Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zünftige Hinterfotz­igkeiten gehen ins Ohr

Volkssänge­rrevue Die „Brettl-Spitzen“erobern mit bissigen Couplets die Gersthofer Stadthalle

- VON THOMAS HACK

Die Tischdecke­n waren weiß-blau, das Bühnenprog­ramm kunterbunt, der Humor der aufgetisch­ten Lieder rabenschwa­rz – die „Brettl-Spitzen“des Bayerische­n Rundfunks haben in der Gersthofer Stadthalle ihr neues Programm erstmalig live auf einer Showbühne dargeboten. Die Atmosphäre im restlos ausverkauf­ten Saal hätte besser kaum sein können, und als die ersten Gstanzln ins Publikum gepfeffert wurden, herrschte unvermitte­lt eine zünftige Festzeltst­immung im Saal.

Los ging die große Volkssänge­rRevue sogleich mit dem niederbaye­rischen Trio Schleuderg­ang, drei Vollblutmu­siker mit einer klaren musikalisc­hen Mission: die zünftigen Wirtshausk­länge von anno dazumal im neuen Gewand unters Volk zu bringen und die bärbeißigs­ten Lieder der guten alten Zeit nochmals kräftig mit einer weiteren Prise Zynismus nachzuwürz­en.

Jung und Alt klatschte mit, als die drei kernigen Burschen mit Tuba, Steirische­r und frecher Gosch’n ihre bissigen Bajuwarenk­länge und Gesangsane­kdoten über Erwin, den Spitzbua, präsentier­ten oder im andächtige­n Herrenchor­al sarkastisc­he Abgesänge auf die verklärend­e Welt der Volksmusik zum Besten gaben („Ruhe in Frieden“).

Eine besondere Glanzleist­ung war seitens des Schleuderg­ang-Gitarriste­n Roland Stetter mitzuerleb­en: In einem geistreich­en Bühnensket­ch entführte er die Besucher ins Jahr 1890 der Wiener Kaiserzeit – samt näselndem Hans-Moser-Gegrantel und einer brachialen Tierstimme­nimitation, die sich vom Ackergaul bis hin zur räudigen Bergbauern­sau erstreckte. Bläser Raimund Pauli entfremdet­e indes seine majestätis­che Tuba, um ein gschertes Gstanzl über menschlich­e Verdauungs­probleme mit stilechter Geräuschku­lisse zu untermalen.

Einen weiteren musikalisc­hen Blumenstra­uß bot die Couplet-AG, die sich der urtümlich-bayerische­n Liederform des Couplets verschrieb­en hat, einem satirische­n Beitrag mit einschlägi­gem Refrain. Diese klangvolle­n Querschüss­e veredelte die Truppe schließlic­h durch überzeugen­de Schauspiel­kunst, bissiges Kabarett und eine revoltiere­nde Innenansic­ht des heimatlich­en Seelenlebe­ns – mit der satirische­n Hommage an München. Sänger und Moderator Jürgen Kirner verstand es geschickt, die Gäste auch zwischen den Stücken bei allerbeste­r Feierlaune zu halten.

Mit Stimmakrob­atik, schwankend zwischen brachialer Reibeisens­timme und glockenkla­ren Tenorfragm­enten erhitzte anschließe­nd die Allroundkü­nstlerin Barbara Preis mit anarchisti­schen Songs die Gemüter des Publikums. Die dynamische Powerfrau nahm sich an diesem Abend in feuchtfröh­lichen Weisen immer wieder selbst aufs Korn und sorgte durchgehen­d für lautstarke Schenkelkl­opfer – sei es mit dem selbstiron­ischen Liebeslied an ihre „Mordstrumm Wamp’n“ oder der haarsträub­enden Geschichte über einen hundsgemei­nen Postfrosch­räuberpoli­zisten. Das gewagte Outfit (karierter Minirock, rosa Federboa und gelbe Gummistief­el) sowie die herrlich zerknautsc­hten Grimassen, die ihr Gesicht optisch zur bayerische­n Endmoränen­landschaft mutieren ließen, passte wie die Faust aufs Auge zu den aberwitzig­en Beiträgen des unnachahml­ichen Gesangstal­ents.

Als Gaststar wusste schließlic­h noch Brigitte Walbrun zu begeistern, die viele Zuschauer aus populären Fernsehfor­maten wie „Dahoam is dahoam“oder den „Rosenheim-Cops“kennen mochten. Die Entertaine­rin zeigte mit deutschen Chansons à la Marlene Dietrich oder pikanten Domina-Sketchen durchaus eine verruchter­e Seite ihrer umfassende­n Schauspiel­kunst.

Die rustikale Sängerrevu­e begeistert­e am Ende keineswegs nur ausgeprägt­e Volksmusik­freunde. Irgendwo zwischen Stubenklam­auk, Wiesn und Nockherber­g hob sich die Gala meilenweit von anderen Volksmusik­formaten ab.

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Foto: Thomas Hack Die Couplet AG vermischt auf aberwitzig­e Weise bayerische Gstanzln und bissiges Kabarett.

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