Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Spitzen und Spritziges beim Starkbierf­est

Derblecken Beim „Schwäbisch­en Nockherber­g“in Zusmarshau­sen bekommen fast alle Ortsteile ihr Fett ab

- VON MICHAELA KRÄMER

Das Starkbierf­est mit der Marktkapel­le Zusmarshau­sen und der Fastenpred­igt hatte es in sich: Echte oder vermeintli­che Missstände wurden angeprange­rt, wichtige und nicht ganz so wichtige Persönlich­keiten derbleckt. Nicht zu vergessen das Starkbier aus dem Hofbräu Traunstein, ein Bockbier mit 21 Prozent Stammwürze sowie stolzen acht Prozent Alkohol.

Simone Strohmayr, Landtagsab­geordnete der SPD, zapfte gekonnt an. „Am Anfang hat’s a bisserl gedauert, aber dann waren es gefühlte eineinhalb Schläge“, sagte Wolfgang Neff mit einem Augenzwink­ern. Und unter den rund 200 Gästen im Schlossgas­thof Strasser war zum ersten Mal die Abgeordnet­e des bayerische­n Landtags und Generalsek­retärin der SPD, Natascha Kohnen, dabei. Die Politikeri­n, die auch für den bayerische­n SPD-Landesvors­itz kandidiert, war auf Einladung von Simone Strohmayr gekommen. „Ich finde es fast noch schöner als auf dem Nockherber­g“, meinte sie.

Die mahnenden Worte eines scharfzüng­igen Redners muss man bei solchen Veranstalt­ungen über sich ergehen lassen, um dann über sich selbst lachen zu können. Denn schlimmer als derbleckt zu werden ist nur eines: gar nicht erst erwähnt zu werden. Wenn der erste Schluck genommen ist, kommt der Moment, in dem Wolfgang Neff in der Rolle des Bruder Barnabas auf die Bühne tritt. Und der legte mit mahnenden Worten gleich los. Seine Attacken richteten sich gegen die verschiede­nen Ortsteile und Vereine. Er lästerte über den Veranstalt­ungshinwei­s im Zusmarshau­ser Marktboten „Wohin mit Mutti“und stellte dabei klar, dass es sich hier nicht um eine angekettet­e Frau in der Küche handelt, sondern um Vorsorgevo­ll- und Patientenv­erfügung. Der Fastenpred­iger ließ auch bei den Streitheim­ern keine Gnade walten. Wollen sie doch ein Baugrundst­ück verkaufen. „Jetzt kommt’s: In ruhiger Lage. Da lesen wir immer wieder in der Zeitung, dass es in Streitheim so laut ist, und jetzt das! Also ein Ortsteil voll krasser Gegensätze.“Nachdem er den Horgauern „Facebook“erklärt hatte („das waren früher Poesiealbe­n“), bereitete ihm die Sirene beim neuen Feuerwehra­uto aus dem Osten für die Wollbacher ein bisschen Angst. Reichlich Spott ertragen musste auch Oberschöne­berg, die 66 Stunden ohne Netz lahmgelegt worden waren. „Kompliment! Jetzt ist Oberschöne­berg dem Konzernspr­echer von Vodafone durchaus geläu- fig.“Genügend Stoff lieferten auch die Ustersbach­er, bei denen die Vogelgripp­e ausgebroch­en war. Schuld daran war laut Bruder Barnabas das Bushaltehä­uschen aus Stahlrohr und viel Glas – eine Todesfalle für Vögel. „Und dann hat noch ein Usterbache­r einen Goggerlwag­en bei der Polizei gemeldet. Bei mehr als 50 tote Vögel soll man anrufen, hat er gemeint.“

Eines durfte an diesem Abend nicht fehlen: Der Auftritt von Wolfgang Neff und seine Interpreta­tion von Michael Holms „Tränen lügen nicht“. „Diesmal soll es was Einmacht fühlsames sein“, meinte Neff mit Schweißper­len auf der Stirn, weil es im Saal sehr heiß war. Bei dieser romantisch­en Melodie wurde es an der Zeit, das Feuerzeug aus der Tasche zu holen und damit von links nach rechts zu wedeln – ein bisschen Kitsch darf schon mal sein. Mit der Premiere „Ich hab kein Übergewich­t“bewies er wieder einmal, dass er auch über sich selbst lachen kann. Und ohne Zugabe ließ ihn das Publikum im Saal ohnehin nicht von der Bühne.

Wie unterhalts­am politische­s Kabarett sein kann, das zeigten Markus Weindl, Maxi Kruger, Conrad Brenner, Max Stöckle und Thomas Herkommer in dem Einakter „Nächste Nervensäge bitte“. Großzügig gossen sie ihren Spott über das geplagte Haupt des Bürgermeis­ters, der bei einer Bürgerspre­chstunde skurrile Anliegen bearbeitet­e. Und weil es recht turbulent zuging, hatte „Berny“Uhl eine Hotline, eine Art Callcenter, eingericht­et, bis Markus Söder am Apparat war und Uhl seine landespoli­tische Karriere gefährdet sah. Jetzt hieß es bürgernah sein. Und so kümmerte er sich beispielsw­eise um den Dreck auf der alten Mülldeponi­e hinter dem SortimoWer­k, um den schlechten Zustand des Feldwegs, der jetzt der Gemeinde gehört, um die Landschaft­sarbeiten in Gabelbach, wo einem der Dreck „in die Fresse fliegt“, und um tote Katzen. Ja, leicht hat er es nicht, der Bürgermeis­ter. Das Publikum im Saal war jedenfalls begeistert von den Pointen.

Ein bisschen Kitsch darf nicht fehlen

 ?? Fotos: Andreas Lode ?? Im Einakter „Nächste Nervensäge bitte“spielten Markus Weindl (links) Bürgermeis­ter Berny Uhl und Conrad Brenner einen Bauern aus Gabelbache­rgreut. Natascha Kohnen, Generalsek­retärin der Bayern SPD, stieß mit Wolfgang Neff als Bruder Barnabas an.
Fotos: Andreas Lode Im Einakter „Nächste Nervensäge bitte“spielten Markus Weindl (links) Bürgermeis­ter Berny Uhl und Conrad Brenner einen Bauern aus Gabelbache­rgreut. Natascha Kohnen, Generalsek­retärin der Bayern SPD, stieß mit Wolfgang Neff als Bruder Barnabas an.
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