Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Millionenprojekt so groß wie die City Galerie
Immobilien Das Fachmarktzentrum „Home Quartier“in der Nähe von Ikea würde Gersthofens Stadträten gefallen. Aber sie haben Fragen. Unter anderem diese: Wer will da eigentlich bei ihnen investieren?
Gersthofen/Augsburg Wer rund um Gersthofen nach einem Geschäftslokal sucht, wird schnell auf dieses Angebot eines Augsburger Maklerbüros stoßen: Dieses sucht für ein Fachmarkt-Zentrum mit angeschlossenem Drei-Sterne-Hotel nach Mietern. Zwischen 18 und 21 Euro soll der Quadratmeter kosten, als Mietdauer wünscht sich der Eigentümer offenbar zehn Jahre. Wirklich ungewöhnlich sind die Dimensionen des Projekts: Mit 26000 Quadratmeter Fläche erreicht es Ausmaße, die knapp an die Augsburger City-Galerie heranreichen. Sie hat 26 500 Quadratmeter.
Seit Mitte Dezember des vergangenen Jahres liegt der Antrag für einen Bebauungsplan bei der Gersthofer Stadtverwaltung, am Mittwochabend befasste sich der Planungsausschuss des Stadtrates zum zweiten Mal mit dem Millionenprojekt, das an der Porschestraße in Sichtweite von Ikea entstehen soll. Die Haltung der Kommunalpolitiker fasste Bürgermeister Michael Wörle (parteilos) nach einer längeren Diskussion so zusammen: „Im Grundsatz begrüßen wir das Projekt. Aber wir haben Fragen.“
Nach dem, was bisher bekannt ist, soll das von der B17 aus gut sichtbare Fachmarktzentrum Ausstellungsund Verkaufsflächen aus den Bereichen Bauen, Renovieren, Wohnen und Einrichten haben. „Die weite Welt des Wohnens“nennt der Augsburger Architekt Sebastian Berz den Arbeitstitel des Großprojekts, zu dem sich ein Hotel mit 78 Doppelzimmern sowie Gastronomie gesellen sollen.
Errichtet werden soll ein 280 Meter langes und 43 Meter breites zweistöckiges Gebäude, das als Passage für die einzelnen Shops dient, sowie ein viergeschossiges für das Hotel, die Fassade überwiegend aus Glas. Den Vergleich mit der Augsburger City-Galerie hört Architekt Berz nicht so gern, weil es in Gersthofen um kein Projekt für den Ein- zelhandel gehe. Passender sei der Vergleich mit einem Messegebäude.
Tatsächlich ist die Frage nach dem Einzelhandelsanteil eine derjenigen, die Gersthofens Stadträte am meisten umtreibt. Der Grund ist die „Gersthofer Liste“: Diese wurde vor einigen Jahren aufgrund eines Einzelhandelsgutachtens aufgestellt und soll vermeiden, dass „innenstadtrelevanter Handel“die Kunden aus dem Zentrum abzieht. In der Innenstadt sind Einzelhandelsbetriebe jeder Art zulässig, in den Stadtrandbereichen gibt’s Einschränkungen. So sind Märkte für Schreibwaren, Musikalien oder Bücher und Zeitschriften sowie Fotozubehör beispielsweise am Stadtrand tabu.
Ganz ohne diese innenstadtrelevanten Sortimente wird das Gersthofer Großprojekt, das bisher unter dem Namen „Home Quartier“firmiert, nicht auskommen. In den bisher vorliegenden Unterlagen ist laut Stadtverwaltung von Verkaufsflächen von 8000 Quadratmeter die Rede, von denen dann höchstens 1000 mit innenstadtrelevanten Gütern bestückt werden dürften.
Wie das in der Praxis aussehen soll, wüssten Gersthofens Stadträte gern genauer: Entstehen 100 Meter Laden am Stück, gibt es einen Discounter oder viele kleine Randbereiche? Am Ende könne es ein „böses Erwachen geben“, warnte etwa CSU-Fraktionschef Max Poppe.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Parkplatzfrage. Bislang sind 400 vorgesehen, und das ist laut Stellplatzsatzung viel zu wenig. Aber wie viele Plätze brauchen das Fachmarktzentrum und sein Hotel tatsächlich? Auch das würden Gersthofens Stadträte gerne mit dem Planer und vor allem dem Investor besprechen. Bislang ist ihnen der Vertreter einer im Münchner Stadtteil Gründwald angesiedelten Firma unbekannt.
Anfang Mai werde man sich anlässlich einer weiteren Runde im Planungsausschuss begegnen, sagt Rathauschef Wörle. Dabei ließe sich dann vermutlich auch klären, wie realistisch der Fertigstellungstermin ist, den der Augsburger Immobilienmakler nennt. Seinem Exposé zu Folge soll das Home Quartier im Jahr 2018 fertig gebaut sein. Kenner der Materie halten das für äußerst unrealistisch.