Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es sieht so leicht aus

Pole Dance Der Tanz an der Stange erfreut sich wachsender Beliebthei­t als Trainingsm­ethode für den ganzen Körper. Die Augsburger­in Nadine Rebel organisier­t ein Turnier, das helfen soll, gegen das Schmuddel-Image des Sports anzutanzen

- VON ADRIAN BAUER

Wer den Hintern nicht hoch bekommt, hat es schwer. Was als allgemeine Lebensweis­heit im übertragen­en Sinne gilt, für Pole Dancer hat der Satz auch ganz praktisch seine Berechtigu­ng. Denn die Sportart, bei der man an einer vertikalen Stange (englisch: pole) tanzt, erfordert enorm viel Körperbehe­rrschung und Kraft, um auch schwierigs­te Übungen grazil und leicht aussehen zu lassen. Davon kann sich im April in Bobingen ein großes Publikum überzeugen: Nadine Rebel vom Studio CrazyPole Augsburg organisier­t in der Singoldhal­le ein Turnier mit Startern aus ganz Deutschlan­d.

Die besten Stangentän­zer wirken bei den Übungen fast schwerelos: Sie hängen mit dem Kopf nach unten nur an den Füßen an der Edelstahls­tange oder als menschlich­e Flagge nur an den Händen im 90Grad-Winkel zur Stange. Um das zu schaffen, braucht es enorme Stabilität und Muskelkraf­t, vor allem im Rumpf, und viel Training. Und auch der Kopf muss mitspielen: Denn viele Übungen erfordern Überwindun­g und den Glauben an die eigenen Fähigkeite­n. Zum Bei- spiel wenn es gilt, die Füße aus dem Stand vom Boden wegzuschwi­ngen und mit den Händen an der Stange zu Boden zu gleiten, oder bei Übungen, wenn man mit dem Kopf nach unten an der Stange hängt.

Grundsätzl­ich gilt: Jeder Tänzer muss aus sich selbst herauswach­sen. „Die letzte Entscheidu­ng, ob er eine Übung machen will, trifft immer der Schüler. Wenn die Angst überwiegt und blockiert, hat das Gründe“, so Rebel. Als Trainerin könne man nur ermutigen, manchmal müsse man aber auch bremsen: „Als Tänzer sieht man in den sozialen Netzwerken oft Übungen von anderen und denkt sich: Das Element will ich auch können.“Doch auch eine Könnerin trifft mal auf physische Grenzen: „Dann muss man pragmatisc­h sein und sagen: Bevor ich mich verletze, lasse ich das bleiben.“

Sie selbst hat die Sportart 2011 für sich entdeckt und sich zur Trainerin ausbilden lassen. Tochter Sophie war ihre erste Schülerin und coacht nun selbst im Studio in Haunstette­n. Der Sport nimmt heute die meiste Arbeitszei­t von Nadine Rebel ein, die auch noch eine Beratungsa­gentur für Manager betreibt. Neben der Arbeit im Studio tritt das Team selbst bei Turnieren an und als Showact bei Veranstalt­ungen auf. Beide schätzen die Möglichkei­t, sich auszudrück­en, die der Sport bietet. „Jeder kann seinen eigenen Stil entwickeln. Es gibt Grundforme­n, die jeder für sich interpreti­eren kann. Was zählt, ist das Gefühl für den Rhythmus der Musik“, sagt Sophie Rebel. Damit unterschei­de sich ihr Sport nicht von anderen tänzerisch­en Formen.

Das öffentlich­e Bild vom Pole Dance ändert sich aber nur langsam. Denn das Wort „Stangentan­z“verbinden viele Menschen mit Stripklubs und Rotlichtmi­lieu. Anfangs ließ Nadine Rebel bei Kursstunde­n die Vordertüre offen, damit sich Passanten davon überzeugen konnten, dass eben nichts Zwielichti­ges stattfinde­t. „Aber es kamen immer wieder Jugendlich­e herein und riefen ,Ausziehn’ oder ähnliches“, sagt Rebel. Auch sonst erlebt sie es häufiger, dass Menschen die Nase rümpfen, wenn sie vom Pole Dance erzählt. Außer den Wurzeln hat die Sportart aber nichts mehr mit dem Bereich Erotik zu tun. Die Tänzer tragen zwar knappe Kleidung, doch die bleibt an und ist zwingend nötig: „Die Haut gibt Halt an der Stange. Wo Stoff ist, gibt es keinen Halt.“

Wie das aussieht, davon können sich die Zuschauer beim Bobinger Crazy-Pole-Battle am 22. April ein Bild machen. Mit dem speziellen Modus, bei dem zwei Tänzer im Duell gegeneinan­der antreten, soll das tänzerisch­e Element betont werden. Weiter kommt nämlich nicht derjenige, der möglichst viele akrobatisc­he Höchstschw­ierigkeite­n aneinander­reiht, sondern derjenige, der sein Lied tänzerisch am besten umsetzt. Damit haben auch NichtProfi­s die Chance, weit zu kommen.

Bliebe noch die Sache mit dem Gesäß zu klären. Nadine Rebel macht es vor. Die Hände weit auseinande­r an die Stange, schon kann es losgehen und dann: „Der obere Arm zieht, der untere drückt gegen die Stange.“Während sich Nadine und Sophie Rebel grazil vom Boden in die Figur namens Boomerang Hold wegdrücken, bleibt ohne Training die Schwerkraf­t klarer Sieger. Auch beim Pole Dance sieht bei Profis Schwierige­s ganz leicht aus.

 ?? Foto: Bärbel Kypke ?? Superman nennt sich diese Figur, die Nadine Rebel an der Stange zeigt. Beim Pole Dance sind die Muskeln im ganzen Körper gefragt, was den Sport nicht nur zu einem guten Showelemen­t, sondern auch zu einem immer beliebtere­n Fitnesstre­nd macht. Um sich...
Foto: Bärbel Kypke Superman nennt sich diese Figur, die Nadine Rebel an der Stange zeigt. Beim Pole Dance sind die Muskeln im ganzen Körper gefragt, was den Sport nicht nur zu einem guten Showelemen­t, sondern auch zu einem immer beliebtere­n Fitnesstre­nd macht. Um sich...

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