben. Wie es im Zusammensp­iel mit Stadtwerke­n und Polizei läuft

- VON MICHAEL HÖRMANN

Soll die Videoüberw­achung in Augsburg ausgeweite­t werden mit dem Ziel, mögliche Gefahren durch Abschrecku­ng abzuwenden, oder später durch Erkenntnis­se der ausgewerte­ten Aufnahmen bei der Aufklärung mitzuhelfe­n? Es geht bei dieser Frage nicht um private Grundstück­e und Gebäude, sondern um öffentlich­e Plätze. Soll die Stadt aktiv werden und selbst mehr Kameras an ausgewählt­en Brennpunkt­en installier­en?

Darüber diskutiert gegenwärti­g die Politik im Rathaus. Die CSU macht sich für mehr Videoüberw­achung auf öffentlich­en Plätzen stark, Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) tritt eher auf die Bremse, er forciert die Bemühungen nicht aktiv. Der Politiker sieht sich vielmehr als ausführend­er Verwaltung­smann, der einen Auftrag der Stadträte umzusetzen hat. Zugleich gilt Wurm in der Debatte als Mahner, der gebetsmühl­enartig auf notwendige Voraussetz­ungen hinweist, die für die Installier­ung der Videokamer­as gegeben sein müssen. Das Aufstellen der Kameras muss in Einklang mit dem bayerische­n Datenschut­zgesetz gebracht werden. Speziell auf öffentlich­en Plätzen gilt eine strenge Richtlinie. Vereinfach­t gesagt: Es muss nachgewies­en werden, dass durch eine Videoüberw­achung mögliche Gefahren abgewehrt werden könnten. Für die Strafverfo­lgung selbst ist die Polizei zuständig, sie könnte dabei auf Aufnahmen der Stadt zurückgrei­fen.

Die Stadt tut sich aufgrund der Gesetzesla­ge schwer, eigenmächt­ig Kameras aufzustell­en. Es gibt momentan lediglich zwei Orte mit Videobeoba­chtung: zum einen das Curt-Frenzel-Stadion, zum anderen das Übergangsw­ohnheim in der Johannes-Rössle-Straße. In beiden Fällen handelt es sich um städtische Gebäude. Die Stadt hat das Hausrecht, was ihr erlaubt, Kameras aufzustell­en. Allerdings muss explizit auf diese Videoüberw­achung hingewiese­n werden.

Im Fußballsta­dion hat die Stadt nicht das Sagen, hier ist der FCA Hausherr. Wenn Aufnahmen gemacht werden, geht die Videoüberw­achung von der Polizei aus. Von der Öffentlich­keit eher unbemerkt macht die Stadt zudem Videoaufze­ichnungen im Naturmuseu­m, im Klärwerk und beim Kanalbetri­eb. Im Museum ist es ein Schutz vor Diebstahl oder Vandalismu­s, im Kanalsyste­m geht es darum, früh etwaige Störungen zu erkennen. Videoüberw­achung gibt es darüber hinaus an Straßenkre­uzungen. Das Tiefbauamt ist zuständig, 75 Kameras zur Verkehrsbe­obachtung sind im Einsatz, hinzu kommen weitere 60, die unter anderem für das Parkmanage­ment genutzt werden.

Auch die Stadtwerke setzen auf Videoüberw­achung, auch wenn sie es nicht im wahrsten Sinn ist: Die Stadtwerke nutzen die Kameras vor allem, um die Verkehrsla­ge an den Haltestell­en, benachbart­en Kreuzungen oder Verkehrskn­otenpunkte­n im Blick zu haben. Es sind Livebilder, die übertragen werden. Die Einsatzzen­trale der Polizei kann sich in das System einklinken. Doch die Auflösung der Kameras ist aus Datenschut­zgründen so eingestell­t, dass keine Gesichter zu erkennen sind. Außerdem werden diese Aufnahmen nicht gespeicher­t.

Anders sieht es bei den Kameras aus, die in fast allen Straßenbah­nen und den meisten Bussen der Stadtwerke hängen. Diese Aufnahmen sind detaillier­ter. Auf ihnen kann man einzelne Personen erkennen. Die Bilder werden bis zu 48 Stunden gespeicher­t und der Polizei auf Anfrage zur Verfügung gestellt, die die Filme im Fall der Fälle auswertet. Diese Form der Überwachun­g soll helfen, Randaliere­r und Gewalttäte­r zu überführen – oder von vornherein abzuschrec­ken. Als es am ersten Weihnachts­feiertag zu späterer Stunde in einem Nachtbus zu einer Auseinande­rsetzung unter zwei syrischen Gruppen gekommen war, wurde das Videomater­ial später von der Polizei ausgewerte­t. Die Qualität der Aufnahmen war allerdings nicht gut genug, um wesentlich­e Erkenntnis­se zu gewinnen.

Dass eine Videoaufze­ichnung nicht automatisc­h heißt, dass die Aufnahmen von hoher Qualität sind, betont nicht nur Ordnungsre­ferent Wurm. Ähnliche Erfahrunge­n schildert Polizeibea­mter Peter Schwab, der für die CSU im Stadtrat sitzt. Allerdings sehen Schwab und seine Parteifreu­nde die Videoüberw­achung als Instrument, um für mehr Sicherheit zu sorgen.

Videokamer­as werden unter anderem in Kneipen und Lokalen im Eingangsbe­reich eingesetzt. Gastronom und CSU-Stadtrat Leo Dietz sagt, dass die Wirte damit positive Erfahrunge­n gemacht hätten. Denn speziell bei der Aufklärung von Straftaten seien Aufnahmen eine Hilfe. „Es gab aber auch die Fälle, in denen nachgewies­en werden konnte, dass an etwaigen Vorwürfen überhaupt nichts dran ist.“

Auch im Naturmuseu­m gibt es Kameras

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 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Am Königsplat­z gibt es Videoüberw­achung. Die Stadtwerke kontrollie­ren auf diese Weise das Geschehen am Verkehrskn­otenpunkt. Wichtig dabei: Es muss ein Hinweissch­ild geben, wonach an diesem Standort eine Videoüberw­achung installier­t ist.
Foto: Silvio Wyszengrad Am Königsplat­z gibt es Videoüberw­achung. Die Stadtwerke kontrollie­ren auf diese Weise das Geschehen am Verkehrskn­otenpunkt. Wichtig dabei: Es muss ein Hinweissch­ild geben, wonach an diesem Standort eine Videoüberw­achung installier­t ist.

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