Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bruder Barnabas schenkt ordentlich ein
Starkbierfest Die Veranstaltung im Gasthof Stern etabliert sich. Die Lokalpolitiker müssen einiges einstecken
Zum stilechten Start in die Fastenzeit lud die Wirtsfamilie Seitz vom Gasthof Stern ein, und die Gersthofer ließen sich nicht lange bitten. Sie kamen sogar in solchen Scharen, dass die Küche samt Bedienungspersonal zu Beginn des Starkbierfests im großen Saal des Wirtshauses in leichte Bedrängnis geriet, was von den zünftigen Blasmusikklängen der Gersthofer Schwob’n Deifi aber gekonnt überspielt wurde.
Die Begeisterung für traditionelle, handgemachte Volks- und Blasmusik hat das bayerisch-böhmische Ensemble mit Musikern aus dem Augsburger Landkreis 2014 zusammengeführt. Unter der musikalischen Leitung von Florian Behr bewiesen Steffi Saule, Frank Ottner, Wolfgang Kretschmer, Matthias Huttner und Jonny Hammel, dass mit Hörnern, Trompeten, Tuba und Akkordeon auch ohne elektronische Verstärker „griabige“Stimmung zustande kommen kann.
Nach drei gezielten Schlägen von Festwirt Thomas Kempter floss das nahrhafte Bockbier etwas verspätet aus dem Holzfass, doch die ersten Probeschlucke ließen die Stimmung gleich noch ein paar Stufen steigen. Spätestens als Wolfgang Kretschmer vom Schwob’n Deifi zum Bruder Barnabas mutierte und die Lokalpolitik unter die Lupe nahm, war das Publikum nicht mehr zu bremsen.
Besonders gelungene Spitzen belohnten die Gäste mit Szenenapplaus und einem kräftigen Prosit. Im Gegensatz zur diesjährig leicht weichgespülten Rede der Mama Bavaria auf dem großen Nockherberg nahm der Gersthofer Barnabas kein Blatt vor den Mund. Unter dem Motto „Einfach, ehrlich, echt“sparte der in braunes Mönchsgewand und Kuhfellschuhe gewandete Fastenprediger weder Bürgermeister noch altehrwürdige, aber vergesslich gewordene Stadträte aus. Ein ahnungsloser Rathauschef in Ausbildung, der sich am liebsten zu den unterschiedlichsten Themen neutral positioniert und dabei immer mal wieder den Überblick zu verlieren droht, war noch eines der charmanteren Porträts aus dem Rathaus. Als einen im Bierzelt höchst ungeduldigen Gast, dafür beim Gesellschaftstanz sehr anschmiegsamen Partner beschrieb der Bruder den Stadtrat Özcan C. Wankelmütig sei Stadtrat Albert K. bei der Strasser-Villa geworden, Stadträtin Brigitte G. ertappte er schon mal im Verwechslungsmodus bei der Abstimmung im Rat. Allein gelassen gar fühlten sich die Gersthofer beim Neujahrsempfang, denn eine ganze Reihe der gewählten Volksvertreter hätten es nicht für nötig befunden, dabei zu sein, als die Bürger das Gespräch mit den Entscheidern suchen wollten, wetterte Barnabas von seiner Kanzel. Erst in zwei, drei Jahren, wenn der Gang zur Wahlurne wieder langsam anstünde, dann werde sich „das Interesse unserer Stadträte an den öffentlichen Veranstaltungen und an unseren Haustüren sehr, sehr stark erhöhen“, so die zuverlässige Prophezeiung, auf die der Mönch und sein Volk gemeinsam krügeklirrend anstießen.
Gutgläubig und geduldig seien die Gersthofer und hätten brav gewählt, so wie es sich gehört. Nun fühle man sich von der Stadtführung gehörig „verhinterteilt“, verkündete der ob seiner geharnischten Rede ordentlich ins Schwitzen gekommene Bruder Barnabas unter dem Applaus seines Publikums.
Das sei sicherlich nicht die letzte geharnischte Fastenrede im Gasthof Stern gewesen, kündigte Juniorchef Michael Seitz an. Das dritte Starkbierfest übertraf die schon gut besuchten Vorgängerveranstaltungen um Längen, und so steht der neuen Tradition, die im Stern belebt werden soll, nichts mehr im Wege.