Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Haunstette­n hat jede Menge Trost nötig

Handball In einem richtungsw­eisenden Spiel gegen den Abstieg unterliegt der Zweitligis­t Werder Bremen. Zur tragischen Figur wird ausgerechn­et Sarah Irmler, die nicht nur in dieser Begegnung eine starke Leistung abliefert

- VON JOHANNES GRAF

Auch am Tag danach kommt Sarah Irmler schwerlich auf andere Gedanken. Zwar ist die 19-Jährige an diesem Sonntag früh aufgestand­en und begleitet die B-Jugend des TSV Haunstette­n als Trainer zum Auswärtssp­iel nach Coburg. Doch die bittere 24:27-Niederlage als Spieler am Abend zuvor beschäftig­t Irmler. Vor allem, dass sie selbst in der Zweitligab­egegnung mit Werder Bremen in der Schlussmin­ute die Ausgleichs­chance vergab. „Das hat mich sehr geärgert“, gesteht sie.

Nicht nur Irmler hatte nach der Pleite in eigener Halle Trost nötig, ebenso ihre Mitspieler. Gegen einen direkten Konkurrent­en kam das Ergebnis einem Rückschlag im Kampf gegen den Abstieg gleich. In der Woche zuvor hatte Haunstette­n noch mit einem Erfolg gegen das Spitzentea­m Trier überrascht, diesmal enttäuscht­e die Mannschaft von Trainer Herbert Vornehm.

Der Verantwort­liche, zugleich Abteilungs­leiter, und Irmler suchen nach Erklärunge­n. Sie merkt an, jeder sei zu sehr mit sich selbst beschäftig­t, hundert Prozent rufe keiner ab. „Dadurch geht das Mann- schaftsgef­ühl verloren.“Vornehm untermauer­t, nur als funktionie­rende Einheit könne sein Team in der Liga mithalten.

Probleme in der Abwehr schleppt er über die gesamte Saison hindurch mit. Gegen Bremen gingen die entscheide­nden Zweikämpfe auf den Außenposit­ionen verloren, Vornehm bezeichnet sie als „Aussetzer“und „Abstimmung­sprobleme“. Der Gegner nutzte die resultiere­nde Überzahl zum eigenen Torabschlu­ss oder zur gezielten Torvorbere­itung.

Haunstette­n hielt gegen Bremen mit, holte zwischenze­itlich ein 9:14 auf und glich rund zwei Minuten vor dem Ende zum 24:24 aus. Dass es letztlich nicht zum Erfolg reichte, erklärt Vornehm mit Kleinigkei­ten, die jedoch den Ausschlag gaben.

Einmal mehr wird er heute Abend in der ersten Trainingse­inheit dieser Woche mit seiner Mannschaft ein Negativerl­ebnis aufarbeite­n müssen. Sarkastisc­h wirft Vornehm ein, er rede schon gerne. Bei den ständigen Besprechun­gen drehe man sich aber irgendwann im Kreis. Der 57-Jährige ist wie schon so häufig in dieser Spielzeit als Psychologe gefragt. Von scharfer Kritik hält er wenig. Außerdem suchten die Spie- ler eh die Schuld bei sich selbst. Vornehm betont: „Ich mache das wie immer: Ich werde Mut zureden.“In der Vergangenh­eit hätte die Mannschaft gezeigt, dass sie mit kritischen Situatione­n umgehen könne.

Der Trainerrou­tinier wird die positiven Aspekte hervorhebe­n. Bei Sarah Irmler wird er schnell fündig werden. Sie vergab in der Schlusspha­se die Möglichkei­t zum Ausgleich, zuvor jedoch zeigte sie eine überragend­e Leistung und erzielte zehn Treffer. Mit zwiespälti­gen Gefühlen blickt die tragische Figur zurück. „Über die Tore kann ich mich nur halb freuen.“

Sollte es in der bisherigen Saison einen Gewinner in Haunstette­ns Team geben, es wäre Irmler. Nach ihrem Kreuzbandr­iss ist die Studentin aus Königsbrun­n absoluter Leistungst­räger, kommt auf etlichen Positionen zum Einsatz, übernimmt Verantwort­ung. Mit 128 Treffern zählt sie zu den besten zehn Torschütze­n der zweiten Bundesliga.

Ebenso wie ihr Trainer hält Irmler nichts von organisier­ten Mannschaft­sabenden und weiteren Krisenbesp­rechungen. „Wir brauchen nicht immer das Gleiche sagen. Jeder muss sich an die eigene Nase fassen“, sagt sie bestimmt.

Sieben Spiele stehen noch aus, zwei Punkte beträgt der Rückstand Haunstette­ns auf den Nichtabsti­egsplatz. Irmler müht sich um Optimismus und begründet: Spielgesta­lter Patricia Horner sei zurück und nächste Gegner seien Mannschaft­en aus der unteren Tabellenhä­lfte. Fast trotzig sagt Irmler, die Mannschaft habe Zweitligan­iveau. Auf sie trifft das allemal zu.

Müller, Frey (Tor); Irmler (10), Schmid (7/4), Toth (2), Horner (2), Hochmair (2), Duschner (1), Niebert, Kö nigsmann, Drasovean, Cappek, Knöpfle, Jung 350

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Foto: Fred Schöllhorn Sarah Irmler (rechts) erzielte für Haunstette­n gegen Bremen zehn Treffer, dennoch hatten sie und ihr Team (links Franziska Cappek) Trost nötig.

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