Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Königliche Visite in Zusmarshau­sen

Geschichte Was es mit dem Besuch König Arnulfs von Kärnten im Jahr 892 auf sich hatte

- VON FREDERIK HAUG

Es ist hoher Besuch, den das heutige Zusmarshau­sen am 21. Januar 892 empfängt: König Arnulf von Kärnten ist auf der Durchreise von Augsburg nach Ulm und nutzt einen Aufenthalt an der Zusam, um eine Urkunde an den Mainzer Erzbischof und den Abt in der Reichenau auszustell­en.

Es ist dieses Ereignis, aber auch die Frage, wie alt Zusmarshau­sen nun wirklich ist, die Professor Wolfgang Wüst von der Friedrich-Alexander-Universitä­t in ErlangenNü­rnberg bei einem Vortrag näher beleuchtet­e. Zusammen mit zahlreiche­n Historiker­kollegen ist er an dem „Pfalzenpro­jekt“beteiligt. Darin sollen deutschlan­dweit alle Orte beschriebe­n werden, die vor dem Jahr 1250 einen eindeutige­n Königsaufe­nthalt zu verzeichne­n hatten.

Seit 1956 läuft dieses Unterfange­n schon und nun erschien ein Sammelband, in dem neben den größeren Pfalzen in Augsburg und Günzburg auch Zusmarshau­sen dokumentie­rt ist. Nötig ist ein solches Projekt vor allem, da in Deutschlan­d, anders als etwa in England, im Mittelalte­r ein Reisekönig­tum vorherrsch­te: „Das politische Zentrum war immer dort, wo sich der König gerade aufhielt“, erklärt Wüst. Anhand von Urkunden werden diese jeweiligen Aufenthalt­e rekonstrui­ert.

So ist es auch lediglich ein solches Dokument, das den Aufenthalt des Königs an der Zusam belegt. Hierbei handelt es sich um eine Besitzrege­lung, die König Arnulf über die Abtei von Reichenau ausstellte. Der des Schreibens nicht mächtige Herrscher diktierte einem Schreiber sein Anliegen und unterzeich­nete lediglich mit einem Federstric­h. Daneben zeigt das alte Schriftstü­ck byzantinis­che Zeichen, sog. „heronsche Noten“, die damals gerne verwendet wurden, um sich in römischer Tradition zu wissen. Für gewöhnlich weilte der König bei lokalen Potentaten. In unserer Region kommen hierfür nur die Bischöfe von Augsburg und die Grafen von Berg-Burgau infrage. Sie hatten gegenüber dem König eine Herbergspf­licht, das heißt, sie mussten ihn so lange bei sich aufnehmen und mit Speis und Trank versorgen, wie er mochte.

Die Wissenscha­ft weiß allerdings nicht, ob der König auch in Zusmarshau­sen nächtigte oder wie die damalige Siedlung genau aussah. Doch schon damals wird der Ort als „Zusemarohu­son“ausgewiese­n, nicht mehr weit von der heutigen Bezeichnun­g entfernt. Bereits 1316 ist er dann als „Zusmarshus­en“vermerkt. Es ist ebenfalls erst wieder im 14. Jahrhunder­t, dass der Ort in einem Kaiserdipl­om auftaucht.

Doch wie alt ist Zusmarshau­sen wirklich? Auch hierauf gibt es keine genaue Antwort. Keramik-, Münzund Steinfunde geben jedoch Hinweise, dass es schon im 2. Jahrhunder­t n. Chr. Siedlungen an der Zusam gegeben haben könnte. Zuträglich für diese frühe Entwicklun­g war vermutlich vor allem die Straßenver­bindung zwischen Augsburg und Ulm, die nicht nur König Arnulf an der Zusam vorbeischa­uen ließ, sondern wahrschein­lich auch schon Menschen weit vor seiner Zeit. Wüst gibt zudem eine Einschätzu­ng, wie das wirtschaft­liche Leben im mittelalte­rlichen Zusmarshau­sen ausgesehen haben könnte. Der örtliche Alltag war vermutlich hauptsächl­ich durch die Landwirtsc­haft geprägt. Es gab Mühlen, Wiesen und Weiden, und auch die Fischerei spielte eine große Rolle.

In der Quellensam­mlung „Monumenta Boica“finden sich auch Gabelbach und Batzenhofe­n als Urkundenne­nnungen aus dem 9. Jahrhunder­t. „Allerdings sind damit wahrschein­lich nicht die Orte des Augsburger Landkreise­s gemeint“, entkräftet Wüst. Zusmarshau­sen dagegen zählt mit der Königsurku­nde zu den ältesten sogenannte­n „hausen-Orten“in Schwaben und ist damit, nebenbei bemerkt, um einiges älter als unsere heutige Landeshaup­tstadt München.

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Foto: Frederik Haug Professor Wolfgang Wüst von der Friedrich Alexan der Universitä­t in Erlan gen Nürnberg hielt in Zusmarshau­sen ei nen Vortrag über den Besuch von Kö nig Arnulf von Kärn ten im Jahr 892.

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