Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mitten in Afrika
Abenteuer Seit seinem Sturz sitzt Bernd Beigl schon wieder sieben Wochen im Sattel seines Fahrrades. Er hat Löwen gesehen und interessante Menschen getroffen. Warum ihn vor allem Ruanda beeindruckt hat
Ägypten, Sudan, Kenia, Uganda, Ruanda und Tansania hat der Augsburger Bernd Beigl bereits mit seinem Fahrrad durchquert. Anfang Januar flog der ehemalige Chef der Kulturküche nach Kairo. Dort startete er am 10. Januar die Tour d’ Afrique, die eine internationale Gruppe aus abenteuerlustigen und sportbegeisterten Radlern in 120 Tagen und nach dem Zurücklegen von 11500 Kilometern nach Kapstadt in Südafrika führt. Beigl musste auf ein paar Streckenkilometer verzichten. Bereits am dritten Tag stürzte er schwer, weil er offenbar ein Schlagloch übersehen hatte.
Für zwei Wochen musste der 49-Jährige die Tour unterbrechen, um sich in Augsburg behandeln zu lassen. Seit sieben Wochen ist er nun wieder in Afrika mit von der Partie. „Tag für Tag wird alles besser. Durch den Nasenbeinbruch hatte ich anfangs Probleme beim Atmen. Und auch mein Schleudertrauma hat mich Anfang Februar noch behindert“, berichtet er aus der Grenzregion von Tansania zu Malawi. Doch die Schmerzen wurden weniger und auch das „Pelzigsein“um Mund und Nase würde weniger werden.
Viele Erlebnisse und die täglich neuen Eindrücke lenken Beigl von seinen Verletzungen ab. „Ich habe von der Schwarzen Mamba über Tausendfüßler bis zum Löwen alle möglichen Tiere gesehen. Sie sind alle sehr schön.“Viel mehr begeistert ihn aber die Vielzahl von Schmetterlingen und Vögeln und die Farbenpracht. „Egal ob das Braun der Straße, das Grün der Bäume oder Blau des Himmels – alles ist ein Stück intensiver als in Deutschland. Genauso wie die Gerüche.“Und so richtig beeindruckt zeigt er sich von den Begegnungen mit den Menschen vor Ort. „Besonders nahe gegangen ist mir das Gespräch mit einem Mann in einer Kneipe in Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Er hat ganz offen über den Völkermord gesprochen.“Ruanda, das kleine Land an den Großen Seen, ist für Beigl ohnehin bislang die größte Überraschung der Reise. Über 20 Jahre nach dem Völkermord – bis zu einer Million Menschen starben beim Kampf der Hutu gegen die Tutsi – präsentiert sich das Land dem Augsburger mit einer guten Infrastruktur und aufgeschlossenen und toleranten Bürgern. „Die NoLittering-Politik, also die Müllvermeidungspolitik des Landes, hat mich extrem angenehm überrascht. Das wird in den anderen Staaten total anders gesehen.“
Während seines Aufenthalts in Kigali feierten die Mitarbeiter der Kulturküche in Augsburg ihr zehnjähriges Bestehen. Bernd Beigl war vor zehn Jahren Ideengeber des Projekts, das in den vergangenen Jahren mehrfach ausgezeichnet wurde. Im vergangenen Jahr geriet der ehemalige Geschäftsführer damit ins Straucheln und musste Insolvenz anmelden. Beigl: „Ich habe das Jubiläum in Kigali mit einem wunderschönen Frühstück bewusst gefeiert. Frei nach dem Motto: Alles ist vergänglich, aber es ist unvergesslich, wenn man die ganze Kraft und Herzblut reinlegt. Und das habe ich gemacht.“
Malawi, Sambia, Botswana, Namibia und schließlich Südafrika liegen noch vor der Reisegruppe, die aus 27 Radfahrern und einem Tross von Begleitpersonen besteht, die Zelte und Gepäck transportierten, im Lager für die Verpflegung sorgen. Die anstrengende Reise in der großen Gruppe hält Beigl für „gewöhnungsbedürftig“. Er könnte sich nun auch vorstellen, diese Reise alleine zu unternehmen. „Angst muss man hier vor niemanden mehr haben als um vier Uhr morgens in Augsburg in der Maximilianstraße“, sagt Bernd Beigl mit einem Augenzwinkern.
Mit Blick auf zu Hause vermisst er vor allem die Bundesliga-Übertragungen im Fernsehen, in Afrika werden vor allem die Spiele der Premier League übertragen. In den kommenden Wochen freut sich Beigl auf einen Bungee-Sprung bei den Victoriafällen, auf einen Sonnenaufgang in den Dünen Namibias und zum Abschluss auf ein Bier in Barneys Tavern in Port Elizabeth in Südafrika.
Noch liegen weitere sieben Wochen Fahrt vor Bernd Beigl, bis er sein Ziel in Kapstadt erreicht. Gelernt hat er bereits jetzt eine Menge. „Dankbar sein, gelassen sein, nichts erwarten und nicht überheblich sein. Jeden Tag genießen, denn das Leben ist ein einmaliges Geschenk“, sagt der 49-Jährige.