Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Spitzen und Spritziges beim Starkbierfest
Derblecken Beim „Schwäbischen Nockherberg“in Zusmarshausen bekommen fast alle Ortsteile ihr Fett ab
Das Starkbierfest mit der Marktkapelle Zusmarshausen und der Fastenpredigt hatte es in sich: Echte oder vermeintliche Missstände wurden angeprangert, wichtige und nicht ganz so wichtige Persönlichkeiten derbleckt. Nicht zu vergessen das Starkbier aus dem Hofbräu Traunstein, ein Bockbier mit 21 Prozent Stammwürze sowie stolzen acht Prozent Alkohol.
Simone Strohmayr, Landtagsabgeordnete der SPD, zapfte gekonnt an. „Am Anfang hat’s a bisserl gedauert, aber dann waren es gefühlte eineinhalb Schläge“, sagte Wolfgang Neff mit einem Augenzwinkern. Und unter den rund 200 Gästen im Schlossgasthof Strasser war zum ersten Mal die Abgeordnete des bayerischen Landtags und Generalsekretärin der SPD, Natascha Kohnen, dabei. Die Politikerin, die auch für den bayerischen SPD-Landesvorsitz kandidiert, war auf Einladung von Simone Strohmayr gekommen. „Ich finde es fast noch schöner als auf dem Nockherberg“, meinte sie.
Die mahnenden Worte eines scharfzüngigen Redners muss man bei solchen Veranstaltungen über sich ergehen lassen, um dann über sich selbst lachen zu können. Denn schlimmer als derbleckt zu werden ist nur eines: gar nicht erst erwähnt zu werden. Wenn der erste Schluck genommen ist, kommt der Moment, in dem Wolfgang Neff in der Rolle des Bruder Barnabas auf die Bühne tritt. Und der legte mit mahnenden Worten gleich los. Seine Attacken richteten sich gegen die verschiedenen Ortsteile und Vereine. Er lästerte über den Veranstaltungshinweis im Zusmarshauser Marktboten „Wohin mit Mutti“und stellte dabei klar, dass es sich hier nicht um eine angekettete Frau in der Küche handelt, sondern um Vorsorgevoll- und Patientenverfügung. Der Fastenprediger ließ auch bei den Streitheimern keine Gnade walten. Wollen sie doch ein Baugrundstück verkaufen. „Jetzt kommt’s: In ruhiger Lage. Da lesen wir immer wieder in der Zeitung, dass es in Streitheim so laut ist, und jetzt das! Also ein Ortsteil voll krasser Gegensätze.“Nachdem er den Horgauern „Facebook“erklärt hatte („das waren früher Poesiealben“), bereitete ihm die Sirene beim neuen Feuerwehrauto aus dem Osten für die Wollbacher ein bisschen Angst. Reichlich Spott ertragen musste auch Oberschöneberg, die 66 Stunden ohne Netz lahmgelegt worden waren. „Kompliment! Jetzt ist Oberschöneberg dem Konzernsprecher von Vodafone durchaus geläu- fig.“Genügend Stoff lieferten auch die Ustersbacher, bei denen die Vogelgrippe ausgebrochen war. Schuld daran war laut Bruder Barnabas das Bushaltehäuschen aus Stahlrohr und viel Glas – eine Todesfalle für Vögel. „Und dann hat noch ein Usterbacher einen Goggerlwagen bei der Polizei gemeldet. Bei mehr als 50 tote Vögel soll man anrufen, hat er gemeint.“
Eines durfte an diesem Abend nicht fehlen: Der Auftritt von Wolfgang Neff und seine Interpretation von Michael Holms „Tränen lügen nicht“. „Diesmal soll es was Einmacht fühlsames sein“, meinte Neff mit Schweißperlen auf der Stirn, weil es im Saal sehr heiß war. Bei dieser romantischen Melodie wurde es an der Zeit, das Feuerzeug aus der Tasche zu holen und damit von links nach rechts zu wedeln – ein bisschen Kitsch darf schon mal sein. Mit der Premiere „Ich hab kein Übergewicht“bewies er wieder einmal, dass er auch über sich selbst lachen kann. Und ohne Zugabe ließ ihn das Publikum im Saal ohnehin nicht von der Bühne.
Wie unterhaltsam politisches Kabarett sein kann, das zeigten Markus Weindl, Maxi Kruger, Conrad Brenner, Max Stöckle und Thomas Herkommer in dem Einakter „Nächste Nervensäge bitte“. Großzügig gossen sie ihren Spott über das geplagte Haupt des Bürgermeisters, der bei einer Bürgersprechstunde skurrile Anliegen bearbeitete. Und weil es recht turbulent zuging, hatte „Berny“Uhl eine Hotline, eine Art Callcenter, eingerichtet, bis Markus Söder am Apparat war und Uhl seine landespolitische Karriere gefährdet sah. Jetzt hieß es bürgernah sein. Und so kümmerte er sich beispielsweise um den Dreck auf der alten Mülldeponie hinter dem SortimoWerk, um den schlechten Zustand des Feldwegs, der jetzt der Gemeinde gehört, um die Landschaftsarbeiten in Gabelbach, wo einem der Dreck „in die Fresse fliegt“, und um tote Katzen. Ja, leicht hat er es nicht, der Bürgermeister. Das Publikum im Saal war jedenfalls begeistert von den Pointen.
Ein bisschen Kitsch darf nicht fehlen