Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Für ein Lachen gehen Fahrer vom Gas
Verkehr Immer mehr Gemeinden stellen elektronische Geschwindigkeitsanzeigen auf. Doch bringt der leuchtende Smiley die Autofahrer wirklich zum Bremsen?
Landkreis Augsburg Sie empfangen den Autofahrer mit einem freundlichen Grinsen – oder zeigen ganz deutlich, dass sie von ihm enttäuscht sind: elektronische Schilder, die die gefahrene Geschwindigkeit anzeigen. Dazu gibt’s einen Smiley, ein stilisiertes Gesicht. Lacht er, dann hält der Autofahrer sich an die Geschwindigkeitsvorschriften. Weint er, fährt er zu schnell. Vor allem an Ortseingängen stehen diese Schilder. Doch kann ein leuchtendes Gesicht am Straßenrand Autofahrer wirklich zum Bremsen bringen? „Ja“, sagt der Horgauer Bürgermeister Thomas Hafner. Die Gemeinde habe vor drei Jahren das erste Gerät angeschafft und im Ort aufgestellt. Der Bürgermeister erklärt, warum: „Anwohner haben sich über die starke Lärmbelästigung beschwert.“Die Anzeige zeigte Wirkung: Die Autos fuhren langsamer, und der Geräuschpegel sinke. Das brachte Hafner dazu, in noch mehr Geschwindigkeitsmessgeräte zu investieren. Jedes kostet etwa 2000 Euro. Mittlerweile stehen sechs Stück an den am stärksten befahrenen Straßen in der Gemeinde. „Das letzte haben wir erst vor wenigen Tagen aufgestellt“, berichtet Hafner. Vorerst sollen die Geräte an ihren derzeitigen Standorten stehen bleiben. „Wenn der Effekt irgendwann nachlässt, weil die Leute sich zu sehr daran gewöhnt haben, stellen wir sie wieder um.“
Rainer Mützel von der Polizeiinspektion Zusmarshausen hat einen Überblick über die Geräte in seinem Zuständigkeitsgebiet. Er weiß, warum die Menschen bei einem traurigen Gesicht den Fuß vom Gaspedal nehmen: „Die Leute reagieren auf das Aufblinken und die Bewegung viel mehr als auf ein starres gelbes Ortsschild.“Beim Auswerten der Aufzeichnungen zeigte sich, dass Autofahrer sofort runterbremsen, wenn ihnen der Smiley das sagt.
Für ein Experiment wurde ein Schild zeitweise außerorts aufgestellt, wo eigentlich Tempo 100 erlaubt ist. Das Ergebnis war überraschend, erzählt Mützel: „Der Großteil bremste sofort runter.“Die meisten Geräte zeichnen die Geschwindigkeit und die Anzahl der durchfahrenden Autos auf, Blitzer sind sie aber nicht. „Sie sollen die Fahrer lediglich für Geschwindigkeit sensibilisieren“, sagt Mützel. Zusätzlich werden die Aufzeichnungen für statistische Zwecke genutzt: „Wir können dadurch feststellen, wie viele Autos die Straße benutzen und wie schnell sie fahren“, erklärt der Polizist. Auch in Zusmarshausen sind für Datenerhebungszwecke zwei solche Geräte im Einsatz. Sie haben keinen festen Standort, sondern werden immer wieder anderswo aufgestellt. Walter Stöckle, Geschäftsführer der Marktverwaltung, erklärt: „Wenn wir sehen, dass die Smileys an einer sehr stark befahrenen Straße nichts bringen, überlegen wir, Radarkontrollen vorzunehmen.“Weitere Anzeigetafeln stehen unter anderem in Fischach, Gersthofen und Gessertshausen.
Wer in seinem Heimatort noch kein Schild entdeckt hat und trotzdem den Lärmpegel in seiner Straße senken will, kann allerdings nicht einfach selbst so ein Gerät vor der Haustür aufstellen. Siegfried Hartmann, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, erklärt: „Um etwas im öffentlichen Raum anzubringen, braucht man eine Genehmigung der entsprechenden Behörde.“Die wird man wohl nicht bekommen. Um zu sehen, wie schnell der Sohn mit dem Kettcar durch den Garten fährt, könne sich aber jeder so viele Geschwindigkeitsmesser kaufen, wie er will – „solange es keine Auswirkung auf den Straßenverkehr hat“, betont Hartmann.
„Die Leute reagieren auf das Aufblinken und die Bewe gung viel mehr als auf ein starres gelbes Ortsschild.“Rainer Mützel, PI Zusmarshausen